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Des Perlenfischers Töchterlcin.
zu sänftigen, wenn sie auch selbst im stillen sich die Augen
roth weinte, und an der Möglichkeit aller Hilfe verzweifelte,
soferne nicht ein Wunder geschehen würde.
Eines Abends nun ging sie die sumpfigen Bcrgthiiler mit
ihren bloßen Füßlein entlang, dem Rinnsal des Perlenbachcs
nach, und wußte ihrer Noth kein Ende! Tie langverhaltenen
Thronen rannen ihr einmal wieder oh»' Ende über die abge-
härmten Wangen, und wenn der Abt mit diesen Perlen halte
vorlicb genommen, die jedenfalls kostbarer waren, als die
edelsten vom weißen Wasser, er hätte im ganzen deutschen
Reiche der Geschmcidehändler nicht genug finden können, welche
ihm den Schatz abgenommen und bezahlt hätten, und das
arme Menschenpaar wäre gerettet gewesen! Wo aber fände sich
der Juwelenkrämer, der die Thränen eines unverschuldet Un-
glücklichen mit gleichem Golde auswäge, wie die Thränc eines
verkrüppelten Muschelthieres?
Margaretha hatte lange vergebens gesucht. Sie war dem
Gicßbache schier bis an die Quelle auf den Bergen entgegen-
gegangen, — alles umsonst! da überkam sie der Schlaf vor
vieler Sorge und Müdigkeit, sie setzte sich auf eine mit Moos
überwachsene Felsenplaite, lehnte ihr Häuptlein zurück auf den
jungen Birkenstamm, der aus einer Spalte hervorgewuchert
war, und entschlief. Bom Westen herauf aber drangen die
Strahlen der untergehenden Sonne, und das Abendroth legte
sich wie ein schmerzstillendes Gewebe über die Berghalde, d'rauf
sie ruhte. Tie Heimchen zirpten ihr Abendlied, und auf dem
thauigen Farrenkraute und den Herbstzeitlosen, die zu den Füßen
der schlummernden Magd sproßten, wiegten sich stahlblaue und
meergrüne Libellen, Traumesgeistern gleich. — Wie Tröstung
umwehte sie die Abendluft, und als sie so da lag und schlief,
da däuchte cs ihr, als würde es plötzlich lebendig auf dem
glänzenden Grunde des Baches, und zwischen den Steinchen,
darüber die Wasser rieselten, tauchten winzig kleine Männlein
empor, kaum spannlang, welche sich in den Wellen umher-
tunrmelten, als wäre dieß so recht ihr Element. Ihre knappen
Höslein hatten eine Farbe, wie glänzende, roth gefleckte Forel-
len, und die kleinen Kahlköpfe bedeckten grüne Mützchen, um-
gestülptcn Kelchen von Wasserlilien ähnlich. Borne an der
Brust aber schimmerte Jedem eine leuchtende, edle Perle. Wie
sie nun so geschäftig auf- und abtauchten, da brachten sie
eine glänzende Pcrlen-Muschel nach der andern aus der Tiefe
hervor, von solcher Größe, daß sie dieselben nur mit Noth
auf ihrem kleinen Rücken zu schleppen vermochten. Da gab es
auch viel Jubels und Gelächter, wenn Ein oder der Andere,
von der überschweren Last hinabgezogen, vom Gestade wieder
zurück in die Wellen fiel, und seine Mühe wieder von vorne
begann; was sich jedoch keiner verdrießen ließ. So dauerte
das Spiel eine geraume Weile, und über kurz — so hatten
sie längs des moosigen Gestades eine schöne Reihe bunter
Muscheln aufgeschichtet. Endlich schien es als ob sie damit zu
Ende wären. Da nahmen sie sich unter einander bei den
Händlein, bildeten allzusammcn einen Reigen, und begannen
unter drolligen Geberden und Sprüngen einen Tanz um ihren
reichen Fund. Alsdann trat der größte und schönste unter
ihnen hervor, so der Einzige war, der ein Bärtchen hatte am
Kinn, ohngefähr so lange als die Härchen an den Rachtfalter-
flügeln. Seine Mütze war aus Goldstoff, und um Hals und
Arme trug er Spangen von winzig kleinen, blitzenden Perlen,
so daß er wohl leichtlich als der König des kleinen Bölkleins
zu erkennen war, schon um der Ehrfurcht willen, damit ihm
die Perlenmännlein gehorchten. Mit einem weißen Blüthen-
stengel berührte er nun die Muscheln der Reihe nach, und sie
knackten alle auf, wie die Haselnüße, und offenbarten den
geheimen Schatz in ihrer Tiefe, von so hellem, weißen Wasser,
wie man dergleichen kaum im indischen Meere finden mochte.
So glaubte wenigstens Margaretha; denn sie hatte von den
Perlen im Jnderlande wohl schon gehört, aber noch keine
gesehen. Die sie aber hier erblickte, waren schöner als die
kostbarsten, welche ihr je zu Gesichte gekommen, und sie konnte
sich nicht enthalten, beugte sich nieder, und besah sich den
überschwänglichen Schatz näher, prüfend, ob er wohl hinreichen
möge, ihre traurigen Tage zu enden. Mein Gott, das waren
wohl dreimal so viel, als der Abt von ihr begehrt hatte, und
sie hätte sich just auch mit dem dritten Thcile begnügt.
Des Perlenfischers Töchterlcin.
zu sänftigen, wenn sie auch selbst im stillen sich die Augen
roth weinte, und an der Möglichkeit aller Hilfe verzweifelte,
soferne nicht ein Wunder geschehen würde.
Eines Abends nun ging sie die sumpfigen Bcrgthiiler mit
ihren bloßen Füßlein entlang, dem Rinnsal des Perlenbachcs
nach, und wußte ihrer Noth kein Ende! Tie langverhaltenen
Thronen rannen ihr einmal wieder oh»' Ende über die abge-
härmten Wangen, und wenn der Abt mit diesen Perlen halte
vorlicb genommen, die jedenfalls kostbarer waren, als die
edelsten vom weißen Wasser, er hätte im ganzen deutschen
Reiche der Geschmcidehändler nicht genug finden können, welche
ihm den Schatz abgenommen und bezahlt hätten, und das
arme Menschenpaar wäre gerettet gewesen! Wo aber fände sich
der Juwelenkrämer, der die Thränen eines unverschuldet Un-
glücklichen mit gleichem Golde auswäge, wie die Thränc eines
verkrüppelten Muschelthieres?
Margaretha hatte lange vergebens gesucht. Sie war dem
Gicßbache schier bis an die Quelle auf den Bergen entgegen-
gegangen, — alles umsonst! da überkam sie der Schlaf vor
vieler Sorge und Müdigkeit, sie setzte sich auf eine mit Moos
überwachsene Felsenplaite, lehnte ihr Häuptlein zurück auf den
jungen Birkenstamm, der aus einer Spalte hervorgewuchert
war, und entschlief. Bom Westen herauf aber drangen die
Strahlen der untergehenden Sonne, und das Abendroth legte
sich wie ein schmerzstillendes Gewebe über die Berghalde, d'rauf
sie ruhte. Tie Heimchen zirpten ihr Abendlied, und auf dem
thauigen Farrenkraute und den Herbstzeitlosen, die zu den Füßen
der schlummernden Magd sproßten, wiegten sich stahlblaue und
meergrüne Libellen, Traumesgeistern gleich. — Wie Tröstung
umwehte sie die Abendluft, und als sie so da lag und schlief,
da däuchte cs ihr, als würde es plötzlich lebendig auf dem
glänzenden Grunde des Baches, und zwischen den Steinchen,
darüber die Wasser rieselten, tauchten winzig kleine Männlein
empor, kaum spannlang, welche sich in den Wellen umher-
tunrmelten, als wäre dieß so recht ihr Element. Ihre knappen
Höslein hatten eine Farbe, wie glänzende, roth gefleckte Forel-
len, und die kleinen Kahlköpfe bedeckten grüne Mützchen, um-
gestülptcn Kelchen von Wasserlilien ähnlich. Borne an der
Brust aber schimmerte Jedem eine leuchtende, edle Perle. Wie
sie nun so geschäftig auf- und abtauchten, da brachten sie
eine glänzende Pcrlen-Muschel nach der andern aus der Tiefe
hervor, von solcher Größe, daß sie dieselben nur mit Noth
auf ihrem kleinen Rücken zu schleppen vermochten. Da gab es
auch viel Jubels und Gelächter, wenn Ein oder der Andere,
von der überschweren Last hinabgezogen, vom Gestade wieder
zurück in die Wellen fiel, und seine Mühe wieder von vorne
begann; was sich jedoch keiner verdrießen ließ. So dauerte
das Spiel eine geraume Weile, und über kurz — so hatten
sie längs des moosigen Gestades eine schöne Reihe bunter
Muscheln aufgeschichtet. Endlich schien es als ob sie damit zu
Ende wären. Da nahmen sie sich unter einander bei den
Händlein, bildeten allzusammcn einen Reigen, und begannen
unter drolligen Geberden und Sprüngen einen Tanz um ihren
reichen Fund. Alsdann trat der größte und schönste unter
ihnen hervor, so der Einzige war, der ein Bärtchen hatte am
Kinn, ohngefähr so lange als die Härchen an den Rachtfalter-
flügeln. Seine Mütze war aus Goldstoff, und um Hals und
Arme trug er Spangen von winzig kleinen, blitzenden Perlen,
so daß er wohl leichtlich als der König des kleinen Bölkleins
zu erkennen war, schon um der Ehrfurcht willen, damit ihm
die Perlenmännlein gehorchten. Mit einem weißen Blüthen-
stengel berührte er nun die Muscheln der Reihe nach, und sie
knackten alle auf, wie die Haselnüße, und offenbarten den
geheimen Schatz in ihrer Tiefe, von so hellem, weißen Wasser,
wie man dergleichen kaum im indischen Meere finden mochte.
So glaubte wenigstens Margaretha; denn sie hatte von den
Perlen im Jnderlande wohl schon gehört, aber noch keine
gesehen. Die sie aber hier erblickte, waren schöner als die
kostbarsten, welche ihr je zu Gesichte gekommen, und sie konnte
sich nicht enthalten, beugte sich nieder, und besah sich den
überschwänglichen Schatz näher, prüfend, ob er wohl hinreichen
möge, ihre traurigen Tage zu enden. Mein Gott, das waren
wohl dreimal so viel, als der Abt von ihr begehrt hatte, und
sie hätte sich just auch mit dem dritten Thcile begnügt.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Des Perlenfischers Töchterlein"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)