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Die Wunderblume.
könnt'! Jung sein! Und glücklich!" — Und er warf in wildem
Grimm ein großes Bündel wirklicher Geheimakten zum Lenster
hinaus. — Aber sogleich kam die Reue über ihn. Entsetzt lief er
in den Garten und holte die schmählich mißhandelten Schriftstücke
wieder herauf und gelobte Besserung und Umkehr. — Aber es
war zu spät.
Als er seine Amtsstube betrat, da stand vor seinem Schreib-
pult eine schöne lichte Lrau, und vor Schreck und Überraschung
ließ Amandus den Geheimakt neuerdings zu Boden fallen — er
starrte entsetzt auf den seltsamen Besuch. Endlich faßte er halb-
wegs ein lferz und sagte zitternd: „Ge—gestatten Sie, m—mein
Name ist Stau—Stäubte, Sie—Sie wü—wünschen?"
Die schöne Lrau lächelte und sagte: „Nichts für ungut, kferr
Amandus! Ich bin Ihre gute Lee. — Sie kennen mich doch
vielleicht aus Ihrer Aindheit her, als Sie noch Märchenbücher
lasen?"
„Um Gottes willen, kompromittieren Sie mich nicht!" stam-
melte Stäubte. „Unberechtigten ist der Eingang verboten." Und
er wies auf ein Plakat an der Tür. — Aber die Lee lächelte nur
und sagte: „kserr Amandus, Sie wünschen wieder jung und glücklich
zu sein. Jst's nicht so?"
Stäuble nickte —- in seinem kserzen keimte allmählich etwas
wie Bewunderung auf für seinen liebreizenden Besuch.
Und die Lee fuhr fort: „Nun, ich allein kann Ihren Wunsch
nicht erfüllen. Sie selbst müssen auch etwas dazutun. Sie müssen
die blaue Wunderblume suchen — sobald Sie das Blümlein ge-
sunden haben, sind Sie wieder jung und glücklich."
Und sie hob ihre lsand und zeigte Amandus eine blaue
Blume. „So sieht sie aus", sprach die Lee. „Suchen Sie, Amandus
— und recht viel Glück dazu!" — Dann war sie verschwunden, und
Amandus stand wieder allein im Zimmer und griff sich an den
Kopf.
Nein, — es war kein Traum! — Wirklichkeit! — Er sollte
wieder jung werden I — Aber erst, wenn er die Wunderblume
gefunden I —
Ganz frei und selig wurde ihm um's perz; er schob den Ge-
heimakt verächtlich beiseite, spitzte den Mund zu einem leisen
Pfeifen — aber es ging nicht mehr. Er hatte es zu lange ein-
rosten lassen. Dann griff er nach einem Bogen Papier und schrieb
darauf an seine Vorgesetzte Behörde ein Urlaubsgesuch. Betreff:
Suchen der Wunderblume. —
Man schüttelte höheren Drts verwundert das lfaupt und be-
eilte sich, den p. p. Stäuble sofort bis auf weiteres zu quieszieren.
— Und der Geheimrat sagte: „Sonderbar, er war doch sonst ein
so tüchtiger nüchterner Beamter, der Stäuble! Sonderbar! lsöchst
sonderbarer Betreff, lserr Aollega!" — —
Stäuble aber suchte landauf, landab nach der Wunderblume;
er suchte bei Sonnenschein, bei Wind und Wetter, auf Tälern und
Bergen — aber nirgends fand er sie.
Am letzten Tag seines Urlaubs ging er erschöpft und ver-
zweifelt durch den königlichen Park. Er hatte alle Hoffnung
aufgegeben. —
Aber plötzlich nahm sein Gesicht einen verklärten Ausdruck
an; er glaubte seinen Augen kann,: mitten in einer parkwiese
blühte die blaue Blume. Er bebte vor Lreude und fast versagten
seine Lüße den Dienst. —
Nun war er bei der Wiese angekommen. — Da prallte er
zurück und griff an die schmerzende Stirne. In seinem Eifer war
er an einen Pfahl angerannt. Amandus sah auf und erblickte
eine Tafel; darauf stand:
Das Betreten des Rasens ist polizeilich verboten!
Da zitterte Stäuble am ganzen Aörper — er mußte sich auf
die nächste Bank setzen; unaufhörlich rannen dicke Tränen über
seine Runzeln und wehmütig sagte er: „Wie schade! wie schade!" —
Noch einen letzten schmerzlichen Blick warf er auf die Wunder-
blume, dann wankte er als alter gebrochener Mann heimwärts.
Seine Jugend war für immer dahin. . . z„lius Kreis.
Einziger A n S tu e g.
„Was wollen Sie denn mit dem Hörrohr?" — „Einen schwer-
hörigen Schuldner mahnen! Das seinige hat er nämlich immer
verlegt, wenn ich zu ihm komme, und da Hab' ich mir selber eines
angeschafft!"
—<« Geldheirat. »-*—
Ein Jüngling singt der alten Man klammert sich in böser
Maid Zeit
Den schönsten Liebespsalm. — An einen — Schachtelhalm.
£. B.
'nb/G' Der sicherste Ort. Dvsx-
„Ja was seh' ich! . . Schorschl, was tust denn Du da
im Polizeigebäude?" — „Pst - ich wcrd' gegenwärtig steck-
brieflich verfolgt!"
Die Wunderblume.
könnt'! Jung sein! Und glücklich!" — Und er warf in wildem
Grimm ein großes Bündel wirklicher Geheimakten zum Lenster
hinaus. — Aber sogleich kam die Reue über ihn. Entsetzt lief er
in den Garten und holte die schmählich mißhandelten Schriftstücke
wieder herauf und gelobte Besserung und Umkehr. — Aber es
war zu spät.
Als er seine Amtsstube betrat, da stand vor seinem Schreib-
pult eine schöne lichte Lrau, und vor Schreck und Überraschung
ließ Amandus den Geheimakt neuerdings zu Boden fallen — er
starrte entsetzt auf den seltsamen Besuch. Endlich faßte er halb-
wegs ein lferz und sagte zitternd: „Ge—gestatten Sie, m—mein
Name ist Stau—Stäubte, Sie—Sie wü—wünschen?"
Die schöne Lrau lächelte und sagte: „Nichts für ungut, kferr
Amandus! Ich bin Ihre gute Lee. — Sie kennen mich doch
vielleicht aus Ihrer Aindheit her, als Sie noch Märchenbücher
lasen?"
„Um Gottes willen, kompromittieren Sie mich nicht!" stam-
melte Stäubte. „Unberechtigten ist der Eingang verboten." Und
er wies auf ein Plakat an der Tür. — Aber die Lee lächelte nur
und sagte: „kserr Amandus, Sie wünschen wieder jung und glücklich
zu sein. Jst's nicht so?"
Stäuble nickte —- in seinem kserzen keimte allmählich etwas
wie Bewunderung auf für seinen liebreizenden Besuch.
Und die Lee fuhr fort: „Nun, ich allein kann Ihren Wunsch
nicht erfüllen. Sie selbst müssen auch etwas dazutun. Sie müssen
die blaue Wunderblume suchen — sobald Sie das Blümlein ge-
sunden haben, sind Sie wieder jung und glücklich."
Und sie hob ihre lsand und zeigte Amandus eine blaue
Blume. „So sieht sie aus", sprach die Lee. „Suchen Sie, Amandus
— und recht viel Glück dazu!" — Dann war sie verschwunden, und
Amandus stand wieder allein im Zimmer und griff sich an den
Kopf.
Nein, — es war kein Traum! — Wirklichkeit! — Er sollte
wieder jung werden I — Aber erst, wenn er die Wunderblume
gefunden I —
Ganz frei und selig wurde ihm um's perz; er schob den Ge-
heimakt verächtlich beiseite, spitzte den Mund zu einem leisen
Pfeifen — aber es ging nicht mehr. Er hatte es zu lange ein-
rosten lassen. Dann griff er nach einem Bogen Papier und schrieb
darauf an seine Vorgesetzte Behörde ein Urlaubsgesuch. Betreff:
Suchen der Wunderblume. —
Man schüttelte höheren Drts verwundert das lfaupt und be-
eilte sich, den p. p. Stäuble sofort bis auf weiteres zu quieszieren.
— Und der Geheimrat sagte: „Sonderbar, er war doch sonst ein
so tüchtiger nüchterner Beamter, der Stäuble! Sonderbar! lsöchst
sonderbarer Betreff, lserr Aollega!" — —
Stäuble aber suchte landauf, landab nach der Wunderblume;
er suchte bei Sonnenschein, bei Wind und Wetter, auf Tälern und
Bergen — aber nirgends fand er sie.
Am letzten Tag seines Urlaubs ging er erschöpft und ver-
zweifelt durch den königlichen Park. Er hatte alle Hoffnung
aufgegeben. —
Aber plötzlich nahm sein Gesicht einen verklärten Ausdruck
an; er glaubte seinen Augen kann,: mitten in einer parkwiese
blühte die blaue Blume. Er bebte vor Lreude und fast versagten
seine Lüße den Dienst. —
Nun war er bei der Wiese angekommen. — Da prallte er
zurück und griff an die schmerzende Stirne. In seinem Eifer war
er an einen Pfahl angerannt. Amandus sah auf und erblickte
eine Tafel; darauf stand:
Das Betreten des Rasens ist polizeilich verboten!
Da zitterte Stäuble am ganzen Aörper — er mußte sich auf
die nächste Bank setzen; unaufhörlich rannen dicke Tränen über
seine Runzeln und wehmütig sagte er: „Wie schade! wie schade!" —
Noch einen letzten schmerzlichen Blick warf er auf die Wunder-
blume, dann wankte er als alter gebrochener Mann heimwärts.
Seine Jugend war für immer dahin. . . z„lius Kreis.
Einziger A n S tu e g.
„Was wollen Sie denn mit dem Hörrohr?" — „Einen schwer-
hörigen Schuldner mahnen! Das seinige hat er nämlich immer
verlegt, wenn ich zu ihm komme, und da Hab' ich mir selber eines
angeschafft!"
—<« Geldheirat. »-*—
Ein Jüngling singt der alten Man klammert sich in böser
Maid Zeit
Den schönsten Liebespsalm. — An einen — Schachtelhalm.
£. B.
'nb/G' Der sicherste Ort. Dvsx-
„Ja was seh' ich! . . Schorschl, was tust denn Du da
im Polizeigebäude?" — „Pst - ich wcrd' gegenwärtig steck-
brieflich verfolgt!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der sicherste Ort"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1911
Entstehungsdatum (normiert)
1906 - 1916
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 134.1911, Nr. 3438, S. 290
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg