IPte Herr I ere in i as Häberlein Geheimer Hofrat wurde.
Serenissimus hatte am Tage vorher in einer Anekdoten-
Sammlung über Friedrich den Großen gelesen, daß dieser erlauchte
und erlauchteste Kollege, den er sich in manchem zum vorbilde
genommen, einmal einem Höfling den Adel verliehen unter der
Bedingung, daß er es niemandem sage. Und eine brillante Idee
schoß ihm durch den Kopf. „Wissen Sie was, lieber Häberlein —
Bin heute guter Laune — will Ihnen eine Freude machen,
lieber Häberlein — Ernenne Sie hiermit zu meinem Geheimen
Hofrat."
Der Herr Schulrat Häberlein schnellte in die Höhe. Mit weit
aufgerissenen Augen starrte er den hohen Herrn an, seine Hände
zitterten und bald teilte sich dieses Zittern seinem ganzen Körper
mit. Während er dann die gebückte Haltung wieder annahm,
stammelte er: „Durchlaucht — allzu gütig — s o viel Gnade!"
„Aber unter einer Bedingung, mein lieber Hofrat: Dürfen
es niemand weiter sagen, verstanden? Niemandem, auch
Ihrer Frau nicht."
Sprachlos, mit immer noch starren Blicken, sah Herr Häber-
lein vor sich nieder.
„Sind mein Geheimer Hofrat, lieber Häberlein. Das ist
der Witz von der Geschichte, Famos, was? Aber sind es gewesen,
wenn Sie Geheimnis verraten. Hand darauf, lieber Geheimer
Hofrat I"
Der Geheime Hofrat legte seine zitternde Hand in die Hand
Serenissimi und empfahl sich, indem er sich mit drei tiefen Bück-
lingen rückwärts zur Türe bewegte.
9
„Hurt, Jeremias, wie war es bei Hofe?"
Mit dieser Frage wurde der Herr Schulrat — da der Leser
in das Geheimnis eingeweiht ist, so können wir ruhig sagen, der
Geheime Hofrat — von der Gattin empfangen.
5
„Hm, sehr schön — wirklich sehr schön" — gab Herr Häberlein
zur Antwort, indem er den Frack auszog und aus den Händen
der Gattin den Hausrock in Empfang nahm.
„Du bist also gut empfangen worden?"
„Gewiß, sehr gut. Durchlaucht waren so gnädig — daß
— Hm. Hm." — —
„Nun?"
„Davon ein andermal. Jetzt gib mir 'was zum frühstück."
„Gleich, mein lieber Mann. Du bekommst heute was Be-
sonderes — Leberwurst mit Kraut."
Leberwurst mit Kraut — dachte Herr Häberlein, indem er
die Pantoffeln anzog — Ist das ein Essen für einen Geheimen
Hofrat?
„paxachen — Papachen" ließ sich auf einmal eine helle
Stimme hören, und sein einziggeborenes Töchterchen Emerentia,
ein junges Mädchen von 38 bis 39 Jahren, erschien auf der
Schwelle des Nebenzimmers. „Nun, Papachen, was hat der
Fürst gesagt?"
„Durchlaucht waren sehr gnädig."
„Bravo! Bravo! Du wirst sehen, Du wirst einen Grden be-
kommen, vielleicht den grünen Geierorden IV. Klasse."
„vielleicht auch etwas mehr, mein Kind," sagte lächelnd
Herr Häberlein; aber dieses Lächeln war mit etwas Bitterkeit
gemischt. Wenn er es
doch niemand sagen
durfte — —
„Das Gedicht ist
aber auch wunder-
schön, Paxa."
„Was verstehst
Du denn davon!"
„Aber die ganze
Stadt spricht ja da-
von, Papa. Der Herr
Gberschulrat"-
„Geh mir mit
diesem Oberschulrat,"
unterbrach Herr Hä-
berlein sein Töchter-
chen, „diesem hochmü-
tigen Einfaltspinsel!"
Am Nachmittag
jenes Tages begegnete
der Herr Geheime Hof-
rat Häberlein auf sei-
nem gewohnten Spa-
ziergange dem Herrn
Hofrat von Meien
schein, der, wie es
schien, tief in Gedan-
ken versunken, lang-
samen Schrittes da-
herkam.
Aha! Der wartet
wieder darauf, daß
man zuerst grüßt.
Herr Häberlein sah
etwas zur Seite und
schien ebenfalls tief in
Gedanken vertieft zu
Serenissimus hatte am Tage vorher in einer Anekdoten-
Sammlung über Friedrich den Großen gelesen, daß dieser erlauchte
und erlauchteste Kollege, den er sich in manchem zum vorbilde
genommen, einmal einem Höfling den Adel verliehen unter der
Bedingung, daß er es niemandem sage. Und eine brillante Idee
schoß ihm durch den Kopf. „Wissen Sie was, lieber Häberlein —
Bin heute guter Laune — will Ihnen eine Freude machen,
lieber Häberlein — Ernenne Sie hiermit zu meinem Geheimen
Hofrat."
Der Herr Schulrat Häberlein schnellte in die Höhe. Mit weit
aufgerissenen Augen starrte er den hohen Herrn an, seine Hände
zitterten und bald teilte sich dieses Zittern seinem ganzen Körper
mit. Während er dann die gebückte Haltung wieder annahm,
stammelte er: „Durchlaucht — allzu gütig — s o viel Gnade!"
„Aber unter einer Bedingung, mein lieber Hofrat: Dürfen
es niemand weiter sagen, verstanden? Niemandem, auch
Ihrer Frau nicht."
Sprachlos, mit immer noch starren Blicken, sah Herr Häber-
lein vor sich nieder.
„Sind mein Geheimer Hofrat, lieber Häberlein. Das ist
der Witz von der Geschichte, Famos, was? Aber sind es gewesen,
wenn Sie Geheimnis verraten. Hand darauf, lieber Geheimer
Hofrat I"
Der Geheime Hofrat legte seine zitternde Hand in die Hand
Serenissimi und empfahl sich, indem er sich mit drei tiefen Bück-
lingen rückwärts zur Türe bewegte.
9
„Hurt, Jeremias, wie war es bei Hofe?"
Mit dieser Frage wurde der Herr Schulrat — da der Leser
in das Geheimnis eingeweiht ist, so können wir ruhig sagen, der
Geheime Hofrat — von der Gattin empfangen.
5
„Hm, sehr schön — wirklich sehr schön" — gab Herr Häberlein
zur Antwort, indem er den Frack auszog und aus den Händen
der Gattin den Hausrock in Empfang nahm.
„Du bist also gut empfangen worden?"
„Gewiß, sehr gut. Durchlaucht waren so gnädig — daß
— Hm. Hm." — —
„Nun?"
„Davon ein andermal. Jetzt gib mir 'was zum frühstück."
„Gleich, mein lieber Mann. Du bekommst heute was Be-
sonderes — Leberwurst mit Kraut."
Leberwurst mit Kraut — dachte Herr Häberlein, indem er
die Pantoffeln anzog — Ist das ein Essen für einen Geheimen
Hofrat?
„paxachen — Papachen" ließ sich auf einmal eine helle
Stimme hören, und sein einziggeborenes Töchterchen Emerentia,
ein junges Mädchen von 38 bis 39 Jahren, erschien auf der
Schwelle des Nebenzimmers. „Nun, Papachen, was hat der
Fürst gesagt?"
„Durchlaucht waren sehr gnädig."
„Bravo! Bravo! Du wirst sehen, Du wirst einen Grden be-
kommen, vielleicht den grünen Geierorden IV. Klasse."
„vielleicht auch etwas mehr, mein Kind," sagte lächelnd
Herr Häberlein; aber dieses Lächeln war mit etwas Bitterkeit
gemischt. Wenn er es
doch niemand sagen
durfte — —
„Das Gedicht ist
aber auch wunder-
schön, Paxa."
„Was verstehst
Du denn davon!"
„Aber die ganze
Stadt spricht ja da-
von, Papa. Der Herr
Gberschulrat"-
„Geh mir mit
diesem Oberschulrat,"
unterbrach Herr Hä-
berlein sein Töchter-
chen, „diesem hochmü-
tigen Einfaltspinsel!"
Am Nachmittag
jenes Tages begegnete
der Herr Geheime Hof-
rat Häberlein auf sei-
nem gewohnten Spa-
ziergange dem Herrn
Hofrat von Meien
schein, der, wie es
schien, tief in Gedan-
ken versunken, lang-
samen Schrittes da-
herkam.
Aha! Der wartet
wieder darauf, daß
man zuerst grüßt.
Herr Häberlein sah
etwas zur Seite und
schien ebenfalls tief in
Gedanken vertieft zu
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Wie der Jeremias Häberlein Geheimer Hofrat wurde"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1909 - 1909
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)