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seinen Mokka
und machte das
gewohnte Spiel-
chen. - Abends
begab er sich
wieder in sein
peim, um in
bequemer paus-
toilette sein
Souper einzu-
nehmen und die
-»" übliche Feuchtig-
keit dem Körper
zuzuführen.
Mieder hatte
er auf seinem
Kanapee Platz
genommen, und in behaglicher Stimmung
las er die Zeitung und vergaß nicht,
die trockenen Stellen entsprechend anzufeuchten,
um sie genießbar zu machen. Es ging bereits
auf neun Uhr — als plötzlich Frau Marie aus
ihrem palbschlummer aufschreckte und zum Fen-
ster eilte. „Mann", rief sie, „da schau' hinunter
— Musik — ein FackelzugI"
Belzig sprang auf und schaute hinaus.
„Wahrscheinlich Studenten!?" — „Nein! Es sind
Papierlaternen — ah, ein Ständchen — da hei-
ratet gewiß jemand in der Nachbarschaft. — Bin
neugierig, wo s' hingeh'n! — Da schau! — bei
uns bleiben s' stehen! — Schau' nur die Leut'!
— Wen mag denn das angehen?" — Er sah
hinaus und drehte den Kopf nach den oberen
Stockwerken; dann sah er hinab, daß Frau Marie
Angst bekam, er werde hinabfallen. — Da into-
nierte die Blechkapelle das schöne Lied: „Das
ist der Tag des perrn!" Lautlos stand die
Menge und horchte. Frau Marie schickte das

Dienstmädchen auf Kundschaft. Unten begann das zweite Lied:
„Still ruht der See". Viele weinten vor Rührung. Belzig em-
pfand selbst etwas in seinen: Innern, was er noch selten ver-
spürt hatte.
Da kam das Dienstmädchen zurück - aber nicht allein; hinter
ihr traten drei perren in Frack und mit Lylinder in der pand
in die Stube. Belzig lief es eiskalt über den Rücken. Sollte er
am Ende doch einen Mrden bekommen haben, ohne daß er es
offiziell erfahren hatte? — Da trat einer der drei Jünglinge vor,
räusperte sich und sprach:
„pochverehrter perr Jubilar! Ein Vierteljahrhundert ist
verflossen, seit Sie, verehrter perr, getragen von den Ge-
fühlen uneigennütziger Sympathie für unsere Sache, dem Ver-
schönerungs-Verein beigetreten sind. Unentwegt haben Sie
geholfen, die idealen Ziele unseres Vereins zu fördern, treu
sind Sie sünfundzwanzig Jahre lang zu uns gestanden — ein
leuchtendes Vorbild für alle, welche es nicht verstehen, daß
man einer guten Sache dienen kann, ohne einen direkten Vor-
teil davon zu erwarten. Empfangen Sie den innigsten Dank
des Vereins und genehmigen Sie den Ausdruck unserer be-
sonderen Verehrung. Ich habe Ihnen auch die Grüße unseres
perrn Vorstandes zu übermitteln, der heute verreist ist und
leider zu spät zurückkommt, um diese Ehrung selbst vorzu-
nehmen. Wir laden Sie hiemit zu dem morgen stattffndenden
Bankett zu Ehren unserer Iubilare — es sind deren zwei —
im Rathaussaale ein und hoffen, Ihnen dort neue Beweise
unserer Anerkennung darbringen zu können. Sie aber, meine
perren, bitte ich, in den Ruf einzustimmen: Unser verehrter
Jubilar lebe hoch, hoch, hoch!"
Die perren riefen hoch; einer davon eilte ans Fenster und
gab ein Zeichen; die Musik blies einen kräftigen Tusch, das
Volk schrie ebenfalls hoch. Es war großartig!
Belzig fühlte sich einer Ohnmacht nahe; seine Gattin gab
ihm einen heimlichen Stoß; er holte tief Atem, dann erwiderte
er in begreiflicher Aufregung: „Meine perren! Sie haben mich
so überrascht, daß ich keine Worte finde, um meine Gefühle aus-
zudrücken. Gönnen Sie mir Zeit bis morgen — einstweilen
empfangen Sie meinen herzlichsten Dank mit der Versicherung -—
Versicherung-". Das Übrige blieb ihm in
der Kehle stecken. Die perren drückten ihn: die
pände und gingen. Belzig begleitete sie mit
tiefen Bücklingen bis zur Türe.
Als sie draußen waren, schlug er die Pände
über dem Kopf zusammen und rief ganz ge-
brochen: „Marie — der Brief — ineine Aus-
trittserklärung!" Dann sank er in einen Stuhl.
Sie aber tröstete ihn und meinte: „Davon
hat man keine Notiz genommen — da darfst Du
ruhig sein."
Die Musik intonierte noch: „Gute Nacht,
du mein herziges Kind"; — plötzlich rief jemand
mitten in die Melodie hinein ein energisches
„palt!" Die Musik brach sofort ab; man hörte
erregt disputieren; es wurden die Lampions
ausgelöscht, und lärmend und lachend zog die
Menge von dannen.
Belzig stutzte und empfand ein gelindes
Grauen; er verbarg jedoch sein Angstgefühl und
ging sorgenschwer zu Bett. Er verbrachte eine
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ein Jubilaeum"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Roeseler, August
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 122.1905, Nr. 3102, S. 16
 
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