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schneit seit zehn Tagen ohne Aufhören. So dick fallen
ll die Flocken, daß es nicht mehr hell wird. Schon gleich
g„r nicht in dem engen Söldnerhäusl am Dorfend',
? wo der Lcrgwald ansteigt. Der Solzer-Lenzl, der dort haust, sitzt
stumpfsinnig am lferd in der Küch' und würgt die immer dünner
werdenden lvassersuppen hinunter. Sein lveib hat das Reißen im
Fuß und liegt auf der Vfenbank, weil's in der Schlafkammcr zu
kalt ist, da sie dort auch unter dem Bett keine lvärmc mehr kriegt.
Lin Glück, daß die Resl den ganzen Tag fingt und pfeift..
Die Resl ist das achtzehnjährige Söldnerskind, das jetzt den ganzen
Haushalt zusammenflicken muß. Denn außer den Eltern ist nie-
mand da wie der fünfjährige Hansl und den kann nian ja noch
gar nicht rechnen. Lr hängt ihr den ganzen Tag am Rockzipfel
Ahrrstkindl.
und singt und springt hinter ihr drein von der Küch' in die
Kammer, von der Kammer in den niederen, kleinen, stockfinstern,
eiskalten Keller, wo sie beim letzten Kerzenstümperl das wenige
zusannnensucht, was noch an Vorräten da ist.
vor der Haustür steigt die Schneewand immer höher an. vor
drei Tagen war's ihr noch niöglich, sich durchzuschaufeln und aus
dem Dorf einen Laib Brot, einen Kübel Milch und ein Sackl Mehl
zu holen. Zwei Stunden hat sie zu dein lveg gebraucht, den sie
sonst in ein paar Minuten hin und her gelaufen ist. Alle Augen-
blick' ist sie so tief in den Schnee eingebrochen, daß sie allemal hat
meinen müssen, jetzt wär's schon aus auch mit ihr.
Heut', wie sie's noch einmal probiert, kommt sie nicht mehr
hinaus. Der Schnee steht wie eine Mauer vor der Tür. Der Vater
rührt und reibt sich nicht, Helfen könnt' vielleicht auch er nicht
mehr. Die kleinen Fenster sind schon längst überschneit und cs
^ist ganz finster und ewige Nacht geworden in: Söldncrhausl.
Bloß das dürftige Feuer im Herd wirft noch einen flackernden
roten Schein in die Küche und beleuchtet das bleiche Gesicht der
Mutter und die hartknochigen Backen des Vaters.
Linen Herzschlag lang meint die Resl, sie selber könnt' auch
nicht mehr Und müßt' zusammenbrechen, zu heulen anfangen
und sich zu den andern an den Herd setzen und stumpf werden
wie die. weil sie aber spürt, wie der arme Hansl an ihrer» Rock
hängt und reißt, sieht sie ein, daß alles nichts hilft. Sie muß
halt nun cinnial schon lachen und singen und pfeifen.
So lacht und singt und pfeift sie wieder weiter, bis cs ihr
aber schließlich doch beinah' wirklich das Herz abdruckt. Der
Hunger schlottert ihr schon im Knie und das warnie junge Blut
hebt langsam zunr Erfrieren an vor Not, LIend und Hoffnungs-
losigkeit. Gbcndrcin auch noch ist heut' lv cih na chtsab cn d
und der kleine Hansl, der das nicht vergessen hat über all der
Nacht und Finsternis, fragt sic alle fünf Minuten: „Resl, wann
konimt denn 's Ehristkindl? I" — „Gel', Resl, 's Ehristkindl
kommt ganz g'wiß?!" — „Aber, Resl, wie kann denn 's Ehrist-
kindl no' durch zu uns durch den Schnee?!"
„Frcili', Kaschpcrl patscheter!" lacht sie. „Schau', 's Christ-
kindl kann ja fliag'ir — dös fliagt halt beim Kamin cini!"
Gläubig schaut der Hansl in den schwarzen offenen Kamin
hinauf über dcni Herd. Er weiß ja nicht, daß der auch längst
.non
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"'s Christkindl"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1919
Entstehungsdatum (normiert)
1914 - 1924
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 151.1919, Nr. 3883, S. 306
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg