Nnnöthige Sorge
Die Lobrede
^W^er Moosbauer stand, was Ehr-
lichkeit betraf, in feiner Ge-
meinde nicht im besten Rufe, wenn
man auch nicht gerade etwas Posi-
tives gegen ihn wußte. Als daher
ein Diebstahl vorkam, bezeichnete ihn
die öffentliche Meinung als Thäter
und er wurde — da auch eine Reihe
von Jndicien wider ihn fprachen —
deswegen vor Gericht gestellt. Aber
der Anwalt, den er sich genommen,
war ein ausgezeichneter Redner.
„Meine Herren!" sagte er in seinem
Plaidoyer zu den Richtern. „Mein
Client ist ein wackerer Familienvater,
der unermüdlich für seine Frau und
für seine zahlreichen Kinder sorgt!
Er ist beliebt und hochgeachtet in
seiner Gemeinde! Er ist ein Mann
von echtem Schrot und Korn, von
festem Charakter und edler Gesinnung
— ein treuer Sohn seines Vater-
landes, ein emsiger und ehrlicher
Bebauer seiner Scholle! Ein solcher
Ehrenmann, meine Herren, greift
nicht nach fremdem Gut — einem
solchen braven Bürger dürfen Sie
kein Verbrechen zutrauen — den
müssen Sie freisprechen!" - Je länger
der Anwalt in dieser Weise sprach,
desto gerührter wurde der Moosbauer
und, als man ihn schließlich wirklich
freisprach, ging er — selbst fest davon
überzeugt, daß er ein Ehrenmann
sei — stolz erhobenen Hauptes aus
dem Gerichtssaal.-
Jahre waren verflossen. Aber der
Moosbauer hatte die Rede seines
Anwalts nicht mehr vergessen. Das
Lob, welches ihm öffentlich gespendet
worden war, klang immer und immer
in seinen Ohren und stachelte seinen
Ehrgeiz. Er sorgte in der That
„. . . So — schön, daß Sie meine Vorschrift befolgen und, anstatt Bier, Wein trinken!
Er ist doch hoffentlich nicht zu stark?!" - „Ganz gewiß nicht, Herr Doktor! Ich habe ihn ja
von meinen Verwandten geschenkt bekommen!"
Bescheidene Reflexion
WM
Ö.GröSJ'i(iy.£,ftäir)icf(e^Us,
.Wenn V so seist, wie g'scheidt mV dös Vieh alleweil anschaut, woaß
wirkte not, warum st mV all'weil mV Ochs'n heisstn!"
fleißiger für seine Familie, wurde
zuverlässiger in seinen Geschäften und
Die Lobrede
^W^er Moosbauer stand, was Ehr-
lichkeit betraf, in feiner Ge-
meinde nicht im besten Rufe, wenn
man auch nicht gerade etwas Posi-
tives gegen ihn wußte. Als daher
ein Diebstahl vorkam, bezeichnete ihn
die öffentliche Meinung als Thäter
und er wurde — da auch eine Reihe
von Jndicien wider ihn fprachen —
deswegen vor Gericht gestellt. Aber
der Anwalt, den er sich genommen,
war ein ausgezeichneter Redner.
„Meine Herren!" sagte er in seinem
Plaidoyer zu den Richtern. „Mein
Client ist ein wackerer Familienvater,
der unermüdlich für seine Frau und
für seine zahlreichen Kinder sorgt!
Er ist beliebt und hochgeachtet in
seiner Gemeinde! Er ist ein Mann
von echtem Schrot und Korn, von
festem Charakter und edler Gesinnung
— ein treuer Sohn seines Vater-
landes, ein emsiger und ehrlicher
Bebauer seiner Scholle! Ein solcher
Ehrenmann, meine Herren, greift
nicht nach fremdem Gut — einem
solchen braven Bürger dürfen Sie
kein Verbrechen zutrauen — den
müssen Sie freisprechen!" - Je länger
der Anwalt in dieser Weise sprach,
desto gerührter wurde der Moosbauer
und, als man ihn schließlich wirklich
freisprach, ging er — selbst fest davon
überzeugt, daß er ein Ehrenmann
sei — stolz erhobenen Hauptes aus
dem Gerichtssaal.-
Jahre waren verflossen. Aber der
Moosbauer hatte die Rede seines
Anwalts nicht mehr vergessen. Das
Lob, welches ihm öffentlich gespendet
worden war, klang immer und immer
in seinen Ohren und stachelte seinen
Ehrgeiz. Er sorgte in der That
„. . . So — schön, daß Sie meine Vorschrift befolgen und, anstatt Bier, Wein trinken!
Er ist doch hoffentlich nicht zu stark?!" - „Ganz gewiß nicht, Herr Doktor! Ich habe ihn ja
von meinen Verwandten geschenkt bekommen!"
Bescheidene Reflexion
WM
Ö.GröSJ'i(iy.£,ftäir)icf(e^Us,
.Wenn V so seist, wie g'scheidt mV dös Vieh alleweil anschaut, woaß
wirkte not, warum st mV all'weil mV Ochs'n heisstn!"
fleißiger für seine Familie, wurde
zuverlässiger in seinen Geschäften und
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der schlaue Mops" "Unnöthige Sorge" "Bescheidene Reflexion"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
"Gross inv[enit]; Reinicke del[ineavit]"
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 104.1896, Nr. 2650, S. 186
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg