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Der itobtc Bräutigam.

Köchin: „So ein Lump! Entpuppt sich jetzt als Hochstapler und Heiratsschwindler ■ .. und wegen
dem habe ich mir sogar '» .Guten Ton' angeschafft!"

ß

Schafbock, von seinen Worten ergriffen und zugleich geehrt, ging
mit ihm. Der Fuchs führte ihn an eine abgelegene Stelle des
Dorfweihers und sprach: „ksier blick' ernst und tief, ganz in dich
versenkt, hinein — und du wirst dich selbst und den Urgrund aller
Dinge erkennen I"

Neugierig schaute der Schafbock in die Flut und sah sein
Gesicht. Zugleich aber bemerkte er, wie der Fuchs hinterlistig
zum Sprunge nach feinem Nacken ansetzte. Schnell duckte er sich,
so daß Reineke, den nach dem jungen Braten gelüstete, gierig

Pch" — sprach der Fuchs und blieb mit gesenkten Blicken
und trüber Utiene vor dem jungen Schafbock stehen -
„ach, wie sehr ekelt mich vorder falschen, gewinnsüchtigen, genuß-
lüsternen Welt! Was mich doch zuweilen für ein Abscheu schüttelt
über dieses schale Getriebe I Keiner mehr, der — wie ich das
so gerne tue und darum auch oft genug verkannt werde — keiner

mehr, der. seinen Blick nach innen richtet und die Selbster-
kenntnis anstrebt, diese edelste Blüte der Weisheit!"

Er hielt einen Augenblick an. Dann fuhr er mit hellerer,
hoffnungsfreudiger Stimme fort: „Du allerdings, glaube ich, bist
noch dir selbst treu! Du, meine ich, bist noch eines von jenen
wenigen Geschöpfen, die echt und wahr geblieben sind, die danach
streben, in die eigene Seele zu schauen! Ja gewiß, du wirst
dankbar sein, wenn ich dich an ein stilles, nur mir bekanntes
Plätzchen führe, wo Gelegenheit ist, sich selbst zu erkennen > Wenn
du willst, teurer Freund, so folge mir dorthin!" - Und der junge

über ihn hinwegsprang und in das Wasser plumpste. Geschwind
versetzte ihm der Bock mit den Hörnern noch einen tüchtigen Stoß,
der den anderen weit in das Wasser hinausschleuderte, und sprang
mit lustigem Gemecker davon.

Ergrimmt und in Todesangst zappelte der Fuchs eine Weile
in den Wellen und ließ schon alle Hoffnung auf Rettung fahren.
Da sah er plötzlich eine plumpe Gans unbeholfen in der Nähe
schwimmen, die von allem nichts bemerkt hatte.

„Ach, ach" — rief er laut — „hieher, edler Schwan, hieher,
vornehmster der Bügel, komm' und rette mich ans der Gefahr, in

die mich ein heimtückischer Neider gestoßen hat, als ich eben daran
war, das tiefste Geheimnis des Lebens zu enträtseln, dessen Ent-
deckung er mir nicht gönnen wollte! Komm' herbei, edler Schwan,
Liebling der Götter und Dichter, dir allein will ich es enthüllen!"

Und die Gans, sehr geschmeichelt, für einen Schwan gehalten
zu werden, schwamm ans Leibeskräften herzu. Der Fuchs, der sie

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Reineke, der Philosoph"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Reinicke, Emil
Entstehungsdatum (normiert)
1915 - 1915
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Reineke Fuchs
Fuchs <Motiv>
Enten <Unterfamilie>
Widder
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 142.1915, Nr. 3642, S. 235

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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