Die ITTaicttfoitnc.
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Dichter war zur Soiree geladen worden. „Ich habe
gehört, daß man hier ein sehr feines Büfett und ausge-
oeichnete Weine führtI" dachte er. „kfier will ich es mir einmal
3ut gehen lassen I"
Aber kaum war er eingetreten — da eilte schon die Tochter
”0,n ksause auf ihn zu und flüsterte: „Ach, verehrter Meister,
le Glissen mir etwas auf meinen Fächer dichten!"
Er stutzte einen Moment. „Mit Vergnügen!" sagte er dann
höflich ukJ) schrieb:
„Du bist wie die Maiensonne. . .
So golden, so blink und so blank!
Du füllst die Herzen mit Wonne
Und machst doch die Herzen krank!"
Entzückt huschte sie von dannen. Er blickte nach dem Büfett
9.Us’ hatte sich aber noch kaum vom Stuhl erhoben, als ihn schon
^"c Zweite am Arme faßte: „Teuerster Meister, Sie müssen auch
Awas auf meinen Fächer dichten!"
Einen Augenblick flog der Unmut über seine Miene; dann
schelte er, verbeugte sich und . . . dichtete.
Doch damit war er nicht von dieser Last befreit. Eine uin
die andere kam und bestürmte ihn. Er schaute zwar immer
sehnsüchtiger nach dem Büfett, gähnte hie und da und fuhr mit
dem seidenen Tuch über die Stirne; aber stets verbeugte er sich
höflich wieder und schrieb.
Allmählich schien es allerdings, als ob die Bittenden weniger
würden. Man konnte beobachten, wie sich die jungen Damen
inr Hintergründe des Saales die Fächer zeigten, wütende Blicke
nach dem Poeten schossen und dann unter sich spöttelten und
zankten.
Und doch nahte sich wieder eine — mißtrauisch zwar. . aber
sie konnte ihre Begierde nicht beherrschen.
Höflich verneigte er sich und schrieb:
„Du bist wie die Maiensonne" ....
Da riß sie ihm zürnend den Fächer weg. „Sie glauben
wohl", zischte sie, „daß ich als Maiensonne Nr. zum all-
gemeinen ksohn im Saal herumlaufe?" ....
Er lachte und ging zum Büfett. Jetzt hatte er Ruhe.
l?.
■-?=£g>* Empfindlich.
Frau (die sich mit ihrem Manne gezankt hat): „Du hältst jetzt den Mund . . (zum Dienstniädchen) und
Sie, wenn Sie sich unterstehen, meinen Mann noch ein einziges Mal so mitleidig von der Seite anzusehen, fliegen
Sie 'raus — verstanden?!" ___
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Dichter war zur Soiree geladen worden. „Ich habe
gehört, daß man hier ein sehr feines Büfett und ausge-
oeichnete Weine führtI" dachte er. „kfier will ich es mir einmal
3ut gehen lassen I"
Aber kaum war er eingetreten — da eilte schon die Tochter
”0,n ksause auf ihn zu und flüsterte: „Ach, verehrter Meister,
le Glissen mir etwas auf meinen Fächer dichten!"
Er stutzte einen Moment. „Mit Vergnügen!" sagte er dann
höflich ukJ) schrieb:
„Du bist wie die Maiensonne. . .
So golden, so blink und so blank!
Du füllst die Herzen mit Wonne
Und machst doch die Herzen krank!"
Entzückt huschte sie von dannen. Er blickte nach dem Büfett
9.Us’ hatte sich aber noch kaum vom Stuhl erhoben, als ihn schon
^"c Zweite am Arme faßte: „Teuerster Meister, Sie müssen auch
Awas auf meinen Fächer dichten!"
Einen Augenblick flog der Unmut über seine Miene; dann
schelte er, verbeugte sich und . . . dichtete.
Doch damit war er nicht von dieser Last befreit. Eine uin
die andere kam und bestürmte ihn. Er schaute zwar immer
sehnsüchtiger nach dem Büfett, gähnte hie und da und fuhr mit
dem seidenen Tuch über die Stirne; aber stets verbeugte er sich
höflich wieder und schrieb.
Allmählich schien es allerdings, als ob die Bittenden weniger
würden. Man konnte beobachten, wie sich die jungen Damen
inr Hintergründe des Saales die Fächer zeigten, wütende Blicke
nach dem Poeten schossen und dann unter sich spöttelten und
zankten.
Und doch nahte sich wieder eine — mißtrauisch zwar. . aber
sie konnte ihre Begierde nicht beherrschen.
Höflich verneigte er sich und schrieb:
„Du bist wie die Maiensonne" ....
Da riß sie ihm zürnend den Fächer weg. „Sie glauben
wohl", zischte sie, „daß ich als Maiensonne Nr. zum all-
gemeinen ksohn im Saal herumlaufe?" ....
Er lachte und ging zum Büfett. Jetzt hatte er Ruhe.
l?.
■-?=£g>* Empfindlich.
Frau (die sich mit ihrem Manne gezankt hat): „Du hältst jetzt den Mund . . (zum Dienstniädchen) und
Sie, wenn Sie sich unterstehen, meinen Mann noch ein einziges Mal so mitleidig von der Seite anzusehen, fliegen
Sie 'raus — verstanden?!" ___
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Empfindlich"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1906 - 1906
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 125.1906, Nr. 3182, S. 33
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg