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«ie Dämmerung (d)leicbt in's Gemach
Und Mt den tag verklingen. —
Mein Pfeifchen glüht, so nach und nach
Schlingt (ich ein Kreis von Ringen,
fln den Gardinen ftrcicht’s entlang
Wie feiner, ferner geigenlang.

gsv ^Ziineckkabak. yso

Dehnt (ich mein altes Zimmer leis?
Da blinken Spiegel, Lichter,

Da winken Rahmen, ßold und Weih,
Und fröhliche Gelichter.

Der Boden glättet (ich voll Glanz
Und kichert unter m Walzertanz.

Und 5äd)er[piel und bunter Jrack
Umgaukelt mich im Reigen —

Wie schmeckt mein neuer Rauchtabak
So wunderfam und eigen!

Id) greife fragend mich am Schopf,
Pardauz 1 . . da liegt der Pfeifenkopf.

Dun i(t es mit dem Schmauchen aus,
Das Zauberbild verschwunden,

Doch in der Jftdje hab’ ich kraus

Gin — Buchenblatt gefunden.

Das Rätsel löst (ich dergestalt:
„Geschichten aus dem Wiener Wald!“

Krampus.

VerWechsl u lt g.

„. . . Mein Manu ist zu zerstreut. Dem Dienstmädd)eir wollte er eine Ohrfeige geben, gibt sie aber ü: Gedanken
mir — als er dann seinen Irrtum wahrnimmt, iviil er ihn mit einem Kuß wieder gntmachen, gibt diesen aber dem
Dienstmädchen!"

/jSflrtfel Balduin war ein sehr netter Mensch, wie es wenige auf
der Melt gibt. Und das will dod) gewiß viel heißen. Dem:
es gibt ja zweifelsohne eine ganze Menge netter Menschen auf der
Erde. Man brand)t dod) nur selber in den Spiegel zu sehen.
Gnkel Balduin aber war, wie gesagt, sd)on ganz besonders nett.
Diesem Umstand verdankte er eine Anzahl vor: freunden unb Be-
kannten, zu denen außerdem schon von lsans aus eine Reihe von
Reffen, Tanten, Basen, Gevattern, Muhmen und anderen ver-
wandten aller Grade und Arten hinzutrat.

Kehr Wunder also, daß er zu Weihnachten, in der Wod)e
zwischen dem Thriftsest und Reujahr, am Silvesterabend und am
ersten Januar selbst viele, viele Besud)e empfing, von denen niemand
mit leeren lsänden kam. Denn es hätte doä) zu sd)lecht ausgesehen
vor dem lieben Gnkel selber und vor all' den anderen, die ihn be-
snchten, wenn man ohne Gabe gekommen wäre. Und er nahm sie
alle, die Gesd)enke der Liebe und Freundschaft — große und kleine —
mit einem gleich freundlichen, beinahe verlegenen Lächeln: „Aber
das ist dod) wieder zu viel! Id) sag's halt: Du vergißt mid) nid)t.
Das habe ich vorher sd)on gewußt. Aber gleid) so 'was!"

Behutsam mit liebe-
voller ksand trug er dann
das Gefd)enk nad) seinem
Schrank und kramte in
diesem. Daraus brachte
er ein kleines Etwas her-
bei, in Papier eingewik-
kelt, und meinte mit ge-
heimnisvoller Schalkheit:

„Du weißt schon: Ich
war von jeher ein ab-
sonderlicher Mensd), und
mit den Jahren prägt
sich das noch mehr aus.

Was soll ich aud) Dir

geben? Überhaupt Euch allen?! Ihr habt ja, was Ihr braucht. -
Es ist also bloß ein Lebkuchen — nur ein Lebkuchen, den id) Dir gebe
und den andern aud). Aber" — er dämpfte die Stimme ein wenig —
„es hat dod) seine besondere Bewandtnis mit diesen Lebkuchen: In
einen davon ist etwas hineingebacken — etwas, was den,
der es erhält, sicher sehr freuen wird. Ich habe ihn nid)t gekenn-
zeid)net, weil iä) niemand kränken und keinen eifersüä)tig machen will.
Aber hoffentliä) bist Du der Glücklid)el Id, würde es Dir gönnen."

Uird jede und jeder von den Empfängern und Empfängerinnen
eines Lebkuchens ging glücklichen Rerzens uird dankbar von damren
in der Überzeugung, daß es dem guten (Dnkel ganz besoirders nahe-
stünde, was für später einmal ehre sehr angenehmeAussicht eröffnete.
Demr auch der gepflegteste und beste (Dübel lebt ja in diesem irdischen
Jammertal nun einmal nid)t ewig und man sagte sich, daß Gnkel
Balduin ein sd)önes Stück Geld auf der Seite hatte. Also konnte
man mit denr Glückslebkuchen gewissermaßen noch weiterhoffen.

Wer aber den Glückslebkuchen empfangen hat und was hi
ihn hineingebacken war, hat ine jemand erfahren. Der vermutungerr
darüber waren es ja so viele wie die bekannten Sandkörner anr
Meere: Ein nigelnagelneues Goldstück, sagten die einen, oder ein
uralter Dukaten, die airderen. Gder ein wertvoller Edelstein. Gder
ein seltener Ring. Gder sonst etwas. Kurz und gut, man mun-
kelte allerhand und einer immer etwas Besseres als der andere.

Aber der Empfänger des Schatzes verriet sid) nid)t. Unter
keinen Umständen. Wenn einer oder eine von den Lebkuchen-In-
habern und -Inhaberinnen einander be-
gegneten, regnete es allerdings offene
und versteckte Fragen und Andeutungen.

„Ra, Du warst dod) auch bei Gnkel
Balduin?!" — „wie werde ich nid)t?I
Selbstverständlich! Und Du?I" — „Na-
türlich I Natürlich! Und wie hat er Dir
denn geschmeckt — der Lebkuchen?!"

„Ijnrl Ausgezeichnet! Der Gnkel läßt
nid)ts Schled)tes backen 1" — „Und hast
Du 'was darin gefunden?!" — „G!

GI Wer wird denn so neugierig sein?!
wollte?! Gder hast Du am Ende. . .?>"
scharf und gespannt das Mienenspiel des andern. Aber keines
verriet sich. Jedes läd)elte bloß geheimnisvoll mit einem gewissen
Vorbehalt — und wenn sie auseinandergingen, so sahen sie sich noä)
unbefriedigt und neugierig nacheinander um. Kurz und gut, man

Als ob ich Dich fragen
Eins beobachtete dabei

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Onkel Balduins Lebkuchen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Verschlagwortung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stockmann, Hermann
Entstehungsdatum
um 1918
Entstehungsdatum (normiert)
1913 - 1923
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Weltkrieg <1914-1918>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 148.1918, Nr. 3781, S. 18

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