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Der Wirth am Berge.

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und harret getrost erwünschter Botschaft, die Euch in Bälde
von mir zukommen soll!"

Nachdem ihm ein solches verstattet worden, so kehrte
Herr Johannes auf daS schleunigste wieder zurück an das
Hoflager des Zähringers, woselbst er indessen großes Trauern
und Wehklagen erfuhr, denn die schöne und tugendrciche Her-
zogstochler war inzwischen in ein also schweres Siechthum
verfallen, daß die erfahrensten Aerzt^ und Meister der Kunst
an ihrem Aufkommen verzweifelten, und für gewiß dafür
hielten, daß in kurzer Frist die Sichel des unerbittlichen To-
des diese glanzvolle und süßduftende Blume von der Erde
hinwegnehmen würde. Herr Johannes erbat fich die Gnade,
der Jungfrau alsogleich vorgestellt zu werden, dieweil er eine
Botschaft an ste allein zu bringen gekommen sei. Als den-
selben nun Herr Berchtold in das Gemach der Tochter ge-
führt, und er an ihr Lager getreten, fich auf das Knie nieder-
gelassen, und von ihr bemerkt worden — da sahen Alle, so
zugegen, mit großem Staunen, was ihnen wie ein übernatür-
liches Wunder erschien, denn die blassen Wangen der Jungftau
wurden mit schimmernder Röthe überzogen, das erloschene Auge
strahlte von neuem Glanze, ein mildes Lächeln öffnete die ge-
schlossenen Lippen, und ein Blick des innigsten Wohlwollens
ruhte auf dem in tiefer Bewegung des Gemüthcs vor ihr
knieenden Johannes. Als die Jungfrau fich in etwas wieder
gefaßt hatte, brach ste zuerst das Stillschweigen, und erhobenen
Hauptes sprach ste mit leiser aber fester Stimmen „Geliebter
Herr und Vater, warum sollte ich jetzo, wo ich vielleicht in
dieser Stunde noch von Euch und dem Leben mich trennen
muß, nicht ungescheut das Geheimniß meines Herzens, welches,
so mir Hoffnung längeren Lebens - geblieben, nichts auf der
Welt mir zu entreißen würde im Stande gewesen sein, nun-
mehr nicht fteudig bekennen? Ja, mein Johannes, da ich
deine hohe Tugend und adelige Geflnnung, Klugheit und Muth
und große Treue an dir erkannt, da hatte meine Seele sich dir
zu eigen gegeben, und ich gedachte, welch ein großes Glück es
sein müßte, wenn ich als dein Gemahl mein Leben lang in
getreuer Liebe dir angehören dürfte. Da aber dieses nicht ge-
schehen können, dieweil mein geliebter Herr und Vater über
mich ein anderes beschlossen, so gelobte ich bei mir als eine
getreue Tochter in allem mich gehorsam zu bezeigen. Nunmehr
nimmt Gott die schwere Verpflichtung von mir, und fteudig
lolg' ich seinem Rufe, indem ich hoffe, daß er nach seiner

Barmherzigkeit uns alle nach kurzer Trennung in seiner Herr-
lichkeit vereinigen werde, und sage ich also hiermit Euch allen
mein letztes Lebewohl!"

Als die Jungfrau geendigt, nahm ste Herr Berchtold
mit großem Trauern in seine Arme und sprach- „O meine
geliebte Tochter, hätte ich dieses zuvor wissen sollen, so wollte
ich dich gerne Herrn Johannes zur Gemahlin gegeben haben,
und darfst du deiner Wahl dich nimmer schämen, denn obwohl
nicht von hoher Geburt oder großem Reichthum, befitzet der-
selbige so hohe Gaben und glanzvolle Tugenden, daß er solcher-
gestalt wohl ebenbürtig zu nennen!" —

Auf diese Rede erhob sich Johannes rasch und mit

fteudestrahlenden Mienen, eilte auf Herrn Berchtold und die
Jungftau zu, deren Hände er zu wiederholten Malen an seinen

Mund drückte; alsdann rief er mit großer Bewegung: „Preis
und Ehre sei dem allmächtigen Schöpfer Himmels und der
Erden, ohne Ende ist seine Güte und wunderbar seine Fügungen
uns zum Heil!" Hierauf entdeckte er Herrn Berchtold die
Ursache seiner Rückkehr, und Alle lobten und dankten Gott, der
so bittere Schmerzen in süße Lust und so schwere Trauer in
also große Fröhlichkeit verkehret.

Da die Jungftau schnell von ihrem Siechthume sich
erholte und wieder zu vorigen blühenden Kräften gelangte,
so ward alsbald die Hochzeit auf das herrlichste auSgerichtet,
und erhielt Herr Johannes gleichermaßen vom Herzog
Berchtold sowohl, als von Herzog Friedrichen weit«
Lehen und großes Gut an Burgen und Ländereien mit reichen
Gefällen und Einkünften. Zu seinem Hauptfitze wählte er

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Wirth am Berge"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Liegende
Karikatur
Ritter <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 1.1845, Nr. 6, S. 43

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