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286


Geld oder Leben. -

(Eine Fabel.)

L.steinifkse.oü.

Ä^en Nasi, der tiefgelehrte Professor
T** des Strafrechts an der Universität
Bagdad, ging einst im statuengeschmück-
ten Tiergarten der Residenz Al Raschids
spazieren. Versunken in schwierige Me-
ditationen, merkte er nicht, daß er im-
mer mehr von den belebten Wegen ab-
kam ; er war daher sehr erstaunt, als
er, durch die Worte eines Fremden in
seinem Gedankengang gestört, sich auf
einem einsamen, von hohem Gebüsch
umsäumten Wege wiederfand. Der eini-
germaßen gefährlich aussehende Mensch
gegenüber hatte in höflichem, aber be-
stimmtem Tone gesprochen: „Das Geld
oder das Leben!" und er spannte dabei
den Hahn einer Pistole.

„Mein Lieber," sagte der Professor,
„ich weiß zwar nicht, mit welchem
Rechte Sie mich anreden; denn ich er-
innere mich nicht Ihrer Bekanntschaft.
Aber da wir nun doch einmal bei-
samnien sind und Sie wohl einige
Minuten Zeit haben, möchte ich Sie
auf ein kleines Versehen aufmerksam
machen. Warum sagen Sie nämlich:
„Das Geld oder das Leben?" Wenn
Sie mir das Leben nehmen würden,
bekämen Sie mein Geld doch auch!"

„Ei," rief der Strolch, „daran hätte
ich wirklich nicht gedacht" — und schoß
den Professor über den Haufen.

„So war es sinngemäß," sagte der
Professor und starb.

Nun wähnet, liebe Leser, aber nicht,
der Professor sei ein Tor, sei sinnlos
gewesen, als er sich also ums Leben
redete. O, er wußte, zum ersten Mal
vielleicht, was er wollte. Denn er
kalkulierte: Wegen Raubes kommst du
ins Zuchthaus, wegen Mordes aber an
den Galgen! Warte, Kerl, ich bringe
dich an den Galgen. . Und ich glaube,
es handeln noch heutzutage viele Leute
so wie unser Professor.

—----- Ein 20 c n st er der

Einselm Neumeyer. war der Chef eines großen Bankhauses,
der sich zum Prinzip machte, sein Personal nur aus Junggesellen
zusammenzusetzen, weil er dachte, daß häusliche Pflichten auf die
Geschäftstätigkeit lähmend wirken.

Eines Tages kam sein Buchhalter und teilte ihm feierlich mit,
daß er in den heiligen Ehestand zu treten gedenke.

„Was fällt Ihnen ein!" rief Neumeyer überrascht. „Was
braucht so ein junger Mann wie Sie ein Weib!"

„Es handelt sich um ein Mädchen, in das ich sterblich
verliebt bin!"

t a n d h a f t i g k e i t. —

„Das ist rein lächerlich — nur Einbildung von Ihnen! . .
Wissen Sie was — kommen Sie über's Jahr wieder! Wenn Sie bis
dahin nicht klüger geworden sind, will ich nichts dagegen haben!" —

Genau ein Jahr später stellte sich der Buchhalter wieder ein
und erklärte, daß er nunmehr unerschütterlich entschlossen sei, zu
heiraten.

„Das ist also Ihr Wille nach einem Jahre reiflicher Über-
legung?" fragte Neumeyer.

„Jawohl! Nichts wird mich davon abbringen!"

„Sie können meinetwegen heiraten! . . Ich habe nie geglaubt,
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Geld oder Leben"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Reinicke, Emil
Entstehungsdatum (normiert)
1906 - 1906
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 125.1906, Nr. 3203, S. 286

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