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grünen Einbänden mit den Füßen zu zertrampeln; nur die lieben,
guten, klugen Leihbibliotheks-Inhaber gingen hin und kauften
inehrere Exemplare von Mlaf Pappelmann's neuestem, herrlichsten,
symbolischsten Werke — und so wurde letzterer berühmt.

Als er nun gründlich berühmt war, suchte er vor Allem
seine Zeitgenossen umzubilden, umzuwerthen; er wurde Refor-
mator, der es so weit brachte, daß jeder nur halbwegs Gebildete
in seinem körperlichen Futteral eine „geräucherte Seele" mH sich
herumtrug oder wenigstens zu tragen glaubte, und das war
doch schon sehr, sehr nett, wenn auch kein sterblicher so recht
zu sagen wußte, was das eigentlich für ein Ding wäre, eine ge-
räucherte Seele. — Doch, wie alle großen Männer, drängte es
auch Mlaf Pappelmann immer weiter auf dein Weg des Ruhines;
immer höher hinauf wollte er, imurer höher, zu den Unsterb-
lichen selbst, auf den „Parnaß", zu Apollo und den Musen.

Und so kam er auf den Parnaß, von Apoll und den Musen
freundlich begrüßt; auch er war recht gnädig und schüttelte allen
die pand, obgleich ihm die ganze Gesellschaft allzu griechisch, zu
classisch vorkam; deirn er liebte das Elassische nicht; er, Mlaf
Pappelmann, war sich selbst Elassiker genug. Ueberhaupt, je
länger er mH der Gesellschaft verkehrte, desto weniger gestel sie
ihm; Apoll mit seiner Leier kam ihm geradezu lächerlich anti-
quirt vor; Klio, die Muse der Geschichte, wollte seinen Vorschlag,
Alexander den Großen als erblich belasteten Morphinisten darzu-
stellen, nicht recht ernst nehmen; Melpomene und Thalia, die
Vertreterinnen der Schauspielkunst, weigerten sich entschieden,
immer nur als hysterisch wahnsinnige Weiber auszutreten, und
die anderen Musen wollten ihn auch nicht recht ernst nehmen.

Kopfschüttelnd wollte er sich schon empfehlen, als er in
einem Winkel drei weibliche, ziemlich unbekleidete Figuren stehen
sah: — „die drei Grazien!" — „Wer sind denn die da?" fragte
er Apollo. „Was!? Die kennen Eie nicht?" antwortete jener,
„das sind ja die drei Grazien!" — „Soooo! Gehört habe ich
schon von ihnen, sonst sind sie aber mir, wie überhaupt in
Deutschland, ziemlich unbekannt.. Na, kommt 'inal näher! .. Aber,
aber Kinderchen's, d i e Kleidung! Ne, das geht denn doch nicht,
da hättet Ihr dort unten schöne Anständ'I wenigstens Schwimm-
hofen müssen sein! And dann die Stellung! ganz veraltet, über-
lebt. . . Jetzt paßt auf! Ihr Beiden da stellt Euch auf die Köpfe
und Du, Kleine, legst Dich mit dein Bauche quer über ihre Füße!
So! Das ist neu, das ist inodern, am modernsten! Das packt!" -

Jetzt wurde es dem Verrn v. Apollo doch zu toll!
„Aber, perr Papxelmann!" begann er schüchtern, „das geht denn
doch nicht!" — „Wie kommen Sie mir vor?" antwortete Jener,
„was geht nicht?" — „Ich meinte nur, die Sache wäre denn

doch zu-modern!" — „So", entgegnete der Andere gereizt —

„Sie haben hier gar nichts zu ineinen, dafür bin Ich da, der Olaf
Pappelmann, Verfasser der „geräucherten Seelen" und Heraus-
geber der vornehmsten, den deutschen Geist repräsentirenden, den:
deutschen Denken und Wollen Worte verleihenden Wochenschrift
die „Eubik-Eoulisse l" —Ich, der große sensi-symbolisch Intellektuelle,
Ich, der — —" Jetzt verließ aber auch Apollo die Geduld:
„Genug, genug, mein perrl" schrie er, „machen Sie in pluto's
Namen dort unten nur so weiter, aber uns hier lasten Sie ge-
fälligst in Ruhe I" — Da sah ihn der gewaltige Dichter—Denker
groß an, so recht von Oben herab und sprach: „Ich geh' schon,
aber das muß ich Ihnen sagen, mein lieber perr Apoll, Sie und
den Parnaß mit samint seinen Musen und den drei Grazien habe
ich mir denn doch ein bißl anders vorgestellt I" Und damit schritt
er stolz von dannen, hoch erhobenen Pauptes und mit flatternder

Stirnlocke. — — Ihm nach aber tönte es von allen Seiten
aus dein Munde von Apoll und all' den Musen und Grazien-
„Und wir uns einen deutschen Dichter!" ^„5 lom stofi* '

Frau Gerstl (die, soeben von ihren: Landaufenthalt zuruck-
gekehrt, von einer Freundin auf dem Bahnhof flüchtig begrüßt wird).
„Hat sie mir jetzt was Angenehmes oder was llnaug^
nehm's sagen wollen? Hat sie gesagt: .Sie fchau'n S11
aus st oder hat f g'sagt: ,Sie schau'n gut ans!'?"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Im Zweifel"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Graetz, Theodor
Entstehungsdatum
um 1901
Entstehungsdatum (normiert)
1896 - 1906
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 115.1901, Nr. 2937, S. 230
 
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