»E nospender Wälder
JL*V Besonnte Wipfel.
Um Bcrgeogipfel
Der säuselnde West.
Saatgrüne Felder
Ostern.
Und Lerchenlieder -
Sie alle wieder
Grüßen dich,-leuchtendes
Osterfest!
Uber den Dächern
Aündet's der Glocken
Helles Frohlocken
Dem lenzenden Land.
In den Gemächern
Lauschen sie alle
Dem süßen Schalle
Und heimlich faltet
Sich Hand in Hand
was auch die Herzen
An Leid betroffen,
wie neues Hoffen
will sie's durchweh'» - lstun alle Gärten
Und wir verschmerzen wie junge Bräute
Dev winters Härten, In Blüte steh'n.
I. Kjf«.
Götterlaunen.
er große Mifchnu, der mit untergeschlagenen Beinen saß
und die Weltkugel drehte, besann sich plötzlich und ließ
einen Augenblick die Isand ruhen. I" atemloser Span-
nung blieb für eine kurze Meile die Welt stehen. Die winde
schwiegen. Die Käfer krabbelten nicht niehr. Die Sterne hingen
tot am ksimmel und die Sonne gab das Strahlenversenden auf.
Da senkten die Blunicn die Köpfe. Die Kirschen stockten im Reifen
und der Meise, der sich halbnackt im Glutschein geräkelt hatte,
stolperte zähneklappernd in die ksütte und wickelte sich in seinen
Schafpelz. Das Lachen der Freude verstunmitc und die Tränen des
Schmerzes gerannen zu Eispcrlen.
Jäh erwachte der große Mischnu aus seiner Träumerei und
gab mit starkem Finger der Meltkugel die Bewegung wieder. Aus
seinem feierlichen Gesicht zeigte sich ein lauernder und hinterlistiger
Zug. Denn er drehte nach einer anderen Richtung: Die ganze
lvclt ging verkehrt.
Der arme Paria schwang sich aus den Thron und der Kaiser
irrte unansehnlich und' hungernd durch den Schilfschlamm. Das
Kaninchen fraß die zitternde Riesenschlange. Der Löwe verfolgte
den brüllenden Jäger. Der Fellache setzte sich in die Kutsche und
die vornehme Dame, die eben noch fächerspielend darin geruht hatte,
spannte sich seufzend vor und rannte mit keuchendem Atem über
die staubige Straße.
.. . Der Sekretär Spritzfeder kani heim, ging in die Küche,
schöpfte den Schaum von den Knödeln, zankte mit der Köchin, weil
sie nicht genug gesalzen waren, und band sich nnt wichtiger Miene
die pausschürze vor. Seine Frau setzte sich mit schwerem Krach
in die Grube des Kanapees, nahm die Zeitung, schimpfte über die
Politik und warf dann plötzlich Blatt und Brille beiseite und
prügelte die Buben durch.
Fräulein Gisy stieg auf dem Parkwcg dem jungen Reallehrcr
nach, der mit züchtigem Erröten vor ihr floh. An einer Frühlings-
wiese blieb er stehen und rupfte mit zagem Finger eine Gänse-
blume aus: „Sie liebt mich — ziemlich — ein wenig — gar
nicht!" So zählte er, schluchzte laut auf und setzte sich verzweifelt
auf eine Rasenbank. Fräulein Gisy folgte, vor sich selbst schaudernd,
einem unwiderstehlichen Zwang, kniete plötzlich vok ihm nieder und
stotterte schwärmerisch: „Ach, nur ein einziges Wort, Lwiggeliebter!
Eine einzige Silbe nur oder ich gehe ins Wasser I"
weiß Gott, ob sic es nicht getan hätte, wenn nicht plötzlich
der sonst so kühne kfausdackel Maldl mit jämmerlichem Gehen!
über die wiese dahergeflohen wäre, verfolgt von einen, jungen
frechen Hendl, das sich fortgesetzt bemühte, ihm den Schwanz aus-
zureißen. Der Flurwächter schrie mit emporgehobenen Händen und
fiel dann ohnmächtig ins Gras. Die Zofe, die den Dackel spazieren-
führen niußte, zog den Notizblock heraus und schrieb das Hendl
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JL*V Besonnte Wipfel.
Um Bcrgeogipfel
Der säuselnde West.
Saatgrüne Felder
Ostern.
Und Lerchenlieder -
Sie alle wieder
Grüßen dich,-leuchtendes
Osterfest!
Uber den Dächern
Aündet's der Glocken
Helles Frohlocken
Dem lenzenden Land.
In den Gemächern
Lauschen sie alle
Dem süßen Schalle
Und heimlich faltet
Sich Hand in Hand
was auch die Herzen
An Leid betroffen,
wie neues Hoffen
will sie's durchweh'» - lstun alle Gärten
Und wir verschmerzen wie junge Bräute
Dev winters Härten, In Blüte steh'n.
I. Kjf«.
Götterlaunen.
er große Mifchnu, der mit untergeschlagenen Beinen saß
und die Weltkugel drehte, besann sich plötzlich und ließ
einen Augenblick die Isand ruhen. I" atemloser Span-
nung blieb für eine kurze Meile die Welt stehen. Die winde
schwiegen. Die Käfer krabbelten nicht niehr. Die Sterne hingen
tot am ksimmel und die Sonne gab das Strahlenversenden auf.
Da senkten die Blunicn die Köpfe. Die Kirschen stockten im Reifen
und der Meise, der sich halbnackt im Glutschein geräkelt hatte,
stolperte zähneklappernd in die ksütte und wickelte sich in seinen
Schafpelz. Das Lachen der Freude verstunmitc und die Tränen des
Schmerzes gerannen zu Eispcrlen.
Jäh erwachte der große Mischnu aus seiner Träumerei und
gab mit starkem Finger der Meltkugel die Bewegung wieder. Aus
seinem feierlichen Gesicht zeigte sich ein lauernder und hinterlistiger
Zug. Denn er drehte nach einer anderen Richtung: Die ganze
lvclt ging verkehrt.
Der arme Paria schwang sich aus den Thron und der Kaiser
irrte unansehnlich und' hungernd durch den Schilfschlamm. Das
Kaninchen fraß die zitternde Riesenschlange. Der Löwe verfolgte
den brüllenden Jäger. Der Fellache setzte sich in die Kutsche und
die vornehme Dame, die eben noch fächerspielend darin geruht hatte,
spannte sich seufzend vor und rannte mit keuchendem Atem über
die staubige Straße.
.. . Der Sekretär Spritzfeder kani heim, ging in die Küche,
schöpfte den Schaum von den Knödeln, zankte mit der Köchin, weil
sie nicht genug gesalzen waren, und band sich nnt wichtiger Miene
die pausschürze vor. Seine Frau setzte sich mit schwerem Krach
in die Grube des Kanapees, nahm die Zeitung, schimpfte über die
Politik und warf dann plötzlich Blatt und Brille beiseite und
prügelte die Buben durch.
Fräulein Gisy stieg auf dem Parkwcg dem jungen Reallehrcr
nach, der mit züchtigem Erröten vor ihr floh. An einer Frühlings-
wiese blieb er stehen und rupfte mit zagem Finger eine Gänse-
blume aus: „Sie liebt mich — ziemlich — ein wenig — gar
nicht!" So zählte er, schluchzte laut auf und setzte sich verzweifelt
auf eine Rasenbank. Fräulein Gisy folgte, vor sich selbst schaudernd,
einem unwiderstehlichen Zwang, kniete plötzlich vok ihm nieder und
stotterte schwärmerisch: „Ach, nur ein einziges Wort, Lwiggeliebter!
Eine einzige Silbe nur oder ich gehe ins Wasser I"
weiß Gott, ob sic es nicht getan hätte, wenn nicht plötzlich
der sonst so kühne kfausdackel Maldl mit jämmerlichem Gehen!
über die wiese dahergeflohen wäre, verfolgt von einen, jungen
frechen Hendl, das sich fortgesetzt bemühte, ihm den Schwanz aus-
zureißen. Der Flurwächter schrie mit emporgehobenen Händen und
fiel dann ohnmächtig ins Gras. Die Zofe, die den Dackel spazieren-
führen niußte, zog den Notizblock heraus und schrieb das Hendl
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ostern"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1918
Entstehungsdatum (normiert)
1913 - 1923
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)