Fliegende Blätter (121.1904 (Nr. 3075-3100))

T^J UN wird es still und stiller um mich her. —

A ^ Der Abend dämmert. — Laut verklingt um Laut.
Des Himmels goldentiefes Wunderauge
Blickt sinnend noch ein Mal in diese Welt,

Dann decken weiche, schlummermüde Lider
Das Märchen zu. —

Die Ruh’,

Die holde Himmelstochter löst sich sanft
Befreiend aus des Tages rauhen Armen
Und schreitet langsam über weiche Wiesen
Ins Land des Friedens, das der trauten Schwester
Mit Palmenzweigen schon von ferne winkt.

Sie schreitet langsam, — segnet, wo sie wandelt,
Drückt da und dort zwei Menschenaugen zu
Und heisst des Herzens wilde Kämpfe schweigen, —
Sie trocknet Tränen, die die Liebe weint,

Und heilt die Wunden, die der Tag geschlagen,

Die graue Sorge weicht von ihr zurück,

Und wo das Feuer noch der Sehnsucht glimmt,

Da schüttet sie mit feinem Frauenlächeln
Das Füllhorn ihrer Blütenträume aus.

Ich blickte dieser Heiligen nach. — Ein Leuchten,

Ein wundersanftes drang noch in mein Herz,

Dann legte still die Weihe dieser Stunde
Die Hände mir zusammen zum Gebet
Und — meine Stirne sank.

Edwin Apitz.