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und gehen schon aus. Du wirst sehen, bis wir heimkommen, sind
sie meist. Sie sind konsequent wie ich und machen, was sie ein-
mal Vorhaben. Sie sind kaput. Sie sind hin. Sie waren sehr teuer.
Und sie waren so schön. Und ganz eigenartig. Diese Vorwürfe da-
heim I ©, wäre ich nur nicht mitgegangen heut'I Mo Du nie einen
Schirni hast!"

„Du hast ja auch keinenI" rutschte es ihm heraus. Sie sah
ihn mit einem Blick an, der ihni jede Daseinsberechtigung absprach
und ihn sehr an das Gesicht ihrer Maina, seiner hoffentlichen zu-
künftigen Schwiegerniutter erinnerte. „Daruni solltest Du einen
haben!" sagte sie.

Schon bemerkte er mit Schrecken, wie rückwärts über ihren
reizenden Nacken sich ein azurblaues Bächlein gegen die weiße Bluse
herunterschlängelte. Einige hundert Schritte verfolgte er dieses Natur-
ereignis mit entgeistjgten Blicken. Dann plötzlich'stöhnte er: „Jetzt
ist es dort!" „Mer ist dort und wo dort ist er?!" keuchte sie
unter den, Dahineilen. „(D nichts I (>) nichts!" murmelte er und
nahm wahr, daß der blaue Bach sich in einer unregelmäßigen
Zickzacklinie über die weiße Bluse wand und sic mit zierlichen
Arabesken übermalte. Als er cmporschaute, sah er zu seinem Ent-
setzen in einer Entfernung von drei Zentimetern einen zweiten
Bruderbach entspringen und dem gleichen Ziele zneilen. Bis man
heimkam, war Irmas holder Rücken zweifellos in ein ganzes Stroni-
gcbiet von blauen Gewässern verwandelt.

„Eine Droschke! Gott sei Dank, eine Droschke!" rief er plötz-
lich und eine Zweizentnerlast stürzte ihm von seinem grambeladenen
lserzen. Er sprang, auf seine dünnen Pappeudeckelsohlcn und seine
Helle Bose nicht achtend, mitten durch Grün und Kraut, siel in einer
Drahtschlinge, verstauchte sich den Lust, stellte aber die Droschke so
rechtzeitig, daß er Irma eben noch hineinheben konnte, ehe ein
gewaltiger Platzregen nkedersauste.

Einen Augenblick atmeten sie beide auf. Ja, sie warf ihm sogar
ctneu kurzen, freundlichen, beinahe verzeihenden Blick zu. Dann
aber griff sie sofort nach dem lsut, leerte mit einem tiefen Seufzer
den schönen himmelblauen See, der sich in der Krempe gebildet
hatte, ans den Teppich und betrachtete ihre Rosen, Mie sie mit
der ksand darüberstrich, waren die Finger tiefdnnkelblau. „Es ist
aus!" wisperte si^ und ließ den Kopf in die Kissen sinken. Dabei
fühlte sie die unheilverkündende Nässe auf der Rückseite ihres jugend-
lichen Daseins. Sie fuhr entsetzt mit der lsand dahin. ,,(D!" rief sie.
„Natürlich nun auch dieBlusel Konsequent wie ich bin, werde ich
gleich am ganzen Körper blau sein!"

„Aber" riß ihm der Zorn heraus „wer wird denn auch
so dumme Blumen tragerr! Das macht eure weibliche Eitelkeit.
Rosen sirrd rot. Rosen sind weiß. Rosen sind gelb. Aber Rosen,
die blau sind, komisch das!"

„So?!" sagte sie. Ihr zartes Gesichterl glühte und das Feuer,
das aus ihren Augen lohte, erinnerte ihn wieder mit erschreckender
Lebhaftigkeit an das Temperament ihrer Mama, seiner hoffentlichen
künftigen Schwiegermutter. „So?! Dumm sind meine blauen Rosen?!
Li, das ist ja sehr interessant! Bitte, sprich nichts mehr! Ich bin
konsequent und weiß, was ich zu tun habe."

Sie legte die lqand auf den Türdrücker. „Die blauen Rosen
haben mir die Augen über Dein schwarzes Gemüt geöffnet!" zischte
sie und war, che er schnaufen konnte, aus dein Magen gesprungen
und aus die dort an, parkende haltende Straßenbahn geschlüpft.. ..

Ls war aus. Lr wußte es. Er kannte ihre felsenfeste Kon-
sequenz. Nach einer schlaflosen Nacht und einem entsetzlichen Morgen
wankte er nachmittags um halb drei Uhr zum Schillerdenkmal, der
Stätte so vieler glückseliger Augenblicke, von der er nun für immer
Abschied nehmen wollte.

Da — er glaubte, Gespenster zu sehen — da. . da stand sie
dort, lächelte ihn freimdlich an und streckte ihm die Band entgegen.

„Aber" — stotterte er — „aber . . bist Du mir denn nicht
mehr bös — wegen — wegen der blauen Rosen?"

„Ihr sonderbaren Männer !" sagte sie und schüttelte verwundert
den Kopf. „Du weißt doch, ich bin konsequent: Mie soll ich
Dir denn wegen der blauen Rosen bös sein — sie sind ja
gar nich t mehr blau. Also komm!" ....

„Wirklich komisch! Bekomm' ich du eben vom Gerichtsvoll-
zieher ei» Pfändungsschreiben — Und was für ein Poststempel
ist da anfgedrnckt? — „Haben Sie schon ein Postscheck-
konto?" . . .!"

Recht beruhigend.

Mieter: „Ich bin öfter abwcsetid — in dringenden Fällen
sorgen Sie wohl dafür, daß meine Sachen gerettet werden?“ - -
Vermieter: „O gewiß — wir haben ja für alles Nach-
s ch l ü s s c l."

Menschenkenntnis.

Die Menschen zu erkennen, dazu wird
Kein Mikroskop dir und kein Fernrohr taugen.

Nur schlichte Klugheit, kühl und unbeirrt,

Brauchst du dazu und ein Paar klare Augen.

®. s. W.

Gcnußsteigcru « g.

„Das ist aber schon eine prachtvolle Aussicht hier heroben."

„O, da müssen S'erst nv' a g'stöckcltc Milch dazu essen!"

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Haben Sie schon ein Postscheckkonto?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Verschlagwortung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Quidenus, Fritz
Entstehungsdatum
um 1918
Entstehungsdatum (normiert)
1913 - 1923
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 150.1919, Nr. 3852, S. 205

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