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Die Sphinx.
lehnte wie kosend das blumengeschmückte Haupt gegen den Frauen-
kopf und flüsterte dabei das süsse Wort: „Liebe!“
Aber unbewegt starrte die Sphinx mit ihren pupillenlosen, rätsel-
haften Augen in die weite, sandige Ferne ....
* *
*
Wieder waren viele, viele Jahre vergangen. Eine Karawane zog
durch die Wüste, arabische Familien, die vor dem Feinde flohen. An der
Sphinx machten sie halt, um zu rasten, und schlugen ihre Zelte auf. Da
zogen am Horizont schwere Wolken empor; die Sonne strahlte fahl herab,
wie durch einen Schleier, und leichte Windstösse wirbelten den Sand zu
dünnen Säulen auf. Entsetzt blickten die armen Flüchtlinge sich an:
„Der Samum! Der Samum . . .!"
In aller Eile wurde das Lager abgebrochen und die Flucht wieder
aufgenommen.
Im Schatten der Sphinx schlief ein kleines Mädchen seinen Schlaf
der Unschuld weiter; in ihrem Schrecken hatten es die Flüchtigen ver-
gessen.
Die Windstösse mehrten sich, wurden stärker und die Sonne
verschwand allmählich hinter einem schweren, bleigrauen Schleier; aus
der Ferne ertönte das Tosen des Sturmes.
Da erwachte das Kind und blickte erschreckt um sich.
/ /
Allein! Allein, in der
weiten, weiten Wüste!
Der Sandboden um-
her begann auf- und
abzuwogen wie die
erregte See.
Zitternd vor Furcht
klomm das Kind müh-
sam zur Sphinx empor,
als wollte es an dem
Frauenbusen Schutz su-
chen in seiner Not,
und ein einziger, herz-
zerreissender Schrei ent-
rang sich den bleichen
Lippen : „Mutter —!!"
Und siehe ! — Durch
die Riesenmasse ging
ein Beben, warmes Le-
ben durchströmte die
steinerne Brust und das
ernste Frauenantlitz der
Sphinx beugte sich liebe-
voll über das verlas-
sene Kind, um es zu
schützen.
R. Bretter.
Die Sphinx.
lehnte wie kosend das blumengeschmückte Haupt gegen den Frauen-
kopf und flüsterte dabei das süsse Wort: „Liebe!“
Aber unbewegt starrte die Sphinx mit ihren pupillenlosen, rätsel-
haften Augen in die weite, sandige Ferne ....
* *
*
Wieder waren viele, viele Jahre vergangen. Eine Karawane zog
durch die Wüste, arabische Familien, die vor dem Feinde flohen. An der
Sphinx machten sie halt, um zu rasten, und schlugen ihre Zelte auf. Da
zogen am Horizont schwere Wolken empor; die Sonne strahlte fahl herab,
wie durch einen Schleier, und leichte Windstösse wirbelten den Sand zu
dünnen Säulen auf. Entsetzt blickten die armen Flüchtlinge sich an:
„Der Samum! Der Samum . . .!"
In aller Eile wurde das Lager abgebrochen und die Flucht wieder
aufgenommen.
Im Schatten der Sphinx schlief ein kleines Mädchen seinen Schlaf
der Unschuld weiter; in ihrem Schrecken hatten es die Flüchtigen ver-
gessen.
Die Windstösse mehrten sich, wurden stärker und die Sonne
verschwand allmählich hinter einem schweren, bleigrauen Schleier; aus
der Ferne ertönte das Tosen des Sturmes.
Da erwachte das Kind und blickte erschreckt um sich.
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Allein! Allein, in der
weiten, weiten Wüste!
Der Sandboden um-
her begann auf- und
abzuwogen wie die
erregte See.
Zitternd vor Furcht
klomm das Kind müh-
sam zur Sphinx empor,
als wollte es an dem
Frauenbusen Schutz su-
chen in seiner Not,
und ein einziger, herz-
zerreissender Schrei ent-
rang sich den bleichen
Lippen : „Mutter —!!"
Und siehe ! — Durch
die Riesenmasse ging
ein Beben, warmes Le-
ben durchströmte die
steinerne Brust und das
ernste Frauenantlitz der
Sphinx beugte sich liebe-
voll über das verlas-
sene Kind, um es zu
schützen.
R. Bretter.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Sphinx"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1909 - 1909
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)