Denn da möcht' er a richtig's Buach daraus
macha,
Daß ma' >» d' Volksseel' tiafa ’tici' siecht nacha.
Bloß bringt er leider allwei' ncf g’mia 'raus.
Da sagt der Dachwirt an der Druck'» dransi':
„Zum Ge pp müasit's geh', zum G'moa-
hirt ans der Leit'n —
Oer woasi de G'schicht'n seit de ält'stenZeit'n!"
Voll Freud' rennt der Professor glei' drauf zua.
Der Gepp hockt unterm Oachbaam voller
Rnah'
Und dampft sei' Pfeifi stillvergnnagt in d'
Welt.
Do hat er kenna g'lernt in Wald und Feld.
Na' fangt er so schö' stad o' zum Dazähl'n
Don G'spenster, Ritter, Hexen, Zauberhöhl'n,
Don Drachen, Zwerg', G'hoambund und
Fehmgoricht.
er Herr Professor geht dranß auf 'm
Land
Mit'm Dleistift fleifii' überall umanand'.
Auf Weg und Gteg — wer kimmt, tnat
mi, er frag'»
W Nach alte Märchen, Geisterg'schicht'n,
Gag'n.
Dem Herrn Professor lacht g'rad' 's ganze
G'sicht.
Er schreibt und schreibt und arbet, dasi er
schwitzt.
Kaam hat er Zeit, dasi er an Dleistift spitzt:
A ganze Wocha ham s' so braucht dazua.
Na' is er hoamg'roast. Denn iaht hat er g'nua.
Wia abends drauf der Gepp sei' Diech hoam-
treibt,
Oer Äachwirt eigens steh' am Zaun dort
bleibt
Und sagt: „Hätt' gar net g'laabt, dasi O' s o
viel woaßt!
Dist do' vom Dorf no' nia weit wegag'roast.
Wo hast D's' denn g' sammelt — all de
alten G'schicht'n!?
Oer Herr Professor ko' gar net g'nua
b'richt'n!"....
„Da lacht der Gepp fidel. Na' sagt er stad:
Woasit D', Wirt, den Stadtfrack Hab' i' schö'
o' d r a h t!
Den größten Bären Hab' i'rahm aufbund'n:
Z' selber Hab' dös ganze Zeugs cr-
fu » d 'n!"
W. Herbert.
Urlaubsbries!
Lieber Mann!
Es geht mir gut. Ich habe in der stillen
Weltabgcschiedenheit dieses Dorfes mein bes-
seres Ich, meine Nervenruhe, mein seelisches
Gleichgewicht wieder gefunden. Ach, was
sind alle Genüsse der Großstadt? Was sind
überhaupt alle irdischen Genüsse? Tand,
nichts als Tand. Hier draußen erkennt man
die Nichtigkeit aller Wünsche, die drinnen in
der Hast des Menschengewühls täglich und
stündlich auf uns einstürmen. Hier senkt sich
wie Himmelstan das Gefühl der Vollkoni
menen Bedürfnislosigkeit in das Herz. Ich
bin überglücklich.
Deine Amalie.
P.S. Schick' mir sofort telegraphisch 200 Mk.!
Die Bescheidenheit.
Sie ziert das Alter und die Jugend,
Weshalb man stets sie lobend nennt —
Und dann ist sie die einzige Tugend,
Die man den andern wünscht und gönnt.
w. «. W.
Die Hauptsache.
„Ich brauche zum Schreiben immer
etivas Anregung, sei es ein Glas Wein oder
eine gute Zigarre. Und dies alles ist jetzt
kaum noch zu erhalten." — „Es fehlt Ihnen
also sozusagen der Gedanken mi st!"
Zeichen der Zeit.
„sstmsatteln" ist ein Schlagwort jetzt.
Ein Losungswort gewissermaßen:
Heut' satteln selbst die Leute um.
Die nie in einem Sattel saßen.
ITC. Lauterwein.
Der Herr Rollega.
W ist eine reizende Sommerfrische.
ITTatt hat dort gute llnterkunft. Schöne
Landhäuser zieren das prächtig gelegene Dorf
und das beste Publikum spricht in ihni zu.
Heuer ruht auch ein weltberühmter Tenor
hier auf seinen Lorbeeren aus. Lines Tages
schickt er ein Kleidungsstück zur Reparatur
zun, Schneider-Naz. wie derselbe es zurück-
bringt, erfährt der große Künstler von ihni
nach einigem Herumdruckscn, daß auch der
Naz ein Tenor ist und als solcher den Sec-
winkler Gesangverein schmückt.
Durch die nette Behandlung kühn ge-
worden, lädt der Naz den Sängerheros für
den Abend in den wirtsgarten ein, wo
der Verein ein Konzert gibt. Der virtuose
kommt, hört zu und applaudiert lebhaft bei
einem Solo seines Krawattltcnor-Berufs-
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macha,
Daß ma' >» d' Volksseel' tiafa ’tici' siecht nacha.
Bloß bringt er leider allwei' ncf g’mia 'raus.
Da sagt der Dachwirt an der Druck'» dransi':
„Zum Ge pp müasit's geh', zum G'moa-
hirt ans der Leit'n —
Oer woasi de G'schicht'n seit de ält'stenZeit'n!"
Voll Freud' rennt der Professor glei' drauf zua.
Der Gepp hockt unterm Oachbaam voller
Rnah'
Und dampft sei' Pfeifi stillvergnnagt in d'
Welt.
Do hat er kenna g'lernt in Wald und Feld.
Na' fangt er so schö' stad o' zum Dazähl'n
Don G'spenster, Ritter, Hexen, Zauberhöhl'n,
Don Drachen, Zwerg', G'hoambund und
Fehmgoricht.
er Herr Professor geht dranß auf 'm
Land
Mit'm Dleistift fleifii' überall umanand'.
Auf Weg und Gteg — wer kimmt, tnat
mi, er frag'»
W Nach alte Märchen, Geisterg'schicht'n,
Gag'n.
Dem Herrn Professor lacht g'rad' 's ganze
G'sicht.
Er schreibt und schreibt und arbet, dasi er
schwitzt.
Kaam hat er Zeit, dasi er an Dleistift spitzt:
A ganze Wocha ham s' so braucht dazua.
Na' is er hoamg'roast. Denn iaht hat er g'nua.
Wia abends drauf der Gepp sei' Diech hoam-
treibt,
Oer Äachwirt eigens steh' am Zaun dort
bleibt
Und sagt: „Hätt' gar net g'laabt, dasi O' s o
viel woaßt!
Dist do' vom Dorf no' nia weit wegag'roast.
Wo hast D's' denn g' sammelt — all de
alten G'schicht'n!?
Oer Herr Professor ko' gar net g'nua
b'richt'n!"....
„Da lacht der Gepp fidel. Na' sagt er stad:
Woasit D', Wirt, den Stadtfrack Hab' i' schö'
o' d r a h t!
Den größten Bären Hab' i'rahm aufbund'n:
Z' selber Hab' dös ganze Zeugs cr-
fu » d 'n!"
W. Herbert.
Urlaubsbries!
Lieber Mann!
Es geht mir gut. Ich habe in der stillen
Weltabgcschiedenheit dieses Dorfes mein bes-
seres Ich, meine Nervenruhe, mein seelisches
Gleichgewicht wieder gefunden. Ach, was
sind alle Genüsse der Großstadt? Was sind
überhaupt alle irdischen Genüsse? Tand,
nichts als Tand. Hier draußen erkennt man
die Nichtigkeit aller Wünsche, die drinnen in
der Hast des Menschengewühls täglich und
stündlich auf uns einstürmen. Hier senkt sich
wie Himmelstan das Gefühl der Vollkoni
menen Bedürfnislosigkeit in das Herz. Ich
bin überglücklich.
Deine Amalie.
P.S. Schick' mir sofort telegraphisch 200 Mk.!
Die Bescheidenheit.
Sie ziert das Alter und die Jugend,
Weshalb man stets sie lobend nennt —
Und dann ist sie die einzige Tugend,
Die man den andern wünscht und gönnt.
w. «. W.
Die Hauptsache.
„Ich brauche zum Schreiben immer
etivas Anregung, sei es ein Glas Wein oder
eine gute Zigarre. Und dies alles ist jetzt
kaum noch zu erhalten." — „Es fehlt Ihnen
also sozusagen der Gedanken mi st!"
Zeichen der Zeit.
„sstmsatteln" ist ein Schlagwort jetzt.
Ein Losungswort gewissermaßen:
Heut' satteln selbst die Leute um.
Die nie in einem Sattel saßen.
ITC. Lauterwein.
Der Herr Rollega.
W ist eine reizende Sommerfrische.
ITTatt hat dort gute llnterkunft. Schöne
Landhäuser zieren das prächtig gelegene Dorf
und das beste Publikum spricht in ihni zu.
Heuer ruht auch ein weltberühmter Tenor
hier auf seinen Lorbeeren aus. Lines Tages
schickt er ein Kleidungsstück zur Reparatur
zun, Schneider-Naz. wie derselbe es zurück-
bringt, erfährt der große Künstler von ihni
nach einigem Herumdruckscn, daß auch der
Naz ein Tenor ist und als solcher den Sec-
winkler Gesangverein schmückt.
Durch die nette Behandlung kühn ge-
worden, lädt der Naz den Sängerheros für
den Abend in den wirtsgarten ein, wo
der Verein ein Konzert gibt. Der virtuose
kommt, hört zu und applaudiert lebhaft bei
einem Solo seines Krawattltcnor-Berufs-
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Alte Geschichten"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1919
Entstehungsdatum (normiert)
1914 - 1924
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 151.1919, Nr. 3861, S. 44
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg