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Das Opfer seines Berufs.
i.
£uf dem Dache seiner Billa
An der Mauer von Korinth
Sitzt der Redakteur der „Scylla",
Helianders Sohn, Perinth.
Stützt das Haupt in beide Hände,
Denkt und grübelt, grübelt, denkt,
Ob er nicht ein Mittel fände,
Das ihm neue Leser schenkt.
Was für herrliche Artikel
Schrieb er stets Jahr ab Jahr auf,
Und man war für wenige Nickel
Fester Abonnent darauf!
Circusfpiele, Stadtklatsch, Dramen,
Ausverkäufe, Politik,
Modebriefe für die Damen —
Trotzdem hatte er kein Glück.
Plötzlich aber, gleich dem Blitze,
Fährt ihm etwas durch das Hirn
Und er springt von seinem Sitze,
Wischt den Schweiß sich von der Stirn;
Eilt entzückt zum Hausaltare:
Opfcrdnft steigt froh hinan,
Weil die Götter ihni das rare
Mittel gnädig kundgethan.
II.
^Mleine Knaben sieht man eilen
4^ Ander'» Tages durch die Stadt,
Die von Haus zu Haus vertheilen
Ganz umsonst ein Extrablatt.
An den Anschlagssäulen allen,
An den Tafeln ringsherum
Liest mit hohem Wohlgefallen
Dieses auch das Publikum:
„Bürger! So kann's nicht mehr bleiben!
Hört die Frage und dann sprecht:
Darf der Journalist blos schreiben?
Nein, das Volk hat selbst das Recht!
Mir vertraut trotz aller Ränke — Schreibe Jeder, was er denke!
Manchen Gegner ja wohl juckt's! Was er denkt, die „Scylla" drnckt's!"
III.
-Mus dem Dache seiner Villa
jfr Sitzet abermals Perinth,
Harrt mit Sorgen, ob die „Scylla"
Nun wohl endlich Leser find'.
Da ertönet laut die Klingel.
Freudig stürzt er an die Thür':
Seines Nachbars kleiner Schlingel
Bringt beschriebenes Papier.
Und die andern Nachbarn tragen
Auch nun schon Artikel bei,
Zahme, wilde — mit Behagen
Sieht Perinthos allerlei.
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Das Opfer seines Berufs.
i.
£uf dem Dache seiner Billa
An der Mauer von Korinth
Sitzt der Redakteur der „Scylla",
Helianders Sohn, Perinth.
Stützt das Haupt in beide Hände,
Denkt und grübelt, grübelt, denkt,
Ob er nicht ein Mittel fände,
Das ihm neue Leser schenkt.
Was für herrliche Artikel
Schrieb er stets Jahr ab Jahr auf,
Und man war für wenige Nickel
Fester Abonnent darauf!
Circusfpiele, Stadtklatsch, Dramen,
Ausverkäufe, Politik,
Modebriefe für die Damen —
Trotzdem hatte er kein Glück.
Plötzlich aber, gleich dem Blitze,
Fährt ihm etwas durch das Hirn
Und er springt von seinem Sitze,
Wischt den Schweiß sich von der Stirn;
Eilt entzückt zum Hausaltare:
Opfcrdnft steigt froh hinan,
Weil die Götter ihni das rare
Mittel gnädig kundgethan.
II.
^Mleine Knaben sieht man eilen
4^ Ander'» Tages durch die Stadt,
Die von Haus zu Haus vertheilen
Ganz umsonst ein Extrablatt.
An den Anschlagssäulen allen,
An den Tafeln ringsherum
Liest mit hohem Wohlgefallen
Dieses auch das Publikum:
„Bürger! So kann's nicht mehr bleiben!
Hört die Frage und dann sprecht:
Darf der Journalist blos schreiben?
Nein, das Volk hat selbst das Recht!
Mir vertraut trotz aller Ränke — Schreibe Jeder, was er denke!
Manchen Gegner ja wohl juckt's! Was er denkt, die „Scylla" drnckt's!"
III.
-Mus dem Dache seiner Villa
jfr Sitzet abermals Perinth,
Harrt mit Sorgen, ob die „Scylla"
Nun wohl endlich Leser find'.
Da ertönet laut die Klingel.
Freudig stürzt er an die Thür':
Seines Nachbars kleiner Schlingel
Bringt beschriebenes Papier.
Und die andern Nachbarn tragen
Auch nun schon Artikel bei,
Zahme, wilde — mit Behagen
Sieht Perinthos allerlei.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Das Opfer seines Berufs"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1895
Entstehungsdatum (normiert)
1890 - 1900
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 102.1895, Nr. 2587, S. 74
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg