Fliegende Blätter (120.1904 (Nr. 3049-3074))

36 Vas geschmuggelte Kistchen.

2*^? in hartnäckiger Rheumatismus fordert gebieterisch,
|<%£) daß Professor pünktlich auf einige Wochen eine
Heilquelle jenseits der Grenze aufsucht. Seine
Gattin kann wegen der Kinder nicht mitkommen. Sie
packt ihm daher mit um so größerer Sorgsamkeit den
Koffer, damit er ja nichts vermisse - denn sie kennt seine
Genauigkeit. Lr selbst ordnet inzwischen noch sein
Schreibzimmer, nimmt dem Hausmädchen einige hundert
Lide ab, daß nichts verändert wird, und kommt dazwischen
hinein einmal für einen Augenblick herüber.

„Nicht wahr, liebe Alwine", sagt er, „dieses Kist-
chen Zigarren packst Du mit ein! . . Ich muß sie zwar
an der Grenze verzollen — aber Du weißt, ich rauche
keine andere Sorte; lieber teurer, wcnn's nur schmeckt!"

Sic nimmt das Kistchen, und er geht wieder.

Endlich ist alles besorgt. Der Abschied naht,
pünktlich fährt er zur Bahn, steigt in den Zug und saust
davon — der Grenze entgegen.

In der Zollstation ist großer Trubel und Durch-
einander. Diele drücken sich scheu an die Rampe — sie
haben dies oder jenes auf dem Gewissen, was sie durch-
schmuggeln möchten — man kennt das ja.

Hoch erhobenen Hauptes, im Gefühl seiner Recht-
lichkeit tritt der Herr Professor an den Zolltisch, öffnet
seinen Koffer und legt das Kistchen Zigarren, das ganz
oben eingebettet war, zurecht.

„Nichts zu verzollen?" - „Ja, bitte, diese Zi-
garren!"

Der Beamte — solche Offenheit fast nicht ge-
wöhnt — stutzt und schaut mißtrauisch auf.

„Sonst nichts?" frägt er scharf.

„Nichts!" entgegnet Pünktlich mit einem Lächeln
der Unschuld. — „Gar nichts?" wiederholt der andere
sehr energisch.

„Bitte — suchen Sie!" antwortet der Professor,
von seiner Redlichkeit durchdrungen.

HTit raschen Fiügern gleitet die Hand des Beamten
in die Tiefe. Pünktlich schmunzelt — die Umstehenden
werden aufmerksam - da, ein triumphierender Ausruf
des Zollwächters, ein entsetztes Stöhnen des Professors.
Aus dem Abgrund einpor taucht ein zweites
Kistchen, das ihm der Beamte drohend vor die Augen
hält.,. Allgemeines Staunen! - „Lin solcher Heuchler!"..
„Mit dieser Unschuldsmiene!" heißt es.

Lr wird in's Bureau geführt — muß fürch-
terlich zahlen — Zoll, Strafe — hört die
unangenehmsten Sottisen - noch dazu versäumt er den
Zug — kommt erst in später Nacht vollkommen ge-
brochen an seinen Bestimmungsort, sucht in dem durch-
wühlten Koffer vergeblich nach Seife, Kamm, Bürste,
und sindct endlich auf dcni Tisch ein für ihn bercit-
gelegtes Telegramm feiner Frau: „Hoffentlich glücklich
eingetroffen. Dein Waschzeug ist in dein
zweiten Z i g a r r e n k i st ch e n." — ! !

_ 21. II.

£ A u S w c g. ^

mich! Für mein' Bub'n zahl' i' nix — i' Hab' ihm schon d' Ohr'n
zu'bund'n!"

Ländlicher Äo »t f v r t.

Musikant (Geld einsammelnd): „Bitte, für die
Musik!" — Bauer: „Da is a' Zehnerl für

„Wozu gehört de»» dieser Fetzen, Frau Wirtin k" — „Fetzen k!
Sind S' so g»t! Das ist 's Serviett für uns're besser'» Güst'!"

Verantwortlicher Redakteur: I. Schneider in München. — Verlag von Braun & Schneider in München. — In Österreich - Ungarn für
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