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Eine unheimliche Nacht.

Von Wolfram Wchucr.

zwischen anderen Töpfen auf de», Herd bemerkte. „Nun sieh doch,
was Du wieder angerichtet hast? Jetzt stehen die Blutegel gar
noch auf dem Berd!"

mäxchen kam strahlend und mit einen, großen, verdeckten Glas
in den schmutzigen Bänden von seinem Waldspaziergang
zurück. Dian hatte bereits seit einer Stunde auf den Sünder ge-
wartet. Der Denkzettel, den Mama dem Taugenichts verabreichte,
war wohlverdient. Dann ergriff sie hastig das mysteriöse Glas und
fauchte in die Küche; denn mit lautem Zischen hatte sich die Suppe

Nildrama.

„Sapperlot! Mir scheint, ich Hab' meinen Turnplatz doch
etwaö zu nah beim Nil aufgeschlagen. Jetzt kann mich nur mein
Talent retten."

auf den, Feuer bemerkbar gc-
uiacht.

Mama kam gerade noch zu-
recht, stellte schnell das Glas
beiseite und hob den Topf hin-
unter. Sie warf einen Blick auf
die Uhr und schrak zusammen:

„Mein Gott" — rief sie — „gleich
sieben — und Vater hat sich doch
noch den Flammery bestellt —
und die Fleischklößchen sind auch
noch nicht fertig!"

Das Glas mar vergessen
und stand auf dem Herd. Mama
hastete hin und her, holte Mehl
und Milch aus der Kammer,
schlug Tier und rührte mit ge-
übter Band den begehrten Pudding ein. Dann drehte sie das Fleisch durch
die Maschine, würzte, gab Brühe daran und machte sich viel zu schaffen.

Endlich war alles fertig. Der Flammery wurde abgekühlt und weg
gestellt. In dem Augenblick kam Mäxchen in die Küche geschlichen, sein
Ausdruck verriet deutliche Spuren von Weltschmerz. „Mutti" —

„wo hast Du denn nur das Glas hingestellt?" — „Welches Glas denn?"
war die Antwort.

„Aber Mutti!" rief Mäxchen verwundert. „Mein Glas mit den
beiden Blutegeln, die ich mit Paul zusammen im Teich gefangen habe.
Du hast es doch vorhin selbst ,nit hcrausgeuomnien."

Der Mama schien es zu dämmern. „Was sagst Du? Blutegel siud
darin? Ja, wo steht cs denn nun gleich? Aber Märchen, diese fürchter-
lichen Tiere darfst Du doch nicht mit nach Hause bringen. Hu, Blutegel!"
Sie schüttelte sich und stieß einen Schrei aus, als sie^ das Glas mitten

vorsichtig hob Mäxchen das Glas herunter und nahm das
Papier weg. Aber sein Gesicht wurde beängstigend lang, als er
hiueingeseheu hatte. „Mutti!" stammelte er erschrocken. „Du hast
wohl einen 'rausgenommen? Es ist ja nur noch einer drin!"

Mama hielt sich an der Stuhllehne fest, „Was sagst Du, nur
noch einer — und es waren bestimmt zwei?" Unwillkürlich hob
sie ihren Rock hoch und erblaßte.

„Natürlich waren es zwei!" antwortete Mäxchen. „Meiers
Paul hat nur einen gefunden, aber ich fischte zwei heraus!
Der kann eben erst ausgerissen sein!"

Mama schrie auf. „Mäxchen, wenn er hier herumkriecht I"
Gerade kam die dralle Mina vom Einkäufen zurück — und es
dauerte eine ganze Weile, bis sie wußte, um was es sich handelte.
Mina wurde bleich wie ein Leinentuch. „Ein Blutegel in der
Küchel" wimmerte sie und stieg auf einen Stuhl. ein

Blutegel I"

Mäxchen schlug vor, Licht zu machen; denn es war schon
ziemlich dunkel geworden und zum Suchen gehörte vor allen, Licht,
vorsichtig ging cs nun auf die Jagd. Mit spitzen Fingern hob
Mama den Deckel vom Suppentopf, mährend Mina mit dem Besen
unter Tisch und Schrank fuhr. Die Speisekammer durchstöberte wohl-
weislich Mäxchen und hatte darin viel Erfolg, wenn er auch den
Blutegel nicht fand.

Mina schluchzte vor Angst und sagte: „Gewiß ist er nun schon
in ein anderes Zimnier gekrochen. Wir müssen die ganze lvohnuug

durchsuchen." Während sie unter
alle Schränke leuchteten und die
Tische und die Uhren zur Seite
rückten, kam Vater heim.

Mäxchen hatte ihn, schon
auf der Treppe die Neuigkeit be-
richtet.

„Ihr seid doch aber auch
wirklich zu ängstlich." rief er und
konnte doch ein saures Lächeln
nicht unterdrücken. „Was ist
denn an einem Blutegel weiter
Gefährliches?" Trotzdem schüt-
telte er sich und schloß sich den
Suchenden au. Es war alles um-
sonst, man fand ihn nicht. End-

„Ja was ist denn das? Ich glaub' gar, der fangt in
meinem Äauch zu turnen an - das soll wahrscheinlich
ein Handstand sein..

„pfui Teufel! Was raucht denn der Mensch für einen a b -
scheulichen Knaster - der beißt einem ja 's Wasser
literweis aus den Augen. .. ."

rief er —

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Nildrama"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Pommerhanz, Karl
Entstehungsdatum
um 1919
Entstehungsdatum (normiert)
1914 - 1924
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 151.1919, Nr. 3873, S. 192

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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