Fliegende Blätter (133.1910 (Nr. 3389-3414))

Meine fette Dachsin ITtaufel

Schläft mir vor den schönsten Dachsschlaf,

Träumt vom letzten lhasenhatzerl,

Und mit ihrem Giss-Gaff hat's nüch
Selber in der Seimat Bergen,

Wo der Winter weiß zu Bolz zieht
Und die Treiberklappern lärmen.

Seinen stolzen Bord begeifern,

Zieht das Brlogschiff, das starke,

Willig folgend solchem Steurer,

Siegesstolz und zukunftsicher
Seine Bahn durch's graue Zeitmeer l
Uns'res Volkes gute Geister
Segnen feine stolze Flagge.

lhei, das wird ein Bild, das jebetn,
Der noch deutsch ist, tief in's Lferz geht >
„Fräulein Neujahr danke, danke I"

Doch das Traumbild ist verschwunden • . .
Tat doch g'rad' die Dachsin Mausel
Linen tiefen Dackelschnarcher —
finster ist's — vor mir der Bogen
Unberührt I Nur in die Lcke
lhat ein narrend Wichtelmännlein
Aufgemalt ein Fragezeichen. ..

-—

Drüben hinter'm Muskelmenschen
Birgt er sich und kichert leise.

Und trotz allem: Danke, danke I
Lampe her und schnell das Traumschiff
Ausgezeichnet! — Aber — aber —

Dann wird's ja ein ernst politisch,
kserbes Blatt, kferr Neujahrszeichner I —
Da Hab' doch als weiser Mann ich
Lediglich den — Traum gezeichnet I
Mag das Schiff, die stolze „Deutschland",
Jeder sich nun selber malen
Ganz so stolz und seegewaltig,

So geführt und so gesteuert,

Wie's sein deutsches lherz ihm eingibt!
Und ich selber mal' dann nur noch
ksier mein .Prosit itcujnfjr d'runter,
Glück und Segen für das kommend'
annum elf und neunzehnhundert I '

Herrn. Vogels

Und au, Steuer: lhei, da steht ja,

Steht ja endlich wieder einer,

So, wie der war, der die „Deutschland"

Bei der ersten Fahrt gesteuert

Und jetzt unter seinen Lichen

Fern am Nordmeer seinen Schlaf schläft!

Reckenbild aus vorzeittagen,

Riesenarm und Lisennacken;

Klaraug' unter busch'ger Braue
Nebel scheuchend, Vetter teilend,
Lisenstark die khand im Ruder I
Festen Kurs I Vb Stürme tosen,

Db die Vogen überbrechen
Und der Tiefe Ungeheuer

Und im Traum tritt Fräulein Neujahr
Selber zu mir in die Werkstatt.

Schlank, in holder Jugendschöne,

Füllt sie kaum des Kleides Luge,

Und das halbe Köpfchen birgt sich
Unter weißen Reiherbüschen,

Unter einem Riesentopfhut. — —

Zu mir tritt sie an den Reißtisch,

Nimmt den, Schlafenden den Bleistift.

Und nun zeichnet sie: Ja, d i e kann's!
kfat die einen Strich au, Leibe!

's ist ein Schiff, das sie da hinwirft;
Panzerstark und stückgewaltig
Drängt es durch die grauen Wogen,

Und das Schiff, das Schiff heißt „Deutsch-
land" I

vorn am Bug der heil'ge Michel,

Als Gallionsbild, schwertgerüstet, —
Kriegesadler, Friedenstauben
Fliegen um den kfimmelskämpfer! —
Unter Schloten, über Türmen,

Steht auf der Kommandobrücke
Stolz und stark des Schiffes Führer,
Hochgemut, doch ernst besonnen
Jeden Strich der^Fahrt erwägend.

Lins mit ihm ist seine Mannschaft,
Gpferstolz und volkesfreudig
Schallt vom Bord ihr Heller Trutzruf:
„Deutschland Heil, und Heil dein Kaiser!"

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