Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Oie kam den Berg berabgelprungen
Und hielt ein Sträubeben in der Rand.
Uergniigt bat fie dabei gelungen
Gin Liedchen, das mir wohlbekannt.

t)iü ^nenids.

llnfdiuldig streift ihr Blick den stillen
verträumten Sänger auf der Bank.

Sie tpringt ja nicht um (einetwillen
Und nur der Sehnfucht gilt ihr Sang.

So eilt tie fort; nichts hält (ie länger.

Laut jubelnd tänzelt (ie ins Cal.

Jtbnt (ie, dab hier ein fremder Sänger
Sie still dem Liebesgott empfahl?

I)an$ Rcidjicck.

Per vergrabene Set)alx.

Beloh nun g
10 01

Sebastian Hatte keinen Leind. Er be-

nen Schatz zu suchen.

'■*3 schloß aber trotzdem, sein Geld in
Sicherheit zu bringen. Denn die Zeitläufte
erschreckten ihn. Zuerst trug er es vierzehn
Tage in seiner Brusttasche. weil er in-
dessen las, daß in der Straßenbahn einem
Ejerrn die Briefmappe mit soundso viel
Mark abhanden gekommen mar, sah er ein,
daß ein Versteck an seinem eigenen Leib
nicht den Anforderungen entsprach, die er
für seinen Schatz aufstellen mußte.

Er benützte daher die nächste Nacht,
in seinem Junggesellenzimmer die entspre-
chende Unterkunft für diesen seinen papiere-
Lr verteilte ihn zwischen seine Klassiker.
Lin Viertel hinterlegte er in der großen Gartenkzene in Goethes
„Laust". Lin anderes bei „Egmond und Klärchen". wieder eines
im „weisen Nathan" in der berühmten Ringerzählung. Das letzte
im „Wilhelm Teil".

wie er sich dann aber, ziemlich erschöpft, auf sein Lager streckte,
kam ihm diese Art der Verwahrung des Geldes recht albern und
einfältig vor. Denn die Klassiker sind
längst so allgemeines Volksgut gewor-
den, daß man auch von einem nor-
malen Dieb annehmen kann, er werde
in momentaner Begeisterung danach
greifen und so die geheimnisvolle Lund-
grube irdischen Reichtums entdecken.

Sebastian stand also gegen Mitter-
nacht wieder auf, suchte die Gelder zu-
sammen, kroch unter sein Bett, legte
sich auf den Rucken und vergrub in

dieser mühsamen und unbequemen Situation die Banknoten zwischen
die Ledern der Matratze. Daun lächelte er, löschte das Licht aus
und sank bald in einen festen Schlummer.

Begreiflicherweise mar dieser Schlummer ziemlich unruhig.
Lr wälzte sich hin und her. Die Ledern ächzten. Lr träumte von

S3&

Linbrechern, die sich unter dem Bett
seines Geldes beniächtigten.

Schweißbedeckt erwachte er,
schlüpfte aus den Kissen, legte sich
wieder auf den Rücken und bohrte
in qualvoller Anstrengung die Wert-
papiere aus der Matratze, wobei er
einen Vnnderter ganz und mehrere
Zwanzigmarkscheine zum größeren
Teile in Letzen riß.

lsiljlos, beinahe verzweifelt irrte er in seiner Stube umher,
weder ein Sprung in der Tapete noch das Kaminrohr des Ofens,
nicht die Blumenstöcke anr Lenster schienen ihm sicher, noch die tiefste
Tiefe der Sahara, in der er — im Konversationslexikon — einen
Augenblick die Gelder verbergen wollte.

Lndlich, als schon der Morgen graute, sah er ein, daß auch
zu bsanse kein Bleiben für sein Geld war. Lr mußte es wohl
oder übel schweren lsierzens in die Natur hinaustragen.

So wartete er denn mit Bangen den Abend ab und begab
sich dann in die Anlagen. Dort — fünfzehn Schritte rechts von
einer nahen Bank, drei Schritte vor einer schlanken Birke und
zwei Schritte hinter einem sehr charak-
teristischen, vermoosten Stein — glaubte
er endlich den Platz entdeckt zu haben,
wo sein ruheloses Geld eine abgeschiedene
Ruhestätte finden könnte.

Lr zog den Rock aus, stülpte die
lqemdärmel hinauf und brachte ein
langes Stemmeisen hervor, mit dem er
den Boden bearbeitete. Nachdem er ein
Loch aufgewühlt hatte, groß und tief
genug, um einen ausgewachsenen Neu-
fundländer zu beerdigen, versenkte er unter innigen Glück- und
Segenswünschen das wohl in Wachsleinwand und Leder ver-
wahrte Päckchen in die Tiefe, schaute noch einmal scheu nach
allen Seiten und floh dann den Ort
der Tat, wie wenn er daselbst einen
Mord begangen hätte.

Die Zeit bis znm Morgen ver-
brachte er mit Lauschen, Horchen,

Lürchten und Hoffen deswegen, ob
ihn niemand gesehen, beobachtet und
den Plan gefaßt hätte, seinen Schatz
zu heben und damit zu verduften.

Da ihm aber nichts ausfiel als einige
flötende Nachtigallen und etliche
Raupen, die aus dem Halsausschnitt
seines Rockes krabbelten, so ging er
beruhigter heimwärts.

24 8
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der vergrabene Schatz"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Verschlagwortung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Roeseler, August
Entstehungsdatum
um 1918
Entstehungsdatum (normiert)
1913 - 1923
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 150.1919, Nr. 3856, S. 248

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
Annotationen