Also nicht wahr, Du warst mit Fritz am ksofgarteneingang — da
hat Dich Deine Tante Therese gesehen?"
Lin tiefer Seufzer. „Ia, leider!"
„Also gut! Sie ist aber kurzsichtig. Darauf baust Du Deinen
Plan. Du sorgst schon vorher, ehe sie Dich verklatschen kann, dafür,
daß man glauben muß, Du warst zur selben Zeit anderswo. . . ."
Milli sah mit starren Augen in diesen plötzlich sich öffnenden
Abgrund von Schlechtigkeit hinunter, der sich äußerlich sehr hübsch
mit ein paar übermütig funkelnden braunen Augen darstellte.
„Das trau' ich mich nichtI" stöhnte sie. „Nein, das trau' ich
mich nicht I"
„Gut! Dann trau' ich's mich!" rief Lollo entschlossen und
erhob sich.
Sie waren bei diesem ganzen Gespräch in Milli's Zimmer
gewesen. „Komm!" sagte die Verführerin. „Wir gehen jetzt zu
Deiner Mama herüber und dabei werfe ich so ganz nebenher ins
Gespräch, daß Du gestern nachmittags nach der Musikstunde zu
mir gekommen bist und von fünf bis sechs Uhr bei mir
warst! Ist das nicht ein wunderbares Alibi?! Ja, mein
Vetter Hugo, der Rechtspraktikant I"
Milli schlich mit einer Zentnerlast neben ihrer unternehmenden
Freundin her ins Wohnzimmer, wo sie von der ahnungslosen
Mutter der kleinen Sünderin vergnügt empfangen und in ein
Gespräch über den neuen grün und braun gesprenkelten Kleider-
stoff verwickelt wurden, den die Frau des Dauses nachmittags bei
einer Bekannten gesehen hatte.
„Ach jal" rief Lollo mit der Schlagfertigkeit eines Schauspiel-
sternes. „Das ist gerade so ein Stoff, wie wir ihn gestern vom
Fenster aus gesehen haben — weißt Du, Milli, wie Du nach Deiner
Musikstunde von fünf bis sechs Uhr bei mir warstI"
„Ial" seufzte Milli und senkte den Kopf, daß die Nasenspitze
auf ihrem Halsband auflag.
„So, so, da wart Ihr auch schon wieder beisammen? I Davon
hast Du mir ja gar nichts gesagt?" lächelte die Mutter und drohte
mit dem Finger.
Ls läutete. Wer war's?! — die Tante Therese!
Milli fühlte die Fittiche des Verhängnisses über sich rauschen
wie die Mörder in den „Kranichen des Idpkus".
Lollo lächelte - kühn, stolz: Das Alibi war da — jetzt
konnte die Tante Nachkommen.
Die gute alte Tante Therese tat aus einer gewissen Laune
heraus immer kurzsichtiger, als sie wirklich war. Sie hatte gestern
Ulilli und Fritz sehr gut erkannt. Aber nichts lag ihrem milden
Herzen ferner als verrat. „B je!" dachte sie niitleidig, als sie
jetzt das blutübergoffene Backfisch-Armesündergesicht mit dem ein-
gegrabenen Näschen sah. „Die meint wirklich, ich verkaufe sie.
Da muß ich ihr doch gleich einen deutlichen Wink geben und sie
beruhigen — selbst auf die Gefahr einer kleinen Notlüge I"
„Ah l" rief sie. „Da seid Ihr ja alle beieinander. Das freut
mich. Milli war zwar erst gestern abends nach ihrer Musik-
stunde von fünf bis sechs Uhr bei m i r I" . . .
Die beiden Mädchen standen bleich mit aufgesperrten Augen.
„Bei Dir?I" rief die Mutter. „Da war sie ja bei Lollol"
„Bei Lollo?I" . . . Die Tante starrte die beiden sprachlos an.
„Du, hör' einmal!" sagte die kluge Hausfrau und verbiß ihr
Lachen hinter einer ernsten Untersuchungsrichtermiene, „lv o und
bei wem warst denn Du eigentlich gestern nach der Musikstunde
zwischen fünf bis sechs Uhr?"
Da senkte die Schuldige die Nase noch tiefer in die Bernstein-
perlen und murmelten „Am Hofgartencingang bei Bnkels
Fritz!"
Die Mutter seufzte und strich ihr über den Scheitel. Sie dachte
an einstige eigene Lrlebnisse nach eigenen Musikstunden. Dann
wendete sie sich rasch und sagte zu der jüngeren und zu der älteren
Überführten: „Na, Ihr seid ja ein Paar nette Schwind-
lerinnen!"
„Ia, ich . . ." sagte jede von ihnen und schaute die andere
an. Am Schluffe lachten sie alle drei fürchterlich und Milli fand
es in ihrer Zerknirschtheit am besten, als vierte einzustimmen. . . .
„Du!" sagte am anderen Morgen Lollo zu ihrem Vetter Hugo,
dem Rechtspraktikanten. „Geh' mir mit Eurer Iuristereil Das
mit Deinem Alibi ist auch nichts. Lins tät's ja am Lnde noch.
Wenn sich dann aber unvermutet ein zweites dazu schlägt, da
kann man sich schön blamieren!"
Lr schaute auf die nächste Gaslaterne — ohne Verständnis,
aber sehr gekränkt. . . .
MW
cqn,- §
ßchau, schau, 's kloa Scbwalberl
unter m Vach
holt lür lein' Mörtel Sand
Und Ula[[er-Cröpferln drunt’ am
Bach —
Baut 's vesterl flink an d’ lüand.
Sei’ Weiber! richt't a Betteil her
Jür d’ Zeit, wanns Bruat’n kimmt -
Sliagt aufi, abi, kreuz und quer,
Bis alles uölli' stimmt.
]a, ’s Sdiwalberl hat (ei' häu(erl
g'fcbwind,
weil eahm (ei’ Platzerl g'rvist —
weil's 's Material am Bacher!
find't
Und (elber a Maurer is.
111, Lauterwein.
Aus einem Kinoprogramm.
Die Zahnschmerzen des Herrn Müller — auf besonderen Wunsch
bis Donnerstag verlängert.
Arg.
„No, Herr Rumpfel, was sagen Sie zu der Kohlennot?!" —
,,J' bitt' Jhnal Ma' kommt si' vor als wia a Kanari in der
Eiszeit."
281
hat Dich Deine Tante Therese gesehen?"
Lin tiefer Seufzer. „Ia, leider!"
„Also gut! Sie ist aber kurzsichtig. Darauf baust Du Deinen
Plan. Du sorgst schon vorher, ehe sie Dich verklatschen kann, dafür,
daß man glauben muß, Du warst zur selben Zeit anderswo. . . ."
Milli sah mit starren Augen in diesen plötzlich sich öffnenden
Abgrund von Schlechtigkeit hinunter, der sich äußerlich sehr hübsch
mit ein paar übermütig funkelnden braunen Augen darstellte.
„Das trau' ich mich nichtI" stöhnte sie. „Nein, das trau' ich
mich nicht I"
„Gut! Dann trau' ich's mich!" rief Lollo entschlossen und
erhob sich.
Sie waren bei diesem ganzen Gespräch in Milli's Zimmer
gewesen. „Komm!" sagte die Verführerin. „Wir gehen jetzt zu
Deiner Mama herüber und dabei werfe ich so ganz nebenher ins
Gespräch, daß Du gestern nachmittags nach der Musikstunde zu
mir gekommen bist und von fünf bis sechs Uhr bei mir
warst! Ist das nicht ein wunderbares Alibi?! Ja, mein
Vetter Hugo, der Rechtspraktikant I"
Milli schlich mit einer Zentnerlast neben ihrer unternehmenden
Freundin her ins Wohnzimmer, wo sie von der ahnungslosen
Mutter der kleinen Sünderin vergnügt empfangen und in ein
Gespräch über den neuen grün und braun gesprenkelten Kleider-
stoff verwickelt wurden, den die Frau des Dauses nachmittags bei
einer Bekannten gesehen hatte.
„Ach jal" rief Lollo mit der Schlagfertigkeit eines Schauspiel-
sternes. „Das ist gerade so ein Stoff, wie wir ihn gestern vom
Fenster aus gesehen haben — weißt Du, Milli, wie Du nach Deiner
Musikstunde von fünf bis sechs Uhr bei mir warstI"
„Ial" seufzte Milli und senkte den Kopf, daß die Nasenspitze
auf ihrem Halsband auflag.
„So, so, da wart Ihr auch schon wieder beisammen? I Davon
hast Du mir ja gar nichts gesagt?" lächelte die Mutter und drohte
mit dem Finger.
Ls läutete. Wer war's?! — die Tante Therese!
Milli fühlte die Fittiche des Verhängnisses über sich rauschen
wie die Mörder in den „Kranichen des Idpkus".
Lollo lächelte - kühn, stolz: Das Alibi war da — jetzt
konnte die Tante Nachkommen.
Die gute alte Tante Therese tat aus einer gewissen Laune
heraus immer kurzsichtiger, als sie wirklich war. Sie hatte gestern
Ulilli und Fritz sehr gut erkannt. Aber nichts lag ihrem milden
Herzen ferner als verrat. „B je!" dachte sie niitleidig, als sie
jetzt das blutübergoffene Backfisch-Armesündergesicht mit dem ein-
gegrabenen Näschen sah. „Die meint wirklich, ich verkaufe sie.
Da muß ich ihr doch gleich einen deutlichen Wink geben und sie
beruhigen — selbst auf die Gefahr einer kleinen Notlüge I"
„Ah l" rief sie. „Da seid Ihr ja alle beieinander. Das freut
mich. Milli war zwar erst gestern abends nach ihrer Musik-
stunde von fünf bis sechs Uhr bei m i r I" . . .
Die beiden Mädchen standen bleich mit aufgesperrten Augen.
„Bei Dir?I" rief die Mutter. „Da war sie ja bei Lollol"
„Bei Lollo?I" . . . Die Tante starrte die beiden sprachlos an.
„Du, hör' einmal!" sagte die kluge Hausfrau und verbiß ihr
Lachen hinter einer ernsten Untersuchungsrichtermiene, „lv o und
bei wem warst denn Du eigentlich gestern nach der Musikstunde
zwischen fünf bis sechs Uhr?"
Da senkte die Schuldige die Nase noch tiefer in die Bernstein-
perlen und murmelten „Am Hofgartencingang bei Bnkels
Fritz!"
Die Mutter seufzte und strich ihr über den Scheitel. Sie dachte
an einstige eigene Lrlebnisse nach eigenen Musikstunden. Dann
wendete sie sich rasch und sagte zu der jüngeren und zu der älteren
Überführten: „Na, Ihr seid ja ein Paar nette Schwind-
lerinnen!"
„Ia, ich . . ." sagte jede von ihnen und schaute die andere
an. Am Schluffe lachten sie alle drei fürchterlich und Milli fand
es in ihrer Zerknirschtheit am besten, als vierte einzustimmen. . . .
„Du!" sagte am anderen Morgen Lollo zu ihrem Vetter Hugo,
dem Rechtspraktikanten. „Geh' mir mit Eurer Iuristereil Das
mit Deinem Alibi ist auch nichts. Lins tät's ja am Lnde noch.
Wenn sich dann aber unvermutet ein zweites dazu schlägt, da
kann man sich schön blamieren!"
Lr schaute auf die nächste Gaslaterne — ohne Verständnis,
aber sehr gekränkt. . . .
MW
cqn,- §
ßchau, schau, 's kloa Scbwalberl
unter m Vach
holt lür lein' Mörtel Sand
Und Ula[[er-Cröpferln drunt’ am
Bach —
Baut 's vesterl flink an d’ lüand.
Sei’ Weiber! richt't a Betteil her
Jür d’ Zeit, wanns Bruat’n kimmt -
Sliagt aufi, abi, kreuz und quer,
Bis alles uölli' stimmt.
]a, ’s Sdiwalberl hat (ei' häu(erl
g'fcbwind,
weil eahm (ei’ Platzerl g'rvist —
weil's 's Material am Bacher!
find't
Und (elber a Maurer is.
111, Lauterwein.
Aus einem Kinoprogramm.
Die Zahnschmerzen des Herrn Müller — auf besonderen Wunsch
bis Donnerstag verlängert.
Arg.
„No, Herr Rumpfel, was sagen Sie zu der Kohlennot?!" —
,,J' bitt' Jhnal Ma' kommt si' vor als wia a Kanari in der
Eiszeit."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"S kloa Schwalberl"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1918
Entstehungsdatum (normiert)
1913 - 1923
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)