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wie der Glaser in ei st er Scherber seine Frau unterkriegt hat.

erkenn'. Und zeigt ihnen allerhand, kriecht auf d' Leiter, steigt
wieder hinunter, stellt dies und das beiseite, jenes wieder ins
Regal zurück, dann seh' ich, wie der fremde Herr die Brieftasche
herauszieht und eine Adreßkarte hinlegt und wie er dann noch
eine Zehnerbanknote dazulegt. Aha, denk' ich, das Urangeld, denn
weißt, ohne Urangabe verschicken mer nix, da haben wir so aller-
hand Erfahrungen gemacht, wie die Leut' schreiben, die Ware is
zerbrochen angekommen und wir müßten ihnen Nachlassen. Aber
es is nie wahr, weil ich selber pack' und ich pack' so gut, so gut
— zu gut, halt zu gut! Meine Frau empfiehlt sich also sehr-
freundlich und gibt beiden die Hand und hört nit auf, z' reden, bis
sie draußen sind. Ua haben mer a' gut's G'schäft gemacht, denk'
ich bei mir und bin ganz froh und freu' mich, daß ich so eine
tüchtige Frau Hab'. Sie ruft auch schon: „Moni!" ruft s', „ein-
packen I"

Ich komm' hervor, seh' eine Menge Sachen auf 'n Verkaufs-
pult stehen und such' eine große, feste Kiste aus. Das Packen is
meine Sache. Dann nehm' ich ein Stück nach 'm andern, wickel's
ordentlich in Zeitungspapier ein, dann in Stroh und dann leg'
ich's in die Kiste in ein Kennest, das is nit so einfach, da gehört
eine Geometrie dazu. Zugleich sag' ich's meiner Frau an, die
trägt's ins Schmierbuch ein und schreibt dann die Rechnung heraus
und die Faktura. Ich Hab' aber wissen wollen, wer denn die
Käufer gewesen sind. Das is doch ka Neugier net? Ich bin
doch nicht bloß zum packen da. Und frag' meine $xa\x: „An
wen geht denn die Kiste?" Und frag' bei der Suppenschüssel uui)

bei der Sauciere und beim Salzsassel und bei jedem Teller: „An
wen geht denn die Kiste?" Sie aber antwortet nicht. Schreibt
ihre Rechnung heraus und schaut mich gar nicht an. Ja nun
hat's zum Kochen ang'fangen.

Die Kiste ist endlich voll und ich leg' den Deckel auf. Sech-
zehn Nägel' schlag' ich in den Deckel. Bei jedem Nagel frag'
ich: „An wen geht denn die Kiste?" Keine Antwort. Bei jedem
Nagel kocht's immer mehr und immer fester schlag' ich zu. Justa-
ment red't s' nix. Ich bin fertig. Und jetzt frag' i' zum letzten-
mal: „Du willst mir also nit sagen, an wen die Kist'n geht?"
Sie schreibt ruhig weiter und addiert ganz laut. Da packt mich
die Wut und ich fass' die Kist'n mit meine beiden Händ', so schwer
sie is, und heb' s' hoch in die Höh' und schmeiß' sie der Frau
vor die Füße, daß sie sich noch um und um kollert.

„Jesses, Jesses, Moni, was hast D' 'tan!" schreit meine Frau
und stürzt auf mich zu und nimmt mich um ’tt Hals und busselt
mich ab und fangt an zu weinen. Ich war ja selber erschrocken,
aber ich laß' mir nix anmerken: „wer nicht hören will, muß
fühlen," sag' ich. „Hätt'st mir gesagt, an wen die Kiste geht!"
— „Ich muß doch erst die Adressen schreiben," sagt sie. — „Jetzt
will ich's nimmer wissen," sag' ich. — „Jetzt braucht's freilich keine
Adressen mehr," sagt sie. „was fangen wir jetzt mit der Kiste
voller Scherben an?" — „was!" sag' i', „die schicken wir ruhig
ab. Die Drangabe haben wir und zerbrochen kann's ja anderswo
worden sein." — „wann Du meinst I" sagt sie und schreibt die
Adressen und ich fahr' die Kiste auf die Bahn; bis nach Rußland
is s' 'gangen.

von dein Tag an war mein Soferl wie verwandelt. Nix hat
s' unternommen, ohne mich zu fragen, und nicht aufg'hört hat s'
zu reden und „lieber Moni" hin, und „lieber Moni" her, so is's
den ganzen Tag 'gangen..."

„Na siehst D' es, Scherber," sagte der Gaishuber, „man muß
nur streng sein, dann parieren die Weiber gleich."

„Ja," seufzte Scherber trübselig, „wenn ich nicht halt gar so
gut packen tat 1"

„was brummst Du denn immer vom guten Packen?"

„Meine Geschichte ist ja gar nicht aus. Drei Wochen hat's
gedauert, wie im Paradies haben wir gelebt. Ich war der
Herr im Haus und auch die Kinder haben schon Respekt vor mir
bekommen. Da bringt eines Tages der Briefträger einen Brief
aus Rußland. Meine Frau greift darnach, aber ihr zittern die
Hände.

„Da haben wir die Bescherung 1" sagt sie. Ich schneid' den
Brief auf und les': „Geehrter Herr Scherber! Geile Ihnen mit,
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Wie der Glasermeister Scherber seine Frau unter'kriegt hat"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Albrecht, Henry
Entstehungsdatum
um 1909
Entstehungsdatum (normiert)
1904 - 1914
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 131.1909, Nr. 3350, S. 182
 
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