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Kegelbahn in Kamerun
Die Festrede.
In dem Markte Schmuckebach herrschte eine unbeschreibliche Auf-
regung, denn das erlauchte Kronprinzenpaar hatte es sich in
den Kopf gesetzt, über Schmuckebach nach einem alten Stammschloß
zu reisen, um dort einige Tage mit ihren Ahnen zu verbringen.
Das hohe Paar mußte natürlich festlich empfangen werden. Zu
diesem Zwecke hatten sich schon längst ein Haupt- und verschiedene
Snbcomitss gegründet; man hatte seit vierzehn Tagen die schwierig-
sten Sitzungen gehalten, bis das Programm richtig ausgearbeitet
war. Dann übte man Tage lang — denn die Sache sollte „Schwung"
haben. Die sechs Festjungfranen exercirten in der Front; die
Feuerwehr machte Anfmarschühnngen; die Veteranen bereiteten Ant-
worten auf die voraussichtlich an sie gestellt werdenden Fragen vor;
die Honoratioren kamen täglich beiin Frühschoppen zusammen, um
sich ini Hochrufen zu üben. Am schwierigsten gestaltete sich die
Sache für den Bürgermeister Salzknopf, der die festliche Ansprache
übernommen hatte. Der Herr Amtsrichter hatte einen schneidigen
Text hiefür verfaßt, und seit mehreren Tagen hallten die kräftigen
Worte durch den grünen Wald, in dem der Festvorstand seine Rolle
stndirte. Aber die Sache war nicht leicht; wenn der brave Mann
die Rede ein dntzendmal abgeleiert hatte, überfiel ihn gewöhnlich
eine Sprachverwirrung. Aber auch für diese Roth Ivnßte der junge
Amtsrichter einen Ausweg. Er bestimmte für den Bürgermeister
als selbstthätigcn Souffleurkasten — den Cylinderhut. Die kleine
Rede wurde mit großen Buchstaben auf einen Zettel geschrieben, der
in der fraglichen Kopfbedeckung verwahrt bleiben sollte. Dieser Plan
beruhigte das Oberhaupt der Gemeinde.
Es war 9 Uhr. Der Herr Bürgermeister stand vor dem Spiegel
und ordnete die Falten an seiner Cravatte. Hinter ihin lag auf
dem Tischchen sein Hut — ein etwas abgegriffener Cylinder. Während
er mit seiner Person beschäftigt war, schlich die Frau Bürger-
meisterin herein; husch — nahm sic den Cylinder an sich und stellte
dafür einen funkelnagelneuen Hut an dessen Platz. Sie hatte näm-
lich schon vor ein paar Tagen ihren Eheherrn veranlassen wollen,
einen neuen Hut anzuschaffen; er hatte sich aber aus Sparsamkeits-
rücksichten stets dagegen gesträubt. Eine kluge Frau weiß sich jedoch
zu helfen; sie setzt ihren Willen durch I Es war höchste Zeit zu
dieser Metamorphose, denn jetzt stürzte der Herr Beigeordnete her-
ein, um den Bürgermeister abzuholen. Dieser stülpte rasch den Hut
auf's Haupt und eilte mit den andern Bürgern auf den Bahn-
Kegelbahn in Kamerun
Die Festrede.
In dem Markte Schmuckebach herrschte eine unbeschreibliche Auf-
regung, denn das erlauchte Kronprinzenpaar hatte es sich in
den Kopf gesetzt, über Schmuckebach nach einem alten Stammschloß
zu reisen, um dort einige Tage mit ihren Ahnen zu verbringen.
Das hohe Paar mußte natürlich festlich empfangen werden. Zu
diesem Zwecke hatten sich schon längst ein Haupt- und verschiedene
Snbcomitss gegründet; man hatte seit vierzehn Tagen die schwierig-
sten Sitzungen gehalten, bis das Programm richtig ausgearbeitet
war. Dann übte man Tage lang — denn die Sache sollte „Schwung"
haben. Die sechs Festjungfranen exercirten in der Front; die
Feuerwehr machte Anfmarschühnngen; die Veteranen bereiteten Ant-
worten auf die voraussichtlich an sie gestellt werdenden Fragen vor;
die Honoratioren kamen täglich beiin Frühschoppen zusammen, um
sich ini Hochrufen zu üben. Am schwierigsten gestaltete sich die
Sache für den Bürgermeister Salzknopf, der die festliche Ansprache
übernommen hatte. Der Herr Amtsrichter hatte einen schneidigen
Text hiefür verfaßt, und seit mehreren Tagen hallten die kräftigen
Worte durch den grünen Wald, in dem der Festvorstand seine Rolle
stndirte. Aber die Sache war nicht leicht; wenn der brave Mann
die Rede ein dntzendmal abgeleiert hatte, überfiel ihn gewöhnlich
eine Sprachverwirrung. Aber auch für diese Roth Ivnßte der junge
Amtsrichter einen Ausweg. Er bestimmte für den Bürgermeister
als selbstthätigcn Souffleurkasten — den Cylinderhut. Die kleine
Rede wurde mit großen Buchstaben auf einen Zettel geschrieben, der
in der fraglichen Kopfbedeckung verwahrt bleiben sollte. Dieser Plan
beruhigte das Oberhaupt der Gemeinde.
Es war 9 Uhr. Der Herr Bürgermeister stand vor dem Spiegel
und ordnete die Falten an seiner Cravatte. Hinter ihin lag auf
dem Tischchen sein Hut — ein etwas abgegriffener Cylinder. Während
er mit seiner Person beschäftigt war, schlich die Frau Bürger-
meisterin herein; husch — nahm sic den Cylinder an sich und stellte
dafür einen funkelnagelneuen Hut an dessen Platz. Sie hatte näm-
lich schon vor ein paar Tagen ihren Eheherrn veranlassen wollen,
einen neuen Hut anzuschaffen; er hatte sich aber aus Sparsamkeits-
rücksichten stets dagegen gesträubt. Eine kluge Frau weiß sich jedoch
zu helfen; sie setzt ihren Willen durch I Es war höchste Zeit zu
dieser Metamorphose, denn jetzt stürzte der Herr Beigeordnete her-
ein, um den Bürgermeister abzuholen. Dieser stülpte rasch den Hut
auf's Haupt und eilte mit den andern Bürgern auf den Bahn-
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Kegelbahn in Kamerun" "Die Festrede"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 107.1897, Nr. 2716, S. 64
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg