Bim Bam.
((Eine altindische Sage.)
m Meeresstrande saß der weise Musa und dachte. Nur hin
und wieder entschlüpfte seinen Lippen ein kaum vernehmbarer
Laut. Ehrfürchtige Wanderer, die an ihm vorüberschlichen, um ihn
nicht in seinen tiefen Gedanken zu
stören, hörten, wenn sie ganz genau
hinlauschten, die rätselhaften Worte:
„Bim Bam!" — „Bim BamI" —
„Bim BamI"
Niemand wußte sie zu deuten.
Aber gerade deshalb wuchs der Ruf
von der Weisheit Musas immer
mehr und mehr — und viele gingen
des Weges, nur um ihn von ferne
zu sehen und sich an seinem An-
blick für ihr eigenes Sinnen und
Trachten, Denken und Handeln zu
stärken.
Lines Tages aber geschah es,
daß Muss ganz allein am Meeres-
strande saß. Denn es war unge-
messen heiß und niemand wagte sich
ins Freie. Da kam Iujah, der in
vielen Zauberkünsten erfahren war,
des Weges. Denn er liebte die Hitze
sehr, weil er häufig ein schmerzhaftes
Reißen im Rücken fühlte, für das
Sonnenglut am ehesten Linderung
versprach.
jZujah setzte sich neben den Greis, ließ sich von dem Lichte
bestrahlen und schwieg.
Nachdem er aber etliche Stunden geschwiegen hatte, sprach er:
„Warum, o Musa, sagst Du denn immer: „Bim Bam!" — „Bin,
Bam I" ....?" — Lange gab ihm der Weise keine Antwort.
Endlich schlug er die Augen auf und erwiderte: „j)ch weiß es
nicht!"
„So würde ich es eben bleiben lassen!" meinte Jujah.
„Das kann ich nicht!" entgegnete Musa. „Line unwidersteh-
liche Gewalt zwingt mich immer wieder dazu, diese Worte zu
flüstern und ihrem tiefen Sinne nachzugrübeln. w as ist es ni i t
ihnen? welches Rätsel verbergen sie?"
„Warum sollen sie denn ein Rätsel verbergen?" lächelte
sZujah. „Sie verbergen nichts. Ein paar ganz einfältige kin-
dische Worte sind es — nichts weiter!"
„GIG! G!" sagte Musa entrüstet. „Du irrst. Line Stimme
in mir verkündet mir, daß es die weisesten aller Worte sind,
die es gibt, daß sie das Rätsel der Rätsel enthalten, daß sie
das welträtsel umschließen. Wer cs löst, der weiß alles, der
kennt das Ende aller Dinge!"
„Und ich will es lösen! Ich muß es lösen!" rief er
lebhafter und erhob sich. „V, daß ich die Sprache der Tiere
verstünde, der ältesten Tiere, die auf Erden leben I vielleicht
ist von ihnen einem bekannt, was ein Mcnschenhirn noch nie
ergründen konnte."
„Wenn es nichts weiter ist als das" — sagte Iujah ver-
gnügt — „so soll Dir geholfen werden. Ich verstehe die Kunst,
den Menschen in ein Tier zu verwandeln!"
Und sieh I Er schnippte mit den Fingern — da war
Musa ein riesengroßer uralter Elefant, der sich in das Dickicht
trollte und zehn Jahre bei allen übrigen Elefanten herum-
frug. Aber keiner wußte ihm das geheimnisvolle Rätsel zu
lösen.
Als sie sich nach zehn Jahren unverrichteter Dinge wieder
fanden, verwandelte Jujah seinen Freund in einen Raben, den
man ja unter den Tieren von jeher als besonders klug geschätzt
hat. Um deswillen verzauberte er seinen Freund Musa in den
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((Eine altindische Sage.)
m Meeresstrande saß der weise Musa und dachte. Nur hin
und wieder entschlüpfte seinen Lippen ein kaum vernehmbarer
Laut. Ehrfürchtige Wanderer, die an ihm vorüberschlichen, um ihn
nicht in seinen tiefen Gedanken zu
stören, hörten, wenn sie ganz genau
hinlauschten, die rätselhaften Worte:
„Bim Bam!" — „Bim BamI" —
„Bim BamI"
Niemand wußte sie zu deuten.
Aber gerade deshalb wuchs der Ruf
von der Weisheit Musas immer
mehr und mehr — und viele gingen
des Weges, nur um ihn von ferne
zu sehen und sich an seinem An-
blick für ihr eigenes Sinnen und
Trachten, Denken und Handeln zu
stärken.
Lines Tages aber geschah es,
daß Muss ganz allein am Meeres-
strande saß. Denn es war unge-
messen heiß und niemand wagte sich
ins Freie. Da kam Iujah, der in
vielen Zauberkünsten erfahren war,
des Weges. Denn er liebte die Hitze
sehr, weil er häufig ein schmerzhaftes
Reißen im Rücken fühlte, für das
Sonnenglut am ehesten Linderung
versprach.
jZujah setzte sich neben den Greis, ließ sich von dem Lichte
bestrahlen und schwieg.
Nachdem er aber etliche Stunden geschwiegen hatte, sprach er:
„Warum, o Musa, sagst Du denn immer: „Bim Bam!" — „Bin,
Bam I" ....?" — Lange gab ihm der Weise keine Antwort.
Endlich schlug er die Augen auf und erwiderte: „j)ch weiß es
nicht!"
„So würde ich es eben bleiben lassen!" meinte Jujah.
„Das kann ich nicht!" entgegnete Musa. „Line unwidersteh-
liche Gewalt zwingt mich immer wieder dazu, diese Worte zu
flüstern und ihrem tiefen Sinne nachzugrübeln. w as ist es ni i t
ihnen? welches Rätsel verbergen sie?"
„Warum sollen sie denn ein Rätsel verbergen?" lächelte
sZujah. „Sie verbergen nichts. Ein paar ganz einfältige kin-
dische Worte sind es — nichts weiter!"
„GIG! G!" sagte Musa entrüstet. „Du irrst. Line Stimme
in mir verkündet mir, daß es die weisesten aller Worte sind,
die es gibt, daß sie das Rätsel der Rätsel enthalten, daß sie
das welträtsel umschließen. Wer cs löst, der weiß alles, der
kennt das Ende aller Dinge!"
„Und ich will es lösen! Ich muß es lösen!" rief er
lebhafter und erhob sich. „V, daß ich die Sprache der Tiere
verstünde, der ältesten Tiere, die auf Erden leben I vielleicht
ist von ihnen einem bekannt, was ein Mcnschenhirn noch nie
ergründen konnte."
„Wenn es nichts weiter ist als das" — sagte Iujah ver-
gnügt — „so soll Dir geholfen werden. Ich verstehe die Kunst,
den Menschen in ein Tier zu verwandeln!"
Und sieh I Er schnippte mit den Fingern — da war
Musa ein riesengroßer uralter Elefant, der sich in das Dickicht
trollte und zehn Jahre bei allen übrigen Elefanten herum-
frug. Aber keiner wußte ihm das geheimnisvolle Rätsel zu
lösen.
Als sie sich nach zehn Jahren unverrichteter Dinge wieder
fanden, verwandelte Jujah seinen Freund in einen Raben, den
man ja unter den Tieren von jeher als besonders klug geschätzt
hat. Um deswillen verzauberte er seinen Freund Musa in den
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Bim Bam"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1918
Entstehungsdatum (normiert)
1913 - 1923
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 150.1919, Nr. 3850, S. 184
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg