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Lin Problem.

tag ein pemd, Mittwoch ein pemd — das
sitzt bei mir so fest, wie der Lehrsatz des
Pythagoras I"
„Ub-r-i-gens," ineinte nun Frau
Lmilie, in der der Schalk zu erwachen be-
gann, „woher weißt Du, großer Mathe-
matikus, daß gerade dies das Richtige,
das Logische ist? Ls bleibt sich im
Lssekt doch völlig gleich, ob Du das
erste peind der Woche drei Tage und
das zweite vier Tage trägst oder um-
gekehrt. Sonntag, Montag, Dienstag —
drei Tage; Mittwoch, Donnerstag, Frei-
tag, Samstag — vier Tage; Sonntag,
Montag, Dienstag, Mittwoch — vier Tage; Donnerstag,
Freitag, Samstag — drei Tage!"
Diese unanfechtbare Wahrheit schlug wie ein Rlitz in das
Gehirn der armen „(Quadratwurzel", welchen Spitznamen Tüpfel-
chen bei seinen Schülern trug. Seine ganze
pemdenvergangenheit erschien dein Pro-
fessor mit einen: Male wie ein pohn aus
sein sonst in strengster Symmetrie dahin-
ftießendes Leben.
„Sonntag, Montag, Dienstag — drei
Tage; Mittwoch, Donnertag, Freitag,
Samstag — vier Tage; Sonntag, Mon-
tag, Dienstag, Mittwoch —
Donnerstag, Freitag, Samstag —
Tage!"
Dumps und tonlos wiederholte er
immer und immer wieder diese Worte,
so daß es schließlich an Frau Lmilie war, plötzlichen geistigen
Defekt aus seiner Seite zu suchen.
Nur mit Mühe gelang es ihr, den Professor zu beruhigen.
Man sei heute zu aufgeregt, um den Fall in Ruhe zu erwägen,
man würde darüber schlafen und dann gewiß den richtigen Aus-
weg aus dein Probleme finden.
„Sonntag, Montag, Dienstag — drei Tage; Mittwoch,
Donnerstag, Freitag, Samstag — vier Tage; Sonntag, Mon-
tag, Dienstag, Mittwoch — vier Tage; Donnerstag, Freitag,
Samstag — drei Tage" — damit schlummerte die aus dein
Gleichgewicht gebrachte Mathematikerseele hinüber ins Land des
Traumes, der ihn: tausende und abertausende von peinden vor-
gaukelte, die alle nur je einen Ärmel hatten und an der pals-
össnung zugenäht waren.
In Schweiß gebadet erwachte Tüpfelchen, und Frau Lmilie,
welcher der unruhige Schlaf des Gatten nicht entgangen war,
empfand heftige Gewissensbisse.
Den ganzen vormittag über gingen den: armen Professor
die sieben Wochentage in ihrer fatalen Zweiteilung in: Kopse
herum, und er wurde ordentlich ärgerlich über das dumme Zeug,
das ihn verfolgte wie ein Gassenhauer. Sogar eine Melodie
hatte es schon angenommen.
In: Lause des vormittags fand eine wichtige Lehrerkonserenz
statt, nnd richtig, bei der Abstimmung um sein Votum befragt,
begann die „(Quadratwurzel" vor sich Hinzusummen: „Sonntag,

Montag, Dienstag — drei Tage; Mittwoch, Donnerstag, Frei-
tag, Samstag — vier Tage; Sonntag, Montag, Dienstag,
Mittwoch — vier Tage; Donnerstag, Freitag, Samstag —
drei Tage!"
Man kann sich die erstaunten Gesichter des Lehrerkollegiums
und das schallende Gelächter denken, das diesen Worten folgte.
Lin Glück war's, daß der Rektor, ein jovialer alter perr, der
den: Mathematikus stets gewogen war, ihn: mit den Worten:
„Ja ja, lieber Tüpfelchen, immer über algebraischen Problemen!"
aus der Verlegenheit hals. —
Mittags kam der Professor natürlich mißvergnügt nach
Pause, aber Frau Lmilie, die Kluge, empfing ihn mit froh-
lockende!:: Siegesblick: „Alterchen, ich hab's! Drei und vier
inacht sieben, vier und drei inacht sieben — das bleibt sich
immer gleich. Aber, höre und staune — das Li des Ko-
lumbus! — Dreieinhalb und dreieinhalb inacht erst recht sieben.
Also —"
„peureka, peureka!" unterbrach der entzückte Gelehrte seine
auch diesmal wieder entschieden bessere
pälste. „peureka, ich wechsle inein
peiiid ii: Zukunft am Mittwoch
Mittag punkt zwölf llhr!"
„Ja", versetzte mit seinen: Lächeln die
Professorin, „genau, wenn sie am Markt-
platz die Woche teilen — Du hast es ge-
sunde n."
„Merkwürdig, merkwürdig", meinte
Tüpfelchen, „wie doch die einfache Lösung
des seltsamen Problems nur fünf Jahre
verborgen bleiben konnte!".
Aber noch mar ein pindernis zu be-
seitigen. Das Gymnasium lag in: Zen-
trum, Tüpfelchens Wohnung an der
Peripherie der Stadt, und gerade an:
Mittwoch hatte er von ;; bis Uhr
in Unterprima Geometrie zu geben.
Die Wochenteilung hätte sich da min-
destens um eiue halbe Stunde ver-
schoben.
Aber auch da wußte Frau Lmilie
Rat. Professor Klette, der unverbesser-
liche Junggeselle, der von ;o bis
;; Uhr in Unterprima Griechisch
gibt, ist nicht umsonst häufiger Sonntagsgast. Lr muß einfach
tauschen, wenn Tüpfelchen schreibt, daß er der Stunde von
tt bis Uhr „zur Mrdnung häuslicher Angelegenheiten"
dringend bedürfe.
Und so geschah es. — Der
„Grieche" ging ohne weiteres aus
den Tausch eii: und das Problein
war glänzend gelöst.
Punkt zwölf Uhr, „wenn sie
an: Marktplatz die Woche teilen",
schlüpft Professor Anastasius Tüp-
felchen seitdem in das Mittwochs-
hemd. Benedikt Bern.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ein Problem"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Roeseler, August
Entstehungsdatum
um 1905
Entstehungsdatum (normiert)
1900 - 1910
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 122.1905, Nr. 3104, S. 46

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