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D i e X- B c i n c.

Dopstelberuf.

„Sie haben Beine wie eine moderne Ehe/' — „Wieso?" — „Der neue Staatsanwalt soll ja früher Medizin studiert haben/'

„Nun — kaum beisammen, schon wieder auseinander." — „Ja, jaI Mir hat er erst neulich acht Monat' verschrieb'»."

Das Preismärchen.

%®}er weise, gestrenge und hoch-

gelahrte Meister Anapästus,
der die sürstliche Poetenschule
leitete, kam mißlaunig und ver-
drossen am Brunnen vorüber,
während seine Schüler rennend
und purzelbaumschlagend aus der
Haft der düsteren wände flohen.

„Mas ficht Euch an?" fragte
der Prinz, der mit seinem schweig-
samen freund in der Nähe lust-
wandelte.

„Eheu!" polterte Anapästus
zornig. „Diese verflixten Schola-
ren! Diese maledeiten Diszipuli I
Hab' ich da heute, sintemalen
des Kursus Ende herannaht, zur
Erprobung dessen, was ein jeg-
licher bei mir an holder Kunst
in sich gesogen, ihnen die Preis-
aufgabe gestellt, ein Märchen
zu schreiben, hoffend, daß sie mit
Feinheit und Geschick den Lehrer
erfreuen. Aber beim Zeus I Stümper sind sie alle, nichtsnutzige
handlanger, nicht wert, daß man seine Wissenschaft und Kraft an
sie verschwendet. Den Bakel sollte man sürnehmen und jeglichem

das Kamisol zerbläuen, bis er
in wohlgesetzten hexametris jäm-
merlich um Erbarmen schriee!"

„Li, seht dal" lächelte der
Prinz. „Ein Preismärchen!
weiß nicht, Magister, wie un-
sereiner vor Luch bestünde,
wenn er mit zu Euren Diszi-
peln zählte I"

Meister Anapästus warf ihm
verstohlen einen hochnäsigen und
geringschätzigen Blick zu und
krächzte, wenn schon mit Respekt,
so doch in heimlicher Bissigkeit:
„Euer Gnaden hochfürstliche
Poesei würde sicher ein ganz ab-
sunderhaft preisliches Gpus aus
dem Ärmel schütteln I"

Des Prinzen Auge flog mit
leisem Spott über den eingebil-
deten Musenwächter. „Ich würde
es vielleicht versuchen" — sagte
er — „ein Märchen zu schreiben
von der Frau Poesie selber. Als eine gar wundersame und
himmelsholde Prinzessin niöcht' ich sie schildern fern von Welt und
Menschen, in einer gründämmernden Schlucht gefangen und be-
wacht von einem alten bösen Drachen, der ihr Frei-
heit und Licht und Luft und all das Süße und Schöne
mißleidete, was weit im goldenen Leben singt und
lacht und jauchzt, verständlich einzig und allein dem,
der Hellen Auges ist und fröhlichen Gemüts. Und
einen jungen Helden möcht' ich erdichten, ausgestattet
mit Sonntagsaugen, einem Sonntagsherzen, blinken-
dem Schwert und. glänzender Rüstung, der hinaus-
zöge in das klingende lockende Leben ohne jed' ander'
Ziel als der Sehnsucht nach dem herrlichsten auf
Erden. Und nach tausend schweren Gefahren, die er
mir bestehen müßte, führte den Ritter sein sehnend'
herzd hinunter zu den tiefen Gründen und mit
seinem starken Arm, dem jungen Mut in der Brust
und dem flanimenden Schwert bezwäng' er den ver-
schlafenen Neidwurm und befreite die Königin seiner
Lieder." ...

Die Brust des Prinzen hob sich höher, da er also
sprach. Der gelahrte Magister aber lachte hämisch,
nahm eine Prise aus seiner Dose und krächzte mit
knarrender Stimme: „Nicht übel! Just nicht übel I
Aber hall.» hochdero Gnaden'zu Gunst, wenn ich
mir subnnsseft erlaube, zu bemerken, daß ich unter
hochdero Preismär die Zensur setzen müßte, daß die
ganze Fabula nicht besonderlich neu wäre; auch
wollte mir der Geschmack der Dame nicht eben ivähle-
risch scheinen, wenn sie keinen: anderen unr den
hals zu fallen wüßte als just einem der naseweisen
Fante, wie sie bekanntlich in: Märchenland nach
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Das Preismärchen"
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Fliegende Blätter
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
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Maß-/Formatangaben

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Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Traub, Gustav
Entstehungsdatum
um 1918
Entstehungsdatum (normiert)
1913 - 1923
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
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Fliegende Blätter, 150.1919, Nr. 3853, S. 218

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