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se» den Schleier — und der Kalif sah vor sich
der wüste, der ihm den Dolch vor die Augen
„Ich bin es! Rennst Du die grüne Fliege?

„Ich kenne sie I" ent-
gegnete der Fürst ohne
Furcht, „hältst Du Lsin-
terlist Deiner und
meiner sür würdiger
als Ü b e r f a l l? l"

Mit scharfein Ruck
riß der Unbekannte fein
Roß herum und sauste
zurück, woher er gekom-
men. Als er wieder vor
der Pforte hielt, sprang
er herab, half dem Ka-
lifen aus dem Sattel,
öffnete die kleine Türe
und sprach: „Zum drit-
ten Male ivirst Du
selber zu mir ko>n.-
menl" — Darauf ritt er
von dannen.

Der Kalif begab sich
in den Palast zurück und
ließ sich ungesäumt in
den Kerker führen, in
dem seit den Tagen des

vor einem verbor-
genen Pförtchen,
das dem Fürsten
noch nie anfgefal-
len war, und öff-
nete es. Da stand
der Kalif mit
wenigen raschen
Schritten an ihrer
Seite, umspannte
ihr ksandgelenk
und fragte ver-
wundert, doch
ohne Zorn: „Un-
bekannte, sprich,
wer bist Du?l"
Noch hatte er
kaum geendet, da
umschlangen ihn
zwei starke Arme
und hoben ihn auf
ein Roß, das vor
der Pforte auf der
abgelegenen bfeide
hielt. Mit einem
Sah faß diefremde
Gestalt hinter ihm
im Sattel, wäh-
rend das Pferd in
rasender Eile quer-
feldein stob, lüftete
das seltsame We-
den Jüngling ans
hielt und sprach:

Frühlings — jetzt fiel
das gelbe Laub von
den Bäumen - Scheich
Achined schmachtete.

Erschauernd folgte der
Fürst, der noch nie in
diesen modrigen nacht-
schwarzen Räumen
gewesen war, dem
Wächter, der mit dun-
kel glimmender Fackel
vor ihm herging —
erschauernd sah er das
stolze bleiche Antlitz
des Gefangenen, aus
dem ihm zwei Falken-
augen entgegenglüh-
ten. Der Kalif winkte
dem Wächter, hin-

anszutreten, und schloß die Pforte hinter sich. Nur ein matter
Schimmer des fernen Tageslichtes fiel in den engen dumpfen
Kerker. — Stunden verstrichen. Dann kehrte der Fürst zurück —
und ein anderer schritt an seiner Seite, wenige Minuten später
trabten zwei Rosse aus dem palaste durch abgelegene Straßen
der wüste zu.

Scheich Achmeds Bruder stand vor seinem Zelte und hielt
die ksand über die Augen. Plötzlich griff er nach dem Zügel
des neben ihm grasenden ksengstes, warf sich auf den Rücken des
Pferdes und sprengte ostwärts.

Mitten in der wüste trafen sich die drei.

„Du siehst" — sprach der Kalif — „ich folge Deinem Wunsche:
Zum dritten Male komme ich selbstl Ich bringe Dir
Deinen Bruder. Er ist frei; denn er war schuldlos. Des Kalifen
Freundschaft mag Euch für das Unrecht seiner ksäschrr entschädigen l"

Und sie ritten neben ihm bis vor die Tore der Stadt. Dort

erhob der Scheich zuni
Gruße die Hand und
kehrte schweigend zurück
in die wüste. Sein Bru-
der aber hielt noch einen
Augenblick vor dem Für-
sten, löste den Dolch aus
dem Gürtel und über-
reichte ihn dem Kalifen,
„wenn Du jemals mei-
ner Hilfe bedarfst — sende
ihn mir: Mein Leben für
Deinesl"

„Bleib' bei mir!"
sagte der Kalif. „Du
sollst der erste meiner
Freunde sein und meine
Macht mit mir teilen I"
Da lächelte der Sohn
der wüste und wendete
sein Roß. „Dir die
Macht" — rief er und
sprengte von dannen —
„mir die FreiheitI"

w. Herbert.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die grüne Fliege"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Verschlagwortung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Mühlberg, Georg
Entstehungsdatum
um 1917
Entstehungsdatum (normiert)
1912 - 1922
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Weltkrieg <1914-1918>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 146.1917, Nr. 3749, S. 262

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