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Er fühlte, wie ihm der Schreck das Blut
zum Kopfe drängte. Seine Körperfülle, feine
Schwäche für alles Trinkbare, die Aufreg-
ungen des heutigen Tages, nun die pitze
und Enge hier — alle Momente, von denen
Di-. Claudius damals gesprochen hatte, trafen
zusammen, wenn nun noch — —

Langsam mit entgeistigten Zügen suchte
der Bürgermeister seine Rechte unter das
Tafeltuch zu schieben — aber plötzlich schien
er vollkommen zu erstarren. Die Ehren-
jungfrau neben ihm warf ihm einen ent-
setzten Blick zu. Seine Augen quollen aus
den Pöhlen, feine allzeit kupferrothe Nasen-
spitze wurde weiß und sein Mund öffnete
sich.

Nach einer qualvollen Minute verschwand
seine Rechte ein zweites Mal unter dem

tiefen Seufzer den Koxf und verdrehte die
Augen.

„Sie wissen ja nicht, Doktor", stieß er
mit hoffnungsloser Stimme hervor „was ich
gethan habe! Ich habe mich zweimal — —
o, wenn Sie das wüßten --!"

Plötzlich entstand eine neuerliche Beweg-
ung. Alles blickte erschreckt um. Eine weiß-
gekleidete Dame ältlichen Ansehens mit einer
behäbigen Frau drängte sich durch die Menge,
„wo ist er? wo ist er?" rief sie aufgeregt,
„wo ist der Schändliche, daß ich ihn zur
Rechenschaft ziehe?"

Nun stand sie vor dem Lehnstuhl.

„6a!" schrie sie: „da liegt er! Sieh',
Mama, da ist er! . . (D, wie ich ihn durch-
schaue! Nun will er sich krank oder sinnlos
betrunken stellen — aber er soll der gerechten
Strafe nicht entgehen — eine solche niedrige
Handlungsweise fordert Sühne!"

Man hatte sich unter erstaunten Ausrufen

Tag über hatte es für das Stadtoberhaupt mit Begrüßungen, Reden, Toasten
gerade genug zu thun gegeben. Jetzt Abends präsidirte der Bürgermeister bei dem
Festessen im oberen Saale des „rothen Löwen". Alles, was einigermaßen auf
Ansehen im Städtchen Anspruch inachen konnte, war versammelt. Man saß in

drangvoll fürchterlicher Enge in dem über-
füllten, niederen und heißen Raume. Der
Bürgermeister war zwischen zwei ältliche
Ehrenjungfrauen eingekeilt und konnte sich
nur mit Mühe erheben, um den Toast auf
den Landesherrn auszubringen, welcher mit
jubelndem Beifall ausgenommen wurde. Der
Redner hatte rasch sein Glas geleert und sich
schmunzelnd über den Erfolg seiner Worte
eben unter einiger Anstrengung wieder gesetzt
— da plötzlich schoß ihm, ohne daß er wußte
woher, ein entsetzlicher Gedanke durch den
Kopf.

wenn ihn jetzt der Schlag träfe!

Tafeltuch. Da aber tauinelte er empor —
die Ehrenjungfrau stieß einen Schrei aus und
floh — er aber lallte: „Stadtschreiber — der
Echlag — der Schlag —" und sank an die
wand.

Eine ungeheure Aufregung entstand. Alles
sprang auf. Man führte den beliebten Be-
amten aus dem Saal in ein kühleres Neben-
zimmer, wo sich sofort Dr. Claudius um
den Patienten zu schaffen machte, während
eine dichte Korona von Gästen in ängstlicher
Spannung um den Lehnstuhl stand, in dem
der anscheinend Leidende ruhte.

Der Arzt untersuchte den Bürgermeister-
genau, schüttelte aber immer entschiedener
den Kopf. „Es ist nichts!" sagte er. „Ihre
Besorgniß ist ganz unbegründet! Alles nor-
mal — bloß der puls in Folge der Auf-
regung und des weingenuffes ein wenig be-
schleunigt —."

Aber der Patient schüttelte mit eincnr
Bildbeschreibung

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"Das sichere Zeichen"
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Fliegende Blätter
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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stockmann, Hermann
Entstehungsdatum (normiert)
1901 - 1901
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 115.1901, Nr. 2918, S. 4
 
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