Das Geschrei der Kleinen.
(Fabel.)
„Warum entweichst Du vor deu kleinen
Vögeln, mein Vater?" sprach ein junger
Adler zum alten. „Fürchtest Du sie etwa?"
„Sie selbst nicht", war die Antwort,
„aber ihr Geschrei!"
Sehr einfach.
„Schau doch einmal den Müller an,
was der für krumme Beine hat!"
„Na, ivarnm soll er keine krummen
Beine haben? Vertritt er doch die
Firma Beitel & Citronenbaum schon seit
30 Jahren!"
K a s e r n h o f b l n t h e. 39
Leutnant (beim Turnunterricht):
„Meier, Sie machen ja so ein ängstliches
Gesicht, wie Einer, der sich in Afrika unter
den Cannibalen selbst ans die Speisen-
karte schreiben muß!"
m Parke am lauschigen grünen See
War heute versammelt die Hautevolee.
Ein grosser Gelehrter, ein Kind der Stadt,
Den man längst schon zur Ruhe getragen hat,
War vor hundert Jahren geboren worden.
Darum gaben sie heute ein Nachtfest dorten.
Da waren Lampions und Eichengewinde
Und Fahnen und Wimpel und Blumengebinde,
Bengalische Feuer, Raketen dann wieder,
Musikvorträge und allerlei Lieder.
Doch vor Allem glänzte das Rednertalent.
Erst gab’s eine Rede am Monument
Im Park tief drinnen. Dann zog man heraus
Und redete sich auf dem F'estpiatz aus.
Immer wieder trat so manch’ ernster Mann
Zum bekränzten Pult in der Mitte heran,
Breitete räuspernd Koncepte hin
Und sprach dann zur Menge mit weisem Sinn.
Da hörte man viel von der Wissenschaft,
Von des Menschengeistes durchdringender Kraft
Und Jeder betonte, dass all’ dies eben
Nur gelänge einem so ernsten Streben,
Einem aller Weltlust abgewandten,
Ganz in gelehrte Cirkel gebannten,
Strengen, überlegenen Sinnen —
Und tief im innersten Herzen drinnen
Empfanden sie rings in Busch und Hag
Des Genius ehernen Eliigelschlag
Und selbst im muthwilligsten Backfischgesicht
Regte sich da ein Koböldchen nicht.
Aber während Alles so lauschte
Und sogar der See viel diskreter rauschte,
War tief im Park in der zauberischen Nacht
Der Gelehrte auf dem Sockel erwacht,
Wo man ihn für die bewundernde Welt
In schimmerndem Marmor aufgestellt.
Und mit den lustigen Feen des Hains
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(Fabel.)
„Warum entweichst Du vor deu kleinen
Vögeln, mein Vater?" sprach ein junger
Adler zum alten. „Fürchtest Du sie etwa?"
„Sie selbst nicht", war die Antwort,
„aber ihr Geschrei!"
Sehr einfach.
„Schau doch einmal den Müller an,
was der für krumme Beine hat!"
„Na, ivarnm soll er keine krummen
Beine haben? Vertritt er doch die
Firma Beitel & Citronenbaum schon seit
30 Jahren!"
K a s e r n h o f b l n t h e. 39
Leutnant (beim Turnunterricht):
„Meier, Sie machen ja so ein ängstliches
Gesicht, wie Einer, der sich in Afrika unter
den Cannibalen selbst ans die Speisen-
karte schreiben muß!"
m Parke am lauschigen grünen See
War heute versammelt die Hautevolee.
Ein grosser Gelehrter, ein Kind der Stadt,
Den man längst schon zur Ruhe getragen hat,
War vor hundert Jahren geboren worden.
Darum gaben sie heute ein Nachtfest dorten.
Da waren Lampions und Eichengewinde
Und Fahnen und Wimpel und Blumengebinde,
Bengalische Feuer, Raketen dann wieder,
Musikvorträge und allerlei Lieder.
Doch vor Allem glänzte das Rednertalent.
Erst gab’s eine Rede am Monument
Im Park tief drinnen. Dann zog man heraus
Und redete sich auf dem F'estpiatz aus.
Immer wieder trat so manch’ ernster Mann
Zum bekränzten Pult in der Mitte heran,
Breitete räuspernd Koncepte hin
Und sprach dann zur Menge mit weisem Sinn.
Da hörte man viel von der Wissenschaft,
Von des Menschengeistes durchdringender Kraft
Und Jeder betonte, dass all’ dies eben
Nur gelänge einem so ernsten Streben,
Einem aller Weltlust abgewandten,
Ganz in gelehrte Cirkel gebannten,
Strengen, überlegenen Sinnen —
Und tief im innersten Herzen drinnen
Empfanden sie rings in Busch und Hag
Des Genius ehernen Eliigelschlag
Und selbst im muthwilligsten Backfischgesicht
Regte sich da ein Koböldchen nicht.
Aber während Alles so lauschte
Und sogar der See viel diskreter rauschte,
War tief im Park in der zauberischen Nacht
Der Gelehrte auf dem Sockel erwacht,
Wo man ihn für die bewundernde Welt
In schimmerndem Marmor aufgestellt.
Und mit den lustigen Feen des Hains
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Saeculum"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1901 - 1901
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 115.1901, Nr. 2921, S. 39
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg