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Fliegende Blätter — 13.1851 (Nr. 289-312)

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Der Friedens!)äuptling.

wie vom Schneiden der Gäste. Was das Alles bedeutet, be-
halte ich einer späteren Erklärung vor. — Was ihre Religion
anbclangt, jo haben sie außer dem großen Geiste der Bleich-
gesichter noch einen besonderen der Mammon heißt, sowie
noch mehrere Untergettcr: Rothschild, Rouge und Moses.
Sic halten sehr viel aus kleine goldene und silberne runde
Plättchen, so wie auch auf buntgezcichncte Papicrläppchcn, die
unter dem Namen »Mops" sehr gesucht sind. Wer am meisten
Möpse hat, der gilt am Meisten. Es werden deshalb die Ein-
zelnen in verschiedene Kasten cingcthcilt, je nachdem Einer
mehr oder weniger im Kasten hat und der Werth des Einzel-
nen wird aus der Wage bestimmt, zu welchem Zwecke man
Papier-, Gold-, Silber- und Kupferwagen hat; wer weniger
als Nichts hat, kommt auf die Mehlwagc. *) Es ist aber für
einen Fremden leicht ohne Wage zu schätzen, wie viel Jemand
gilt: man darf nur Acht nehmen, wie tief sich Einer vor dem
Anderen bückt, wenn sich Zwei begegnen. Der Eine bückt sich
um gerade so viel tiefer, als der Andere mehr wiegt, es ist
also in diesem Falle umgekehrt wie beim Abwägen. Hat z. B.
A. viermal so viel Möpse, wie B. und es wackelt A. mit dem
Kopse um einen Zoll, so muß B. mit seinem Kopfe um vier
Zoll wackeln. Wenn daher Einer, der gar Nichts hat, zufällig
dem Rothschild, dem Vicegott begegnet, der fast Alles hat,
so müßte er nach diesem Maßstabe vor lauter Hochachtung
wenigstens fünftausend Burzelbäume in der Sekunde schlagen.
In diesem Falle machen die Leute gewöhnlich gar nichts, son-
dern bleiben kerzengerade stehen und ballen eine Faust im
Sack. — Da wie schon gesagt, die Frankofurter kein krie-
gerischer Stamm sind, obgleich sich viele Löwen unter ihnen
befinden, so sind sic doch sehr besorgt um ihre Möpse und
haben die kräftigsten Anstalten getroffen, um fremde Stämme
abzuwehren. Diese Anstalten bestehen darin, daß sie einige
tausend Spieße, Tomahawks, Feucrröhren, Pulverbüchsen,
bunte Felle w. im Vorrath angcschafft haben, so wie lange
Papierstreifen, auf denen Jeder ausgeschrieben steht, der den
Tomahawk führen könnte, wenn er wollte; diese Papierstrcifen
werden in Regimenter, Bataillone und Kompagnien cingetheilt,
über die ein lebendiger Häuptling gesetzt ist, der jährlich einige
Tausend Möpse verzehren muß, sonst aber Nichts zu thun
braucht. Alle diese großartigen Vcrthcidigungs-Anstalten zu-
sammen werden. Bürgerwehr genannt." —

„Ich habe mich bei dieser Gelegenheit überzeugt, warum
cs den Bleichgesichtern in ihrer Heimath nicht mehr gefällt,
denn sie sind mit ihren Nahrungsmitteln, gegen uns gehalten,
übel daran und wirklich Z» bedauern. Da sie keine Jagden
mehr haben, so müssen sic sich meistens von Gräsern und
Wurzeln nähren, die sie mit Wasser verkochen und allerhand
fette und scharfe Sachen daran werfen, welche einer ehrlichen
Nolhhaut den schwarzen Tod brächten; sie nennen diese Dinger
Gemüser, Salate und Kartoffeln und bilden sich was darauf
ein. Vom gesunden Menschcnfleisch cffen ist gar keine Rede
bei ihnen, sie sagen ihr großer Geist verbiete es. Selbst in

*) Schuldgefängniß.

ihren Kriegen fressen sie einander nicht. Als ich am ersten
Morgen mir ein Frühstück bestellte, brachte man mir eine
schwarze Flüffigkcit in einem ganz kleinen ärmlichen Dinge

von Stein. Ich glaubte schon von Weitem es wäre frisches
Blut, als ich zu meinem Schrecken fand, daß es eine abge-
kochte Brühe, ich glaube von Schießpulver war, die sie Kaffee
heißen und sehr lieben. Ich mußte mich begnügen, in das so- !
genannte Schlachthaus zu gehen, wo sie die verächtlichen Thierc
schlachten, von denen sie leben, und mir dort von deren unrei-
nem Blute geben kaffen. Eines aber haben sie von uns vor-
aus, das sind ihre farbigen Fcuerwasser, die man dort Weine
nennt. Ich habe bei dieser Gelegenheit wirklich gefunden, daß
sie uns nur das Schlechteste herübcrschicktcn und das Beste für
sich behielten."

„Am ersten Tage der Versammlung der Friedcnshäuptlinge
führte man mich in ein großes rundes Gebäude, in welchem
die Frankofurter früher ihrem großen Geiste Opfer brachten, '
und das in den letzten Jahren zum Versammlungsorte der Ge- ’
sandten aus allen deutschen Stämmen diente, die sich vereinigt
hatten, um Einig zu werden, woraus aber unmittelbar folgte,
daß sie einander um die Wette skalpirten."

„Die Friedcnshäuptlinge, die ich aus allen Thcile» der
Welt hier in dem großen Wigwam fand, waren allzusammt
von Kopf bis zu Füßen in schwarze Häute von wunderlicher
Form gekleidet; ich selbst hatte mich fügen müssen solche an-
zuziehen, worunter mich besonders ein Stück genirtc, das man
Frack nennt, und an welchem die Schürze hinten angebracht
ist, während wir sie vorne zu tragen pflegen. Deßwegen !
heißen sie uns aber auch wilde Menschen. Am wunderbarsten
nahmen sich aber zwei unserer Brüder aus Afrika aus, die als
Priester des großen Geistes der Weißen ebenfalls ganz schwarz
angezogen waren, so daß sie aussahen wie der böse Geist der
Weißen. Um unserem edlen Stamme nichts zu vergeben, hatte
ich es mir nicht nehmen lassen, meine Häuptlings-Auszeich-
nungen über die schwarzen Felle zu tragen, und ihr seht mich
hier in dem Aufzuge, in dem ich das Calumet in der Hand
unter die fremden Häuptlinge trat. — Ich sah mit Geuug-
thuung, daß der größte Theil derselben einstens mußte den
Tomahawk geschwungen haben, daß sie also nicht aus Feigheit
gegen den Krieg aufzutrctcn gesonnen waren: denn der eine ,
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Titel/Objekt
"Der Friedenshäuptling"
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Fliegende Blätter
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

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Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Reinhardt, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Trinken <Motiv>
Körperschmuck
Trinkgefäß
Indigenes Volk <Motiv>
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Amerika

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Digitales Bild
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Public Domain Mark 1.0
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Fliegende Blätter, 13.1851, Nr. 311, S. 180
 
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