Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Schwärzer-Launen.

106

Neues vorging, und so blieb's ihm ein Geheimniß, daß
daselbst ein neuer Gewalthaber angekommen war. Die
Menschen haben oft die wunderlichsten Passionen; was an-
dere nicht um schweren Lohn lhun, treibt der Eine aus
purem Vergnügen, und in eben dieser Weise kannte der neue
Zöllner keine größere Seligkeit, als die Schwärzerjagd. Vom
; Ranggelbuben vernahm er alsbald die verlockendsten Schilder-
ungen , und da er einmal Wind hatte, verhalf er' sich auch
schnellstens aus die rechte Spur. Im lieben Mondenscheine
- wandelte der Schwärzer einmal über's Grenzjoch, da sprang
der Zöllner hinter einem Heustadel hervor, und ehe sich's der
Ranggel-Panli versah, war er gepackt und sicher verbändelt.

Daraus ward der Pauli nach Innsbruck in's Zuchthaus verschickt,
und konnte zwei Jahre lang beim Wollhächeln darüber Nachdenken,
ob er oder der Kaiser bei diesen Streitigkeiten im Rechte sei.
Es scheint, er entschied sich sür's elftere, denn da er frei ward
und heimkehrte, brachte er durchaus keine größere Achtung für
die Zollgesetze mit sich, und machte schwarz, was ihm in die
Hand kam. —

Sein böser Feind, sein strenger Grenzhüter, stund wohl
j noch auf seinem Posten, und seine Lust, Defraudanten einzu-
fangen, war nicht geringer geworden, wohl aber seine Kraft,
denn ein Gebreste hatte ihn heimgesucht, kein kein Arzt ge-
wachsen war, weil der Patient leider an der Krankheit Gefallen
fand. In der einöden Wüstenei seiner srühern Station, im
Böhmerwald, hatte der grimmige Wächter bereits seinen einzigen
Freund und Tröster im Kruge gefunden, und hier im wilden
Tyrolergestein floß ihm nun zufällig der Labetrunk doppelt aus
dem Bierfasse im bayerischen Mittenwald und aus der Wein-

kandel im Scharnitzer Dörfiein. Es kam dahin, daß der
Zöllner tagtäglich betrübter ward und eben so tagtäglich sich
reichlicheren Trost bald im Gersten-, bald im Rebensaft erholen
mußte, dabei aber nicht immer den Hellen Blick und die sichere
Faust sich bewahrte, mit welchen er ftüher amtirt hatte. Sol-
che Leibesschwachheit seines Widersachers gab dem Ranggel-
buben seine ganze vorige Verwegenheit wieder, und auch ohne-
hin schien er, seit er aus dem gelben Vogelhaus in Sanct
Niklas entlasten war, weit weniger Gründe zu haben, sich zu
scheuen vor Gericht und Kerker. Dem Mautner hatte er aber
dennoch durch sichere Hand melken lasten, er möge ihm aus
dem Wege gehen, da er sonst ob ker vcrsestenen zwei Jahre
mit ihm „raiten*)" würde. Der drohte hinwieder, der
Pauli verlachte ihn, und als der Beamte Miene niachte,
ihm ernstlich zu Leibe zu treten, erklärte der Schwärzer, er
werde seine Büchse nicht mehr mit Hasenschrot für die Beine
des Zachäus, sondern mit einer Kugel für desten Kopf laden.

In einer unwirschen Apriluacht hatte sich der Ranggel-
bube zu Mittenwald bei seinein Helfershelfer die Krare voll-
gepackt mit Kontrebande, seinen breiten Rücken damit beschwert,
seinen geladenen Stutzen unter die Juppe gewickelt, zum Schluß
einen tüchtigen Spritzer Weihbrunnc» und ein flinkes Kreuz
darüber zu sich genommen, und war also reisefertig in Gottes
Namen hinausgewandelt vor den Flecken. Es gehwindetc ab-
scheulich, und das Wetter machte den Buben alsbald so fuchs-
teufelswild , daß er mit dem lieben Herrgotte im Himmel zu
zanken anfing, um so weniger also gesonnen war, ir-
gend Einem auszuweichen. Mitten in das dichte Schnee-
gestöber, das seinen rothen Bart in kürzester Frist in den eines
Greises verwandelte, sang er zwischen ergiebigen Flüchen laut
und den Sturm überschreiend alle Schnadahaggen gegen Maut-
ner und Gensd'armen, die ihm beifielen. So kam er hinaus,
wo auf der freiern Weitung über die junge Isar her, der
Wind so recht mit aller Macht zu streifen vennag; vor ihm
flimmerte im grauen Nebelbrodem der fahle Lichtring irgend
einer verspäteten Lampe aus den Zollgebäuben, — links
ab mußte nun bald sein Pfad bergauf gehen nach dem
Grenzgebirge. Hier hallte seine Stimme recht mächtig über
die Haide, und nach einem kecken Jauchzer sang er:

„Und kummat der Teufel

„Heunt selbst aus nü an,

„Ich schießet'n z'samm'

„Wie 'n'an alt'n Fasan!"

*) raiten — rechnen.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Schwärzer-Launen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Resch, Josef
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Auseinandersetzung
Zöllner
Jäger <Motiv>
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 1.1845, Nr.14, S.106
 
Annotationen