Das Lied an die Freude.
209
"!,bet nach der vor der Stabt gelegenen hochmodernen Villa des
Meisters.
Ein eigenartig gekleideter Diener empfing ihn und führte
geräuschlos durch eine Reihe höchst individuell ausgestaiieier
Macher. Vor dem Heiligtum des großen Modernen entfernte
ch der Begleiter mit einer stummen Verbeugung und einem
ernsten, auf die Erhabenheit des Moments hinweisenden Blick.
Tapp, der etwas decadent war, trat in höchster innerer
Biegung ein. Der Meister empfing ihn gemessen.
"Dch werde ein Lied an die Freude dichten!" sagte er mit
^uer bedeutenden Handbewegung.
„Etwas Ähnliches ist allerdings schon von Schiller. . . ."
la3le der Baron zu stottern.
Der Erhabene ließ nur die Unterlippe zwei Zentimeter tiefer
Unfen. cgin olympischer Hohn lag darin, wie er es tat.
„Inspiration I" sprach er dann mit flammenden Augen. „Sie
M allez. — Zch inspiriere mich l.... Mitinspirieren!" fügte er
' ' *3 befehlend — drohend — unwidersprechbar — bei.
^nf einem kleinen Tischchen standen mehrere Sektflaschen und
m paar Kistchen schwerer Importen.
Er schenkte die Gläser voll und bot dem Baron Feuer.
„Rauchfreude! — Trinksreude!" sagte er, und qualmte und
trank
gewaltig.
„Eigentlich bin ich Anti ....", wollte der Baron mur-
meln; doch ein wimpcrnzuckcn des Erhabenen machte ihn ver-
stummen.
„Heia!" rief der Meister hie und da und sah verzückt gegen
die Decke.
Das Zimmer füllte ein Rauch — Zappens Kopf ein Nebel.
„Kommt's jetzt?" flüsterte er endlich.
„Heia!" schrie der Meister und riß ihn empor. „Tanzfreudei
Heia! Hopla!"
Er begann einen cancanartigen, tarantellamäßigen Schuh-
plattler und zerrte den Baron dabei mit. Plötzlich ließ er ihn los.
„Kommt's jetzt?" murmelte Zapp taumelnd.
„Heia!" brüllte der Unvergleichliche. „Sturmfreude — Welt-
f teufte I"
Die Flügeltüren der Veranda öffneten sich. Schon saßen sie
in einem Automobil. Rasend begann die Fahrt — rasender
wurde sie. Kilometersteine, Wanderer, Dackeln, Enten, Gänse
flogen zur Seite vorüber.
„Heia — Mordfreude!" schrie der Meister und überfuhr ein
Wildschwein. Dann plötzlich tat es einen Krach und Knall.
Dem Baron wurde grün, gelb, feurig vor den Augen. j)n einen»
Trümmerhaufen, zerschunden, zerschlagen fand er sich neben dein
Meister wieder, „Heia!" rief dieser griminig. „Ls ko in int!"
„Gestatten Sie," murmelte der Baron, „daß ich es nimmer
ab warte!" — Und humpelte stöhnend davon.
-- • -j •
ötuöier’ sie aus dem Zundament,
Unb du studierst sie recht!
Der nur die schlechten Menschen kennt,
^er kennt die Menschen schlecht.
Ein Glück.
„ ■ • Wenn man im Rausch heim-
°mmt, sieht man alles doppelt."
„Nur gut. daß man nicht alles
doppelt fühlt!"
Unter Taschendieben.
^ „Kolossal 'reingefallen! Habe init
Wünschelrute das Publikum beim gefl-
ogen Pferderennen auf seinen Gold-
gehalt untersucht."
„Ah!"
„Passiere also mit Wünschelrute
Dohlbewaffnet die Reihen. Plötzlich,
Hutter einem behäbigen Philister, fängt
Ding ivie rasend an zu schlagen,
^ch suche die Taschen aus . . . Nischt,
„ischt hatte der Kerl von Gold."
„Aber die Wünschelrute-"
? „Hatte ganz richtig funktioniert!
^Neiu Klient hatte nämlich 'nen Wasser-
kopf !»
„.. Sie trinken zu viel,
und essen zu wenig!"
„Ja, für beides, Herr
Doktor, langt's nicht!"
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"!,bet nach der vor der Stabt gelegenen hochmodernen Villa des
Meisters.
Ein eigenartig gekleideter Diener empfing ihn und führte
geräuschlos durch eine Reihe höchst individuell ausgestaiieier
Macher. Vor dem Heiligtum des großen Modernen entfernte
ch der Begleiter mit einer stummen Verbeugung und einem
ernsten, auf die Erhabenheit des Moments hinweisenden Blick.
Tapp, der etwas decadent war, trat in höchster innerer
Biegung ein. Der Meister empfing ihn gemessen.
"Dch werde ein Lied an die Freude dichten!" sagte er mit
^uer bedeutenden Handbewegung.
„Etwas Ähnliches ist allerdings schon von Schiller. . . ."
la3le der Baron zu stottern.
Der Erhabene ließ nur die Unterlippe zwei Zentimeter tiefer
Unfen. cgin olympischer Hohn lag darin, wie er es tat.
„Inspiration I" sprach er dann mit flammenden Augen. „Sie
M allez. — Zch inspiriere mich l.... Mitinspirieren!" fügte er
' ' *3 befehlend — drohend — unwidersprechbar — bei.
^nf einem kleinen Tischchen standen mehrere Sektflaschen und
m paar Kistchen schwerer Importen.
Er schenkte die Gläser voll und bot dem Baron Feuer.
„Rauchfreude! — Trinksreude!" sagte er, und qualmte und
trank
gewaltig.
„Eigentlich bin ich Anti ....", wollte der Baron mur-
meln; doch ein wimpcrnzuckcn des Erhabenen machte ihn ver-
stummen.
„Heia!" rief der Meister hie und da und sah verzückt gegen
die Decke.
Das Zimmer füllte ein Rauch — Zappens Kopf ein Nebel.
„Kommt's jetzt?" flüsterte er endlich.
„Heia!" schrie der Meister und riß ihn empor. „Tanzfreudei
Heia! Hopla!"
Er begann einen cancanartigen, tarantellamäßigen Schuh-
plattler und zerrte den Baron dabei mit. Plötzlich ließ er ihn los.
„Kommt's jetzt?" murmelte Zapp taumelnd.
„Heia!" brüllte der Unvergleichliche. „Sturmfreude — Welt-
f teufte I"
Die Flügeltüren der Veranda öffneten sich. Schon saßen sie
in einem Automobil. Rasend begann die Fahrt — rasender
wurde sie. Kilometersteine, Wanderer, Dackeln, Enten, Gänse
flogen zur Seite vorüber.
„Heia — Mordfreude!" schrie der Meister und überfuhr ein
Wildschwein. Dann plötzlich tat es einen Krach und Knall.
Dem Baron wurde grün, gelb, feurig vor den Augen. j)n einen»
Trümmerhaufen, zerschunden, zerschlagen fand er sich neben dein
Meister wieder, „Heia!" rief dieser griminig. „Ls ko in int!"
„Gestatten Sie," murmelte der Baron, „daß ich es nimmer
ab warte!" — Und humpelte stöhnend davon.
-- • -j •
ötuöier’ sie aus dem Zundament,
Unb du studierst sie recht!
Der nur die schlechten Menschen kennt,
^er kennt die Menschen schlecht.
Ein Glück.
„ ■ • Wenn man im Rausch heim-
°mmt, sieht man alles doppelt."
„Nur gut. daß man nicht alles
doppelt fühlt!"
Unter Taschendieben.
^ „Kolossal 'reingefallen! Habe init
Wünschelrute das Publikum beim gefl-
ogen Pferderennen auf seinen Gold-
gehalt untersucht."
„Ah!"
„Passiere also mit Wünschelrute
Dohlbewaffnet die Reihen. Plötzlich,
Hutter einem behäbigen Philister, fängt
Ding ivie rasend an zu schlagen,
^ch suche die Taschen aus . . . Nischt,
„ischt hatte der Kerl von Gold."
„Aber die Wünschelrute-"
? „Hatte ganz richtig funktioniert!
^Neiu Klient hatte nämlich 'nen Wasser-
kopf !»
„.. Sie trinken zu viel,
und essen zu wenig!"
„Ja, für beides, Herr
Doktor, langt's nicht!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Mißverstanden"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1906
Entstehungsdatum (normiert)
1901 - 1911
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 125.1906, Nr. 3197, S. 209
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg