Fritz Beutel.
Und ganz zuletzt die funkelnden Augen des Löwen! Rechnen
Sie diese leuchtenden Dinge zusammen, und Sie können sich
vorstellen, daß es in Afrika in der finstersten Nacht eigentlich
Heller ist als am lichten Tage."
„Aber närrisch sieht es aus, wenn um Algier in der
Nacht tausende von Lichtern herumschwärmen, die doch eigent-
lich nur die funkelnden Augen hungriger Löwen und Löwinnen
sind. Man braucht nur von den Thürmen Algiers auf ein
solches funkelndes Löwenauge zu zielen, um im Umsehen ein
paar Dutzend solcher Unthiere weggeputzt zu haben."
„In der lehtern Zeit jedoch fangen die Löwen bereits
an einzusehen, daß ihre Augen in der Nacht den Bewohnern
Algiers gleichsam als Zielscheibe dienen, weshalb sie klug
genug sind, die Augen entweder zuzukneipen oder immer nur
nach hinten zu sehen."
„Auch leuchten die Augen eines Löwen nach seinem
Tode einige Jahre noch so stark, daß man sic in Algier
Nachts statt der Dochte in die Laternen thut, um sich in
den engen Strassen der Stadt zurecht zu finden."
„Uebrigens verdanken die Franzosen die Eroberung von
Constantine meinem zahmen Löwen, der ein Prachtkerl war.
Gott habe ihn selig!"
„„Ihrem zahmen Löwen? das mag auch eine seltene
Geschichte sein!"" fährt ein Zuhörer dazwischen.
„Bei Gott Vater auf seinem himmlischen Throne!"
Beutels gewöhnlicher Schwur, „es ist wahr. Man braucht
die Löwen in Algier zu allen möglichen Verrichtungen, be-
sonders zu Jagdhunden, in welcher Eigenschaft sie mit größter
Uneigennützigkeit das eingefangene Wild, afrikanische Hasen
u. s. w., ihrem Herrn apportiren. So ein Emir liegt ruhig
unter seiner Palme, schlürft seinen Kaffee und raucht seine
Pfeife, während sein als Jagdhund abgerichteter Löwe die
Wüste durchstreift und das Wild neben ihn legt, auch die
verschiedenen Wildpretarten gleich assortirt. Früher erhielt er
dafür zum Frühstück und Mittag jedesmal einen Christen-
sclaven, der besonders dazu abgerichtet war, sich mit Anstand
fressen zu lasten. Jetzt ist man humaner, und füttert diese
Löwen nur mit politisch verdächtigem Gesindel, besten Fleisch
i ohnehin etwas ranzig ist. Die algierischen Damen brauchen
die Löwen dagegen als Schooßhunde." —
Allgemeines Erstaunen! „Ist es möglich?" fragen einige
Zuhörer.
„Bei Gott Vater auf seinem himmlischen Throne!" er-
widert Beutel, „so ist es. Man fängt die kleinen Löwen-
säuglinge ein, schnürt sie in Windeln, füttert sie mit Bonbons
und Liqueurs, engagirt für sie einen deutschen Hauslehrer, der
die Geschicklichkeit besitzt, ihren aufstreben-
den Geist und somit auch ihr körperliches
Wachsthum zu unterdrücken, kurz gibt
ihnen eine ganz standesmäßige Verwahr-
losung, und das
Löwchenwirdund
bleibt ewig
ein Miniaturlö-
we, eine Luxus-
und Taschenaus-
gabe von einer
Bestie,welchealle
löblichen Eigen-
schaften eines ci-
vilisirten Möps-
chens entwickelt.
Es gibt Damen
zu Algier, welche wohl ein Dutzend solcher
Schooßlöwen halten, weßhalb auch die Löwensteucr in Algier
jetzt die einträglichste ist.
Ueberhaupt kann ich die merkwürdigsten Geschichten aus
Algier erzählen. Sie mögen es glauben oder nicht, meine Herren!
Wer eine Flasche von dem feurigen Algierer Wein im Leibe
hat, der vermeide es ja, sich auf einen Wagen zu setzen, da
er bei der Kraft des Weines offenbar Gefahr laufen würde,
sammt dem Wagen umgeworfen zu werden. Mir ist dieser
Fall wenigstens mehr als einmal pastirt. Ja ich habe mit
eigenen Augen gesehen, wie ein ganzes Cavalerieregiment in
den Sand gesetzt wurde, weil ein Feldwebel des Regiments
ein Glas zu viel zu sich genommen hatte. Und das Merk-
würdigste und Gefährlichste hierbei ist, daß der Geist des
Weines vom Reiter auf das Pferd übergeht. Da übrigens
der Wein von Algier zum größten Theile aus Aether besteht,
so pflegt man daran nur zu riechen; ein guter deutscher
Trinker hat eine Flasche Algierer Wein in etwa einer Stunde
ausgerochen. Herr Wirth! eine Flasche Wein! ruft man.
Der Wirth bringt das Verlangte. Man fragt nach der Be-
zahlung. Viertehalb Franks oder viertehalb Menschenköpfe!
heißt es. Man greift in den Sack, den man zu dem Ende
stets bei sich führt, läßt vier Beduinenköpfe auf den Tisch
rollen und bekommt darauf einen halben Menschenkopf wie-
Und ganz zuletzt die funkelnden Augen des Löwen! Rechnen
Sie diese leuchtenden Dinge zusammen, und Sie können sich
vorstellen, daß es in Afrika in der finstersten Nacht eigentlich
Heller ist als am lichten Tage."
„Aber närrisch sieht es aus, wenn um Algier in der
Nacht tausende von Lichtern herumschwärmen, die doch eigent-
lich nur die funkelnden Augen hungriger Löwen und Löwinnen
sind. Man braucht nur von den Thürmen Algiers auf ein
solches funkelndes Löwenauge zu zielen, um im Umsehen ein
paar Dutzend solcher Unthiere weggeputzt zu haben."
„In der lehtern Zeit jedoch fangen die Löwen bereits
an einzusehen, daß ihre Augen in der Nacht den Bewohnern
Algiers gleichsam als Zielscheibe dienen, weshalb sie klug
genug sind, die Augen entweder zuzukneipen oder immer nur
nach hinten zu sehen."
„Auch leuchten die Augen eines Löwen nach seinem
Tode einige Jahre noch so stark, daß man sic in Algier
Nachts statt der Dochte in die Laternen thut, um sich in
den engen Strassen der Stadt zurecht zu finden."
„Uebrigens verdanken die Franzosen die Eroberung von
Constantine meinem zahmen Löwen, der ein Prachtkerl war.
Gott habe ihn selig!"
„„Ihrem zahmen Löwen? das mag auch eine seltene
Geschichte sein!"" fährt ein Zuhörer dazwischen.
„Bei Gott Vater auf seinem himmlischen Throne!"
Beutels gewöhnlicher Schwur, „es ist wahr. Man braucht
die Löwen in Algier zu allen möglichen Verrichtungen, be-
sonders zu Jagdhunden, in welcher Eigenschaft sie mit größter
Uneigennützigkeit das eingefangene Wild, afrikanische Hasen
u. s. w., ihrem Herrn apportiren. So ein Emir liegt ruhig
unter seiner Palme, schlürft seinen Kaffee und raucht seine
Pfeife, während sein als Jagdhund abgerichteter Löwe die
Wüste durchstreift und das Wild neben ihn legt, auch die
verschiedenen Wildpretarten gleich assortirt. Früher erhielt er
dafür zum Frühstück und Mittag jedesmal einen Christen-
sclaven, der besonders dazu abgerichtet war, sich mit Anstand
fressen zu lasten. Jetzt ist man humaner, und füttert diese
Löwen nur mit politisch verdächtigem Gesindel, besten Fleisch
i ohnehin etwas ranzig ist. Die algierischen Damen brauchen
die Löwen dagegen als Schooßhunde." —
Allgemeines Erstaunen! „Ist es möglich?" fragen einige
Zuhörer.
„Bei Gott Vater auf seinem himmlischen Throne!" er-
widert Beutel, „so ist es. Man fängt die kleinen Löwen-
säuglinge ein, schnürt sie in Windeln, füttert sie mit Bonbons
und Liqueurs, engagirt für sie einen deutschen Hauslehrer, der
die Geschicklichkeit besitzt, ihren aufstreben-
den Geist und somit auch ihr körperliches
Wachsthum zu unterdrücken, kurz gibt
ihnen eine ganz standesmäßige Verwahr-
losung, und das
Löwchenwirdund
bleibt ewig
ein Miniaturlö-
we, eine Luxus-
und Taschenaus-
gabe von einer
Bestie,welchealle
löblichen Eigen-
schaften eines ci-
vilisirten Möps-
chens entwickelt.
Es gibt Damen
zu Algier, welche wohl ein Dutzend solcher
Schooßlöwen halten, weßhalb auch die Löwensteucr in Algier
jetzt die einträglichste ist.
Ueberhaupt kann ich die merkwürdigsten Geschichten aus
Algier erzählen. Sie mögen es glauben oder nicht, meine Herren!
Wer eine Flasche von dem feurigen Algierer Wein im Leibe
hat, der vermeide es ja, sich auf einen Wagen zu setzen, da
er bei der Kraft des Weines offenbar Gefahr laufen würde,
sammt dem Wagen umgeworfen zu werden. Mir ist dieser
Fall wenigstens mehr als einmal pastirt. Ja ich habe mit
eigenen Augen gesehen, wie ein ganzes Cavalerieregiment in
den Sand gesetzt wurde, weil ein Feldwebel des Regiments
ein Glas zu viel zu sich genommen hatte. Und das Merk-
würdigste und Gefährlichste hierbei ist, daß der Geist des
Weines vom Reiter auf das Pferd übergeht. Da übrigens
der Wein von Algier zum größten Theile aus Aether besteht,
so pflegt man daran nur zu riechen; ein guter deutscher
Trinker hat eine Flasche Algierer Wein in etwa einer Stunde
ausgerochen. Herr Wirth! eine Flasche Wein! ruft man.
Der Wirth bringt das Verlangte. Man fragt nach der Be-
zahlung. Viertehalb Franks oder viertehalb Menschenköpfe!
heißt es. Man greift in den Sack, den man zu dem Ende
stets bei sich führt, läßt vier Beduinenköpfe auf den Tisch
rollen und bekommt darauf einen halben Menschenkopf wie-
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Fritz Beutels wunderbare Fahrten und Abenteuer zu Wasser und zu Lande"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)