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Die Sphinx.

133

Dir Schönheit gegeben, Grösse
und — Unsterblichkeit! War-
um ist es mir nicht ver-
gönnt , Dir Gef ii h 1 einzu-
flössen. Könnte doch ein Wort
Dich zu wahrem Leben er-
wecken — —

Die Sonne stand noch hoch
und der Weg nach Memphis
war weit. Der Künstler legte
sich in den Schatten seines
Meisterwerkes, um den kühlen
Abend abzuwarten, und schlief
ein. Im Traume erschien ihm
die Göttin Secht und sprach
zu ihm: ,,Dein Wunsch soll Dir
gewährt sein! Ein Wort, ein
einziges Wort der menschlichen
Sprache soll das vollbringen,
was Deine Kunst nicht ver-
mochte . .

Damit entschwand das
Traumbild und der Künstler
erwachte. Lange sann er nach,
welches wohl dieses magische
Wort sein könne, dann wandte
er sich gegen die Sphinx
und rief ihr zu: ,,Unsterb-

lichkeit !"

Aber unbewegt starrte die
Sphinx mit ihren pupillenlosen,
rätselhaften Augen in die weite,
sandige Ferne ....

Traurig trat der Künstler
den Heimweg an; im Westen
ging die Sonne glühend unter
senkte sich die Einsamkeit der

und reichsten Fürsten der Erde gemacht; die schönsten Frauen harrten
seiner daheim, sein leisester Wink war Befehl im ganzen Reiche
— er war allmächtig.

Vor der Sphinx liess er halten und bald erhoben sich rings-
umher die Zelte seines Lagers. Dann befahl er die erbeuteten
Schätze vor der Sphinx aufzuhäufen ; um sie mussten die Gefangenen
in einem Halbkreis Aufstellung nehmen, und dahinter sein ganzes
mächtiges Heer.

Stolz stieg er zur Sphinx empor; mit der ausgestreckten Rechten
wies er auf seine Schätze, auf die Gefangenen und die Tausende,
deren Gott er war, und rief mit selbstbewusster, weitschallender
Stimme das eine Wort: „Ruhm!“

Aber unbewegt starrte die Sphinx mit
ihren pupillenlosen, rätselhaften Augen in die
weite, sandige Ferne ....

Wieder vergingen Jahrhunderte. Da
nahte sich eines Tages von den schattigen
Ufern des Tigris ein blumenbekränzter
Jüngling. Seinen Lippen entquollen süsse
Lieder, bei deren Klang die Frauenherzen
erbebten; so zog er von Land zu

und über die Sphinx ^

Nacht. ^ >

Jahrhunderte waren entschwunden. Der Name des
Künstlers war im Strome der Zeit untergegangen,
aber die Überlieferung von seinem Traume hatte sich er-
halten. Noch hatte niemand das Wort gefunden, welches der
Sphinx Gefühl einflössen sollte, wie es die Götter ver-
sprochen.

Da erschien eines Tages ein mächtiger Fürst. Mit grosser
Beute und mit vielen Gefangenen kehrte er von einem Feld-
zuge zurück; die erfochtenen Siege hatten ihn zum mächtigsten

Land, die Liebe be-
singend, der Liebe
lebend.

Mit einem glück-
lichen Lächeln auf den Lippen blickte er empor zu dem Frauen-
antlitz der Sphinx. Wie war es nur möglich, dass noch niemand
das magische Wort gefunden hatte? — Er klomm die Stufen hinauf,
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Sphinx"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Vogel, Hermann
Entstehungsdatum (normiert)
1909 - 1909
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 131.1909, Nr. 3346, S. 133
 
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