28 arum?!
arum worden Leute-Äoxer? ...
Nichts ist, was mich so verwirrt.
Nichts erscheint mir paradoxer,
Als wenn jemand Loxer wird.
Warum wird er's? . . Weil er leiblich
Ganz besonders stark gebaut?
Und deswegen unbeschreiblich
Gerne um sich haut?
Meint er, daß allein das Äoxen
Menschenwürdig sei und gut?
Hält er jeden für 'neu Ochsen,
Der was andres tut?
Sind's geheimnisvolle Triebe,
Denen er gehorchen muß?
Sind ihm überhaupt die Hiebe
Ein Bedürfnis, ein Genuß?
Glaubt er, daß die Körperteile,
Deren sich der Mensch erfreut,
Da sind, daß man sie verkeile
Und nach Möglichkeit zerbläut?
Hält er's etwa, sozusagen,
Für 'ne kulturelle Tat,
Alles kurz und klein zu schlagen,
Was sich seinen Fäusten naht? .
Nicht verhehl' ich's, ich zerquäle
Mir den Kopf schon Tag für Tag,
Wie in einer Boxerseele
Sich die Welt wohl malen mag?!
Nimmer los' ich diese Fragen -
Ach! Es macht mich ganz verwirrt . . .
Kann es mir denn niemand sagen,
Warum jemand Boxer wird?!
Sommerstorff.
Steuerangst. Spötter.
„Sag'n S', Herr Nachbar, muß ma'
jetzt d'Wahrheit aa' versteuern, weil
d' Leut' gar so viel lüg'n?"
E h r c u s c(j ulde tt.
fshniM an Dirndl steht vor dem „Ober-
wirt" und eine Menge fesche Burschen drum
herum. Drinnen im Tanzsaal stimmen die
Musikanten ihre Flöten und Geigen. Das
Scharmuzieren fliegt hin und her. Die
Augen blitzen. Die Lippen schwellen. Allen
lachen die Gesichter vor Tanzlust und Jugend-
freude.
Aber amssmeisten geht's halt doch um
die Moni. Die Moni ist die Schönste.
Sie ist die Stolzeste. Sie ist die Reichste.
Sie hat das „ärgste G'riß". Denn sie ist
zugleich die Lebenslustigste auch, das fröh-
lichste Dirndl, die beste Tänzerin.
Neidlos, weil sie nicht an die Moni
hin können, und doch voller Neid schauen
ihre Freundinnen zu, wie sie umworben
wird, wie sic an jedem Finger zehn Tänzer
hat, eh' noch das Tanzen beginnt, und
wie jeder brennt, wenn sie nur möchte, ein
G'spusi mit ihr anzufangen.
Ob sie wohl heut' mögen wird?! Und
mit wem?
Ihre stolzen Augen fliegen von dem einen
zum andern.
Da auf einmal werden diese dunklen
Augen größer und leuchtender als sonst.
„B'hüat' Enk Gott mitananda!" ruft sie
schnell. „Schulden zahl'n — für Enk
und mi'!"
Rasch eilt sie den Weg hinunter, wo
der Ander!, der einbeinige, am ganzen
Körper zitternde Kriegsinvalide, daherstelzt.
„Ander!!" sagt sie halblaut. „Gel', i'
derf mit Dir hoamgeh'n zu Dei'm Muatterl?
Komm I"
„Ich hörte, Ihr Bruder Karl will heiraten?" — „Nein, Fräulein Mini,
der ist bereits wieder außer Gefahr."
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arum worden Leute-Äoxer? ...
Nichts ist, was mich so verwirrt.
Nichts erscheint mir paradoxer,
Als wenn jemand Loxer wird.
Warum wird er's? . . Weil er leiblich
Ganz besonders stark gebaut?
Und deswegen unbeschreiblich
Gerne um sich haut?
Meint er, daß allein das Äoxen
Menschenwürdig sei und gut?
Hält er jeden für 'neu Ochsen,
Der was andres tut?
Sind's geheimnisvolle Triebe,
Denen er gehorchen muß?
Sind ihm überhaupt die Hiebe
Ein Bedürfnis, ein Genuß?
Glaubt er, daß die Körperteile,
Deren sich der Mensch erfreut,
Da sind, daß man sie verkeile
Und nach Möglichkeit zerbläut?
Hält er's etwa, sozusagen,
Für 'ne kulturelle Tat,
Alles kurz und klein zu schlagen,
Was sich seinen Fäusten naht? .
Nicht verhehl' ich's, ich zerquäle
Mir den Kopf schon Tag für Tag,
Wie in einer Boxerseele
Sich die Welt wohl malen mag?!
Nimmer los' ich diese Fragen -
Ach! Es macht mich ganz verwirrt . . .
Kann es mir denn niemand sagen,
Warum jemand Boxer wird?!
Sommerstorff.
Steuerangst. Spötter.
„Sag'n S', Herr Nachbar, muß ma'
jetzt d'Wahrheit aa' versteuern, weil
d' Leut' gar so viel lüg'n?"
E h r c u s c(j ulde tt.
fshniM an Dirndl steht vor dem „Ober-
wirt" und eine Menge fesche Burschen drum
herum. Drinnen im Tanzsaal stimmen die
Musikanten ihre Flöten und Geigen. Das
Scharmuzieren fliegt hin und her. Die
Augen blitzen. Die Lippen schwellen. Allen
lachen die Gesichter vor Tanzlust und Jugend-
freude.
Aber amssmeisten geht's halt doch um
die Moni. Die Moni ist die Schönste.
Sie ist die Stolzeste. Sie ist die Reichste.
Sie hat das „ärgste G'riß". Denn sie ist
zugleich die Lebenslustigste auch, das fröh-
lichste Dirndl, die beste Tänzerin.
Neidlos, weil sie nicht an die Moni
hin können, und doch voller Neid schauen
ihre Freundinnen zu, wie sie umworben
wird, wie sic an jedem Finger zehn Tänzer
hat, eh' noch das Tanzen beginnt, und
wie jeder brennt, wenn sie nur möchte, ein
G'spusi mit ihr anzufangen.
Ob sie wohl heut' mögen wird?! Und
mit wem?
Ihre stolzen Augen fliegen von dem einen
zum andern.
Da auf einmal werden diese dunklen
Augen größer und leuchtender als sonst.
„B'hüat' Enk Gott mitananda!" ruft sie
schnell. „Schulden zahl'n — für Enk
und mi'!"
Rasch eilt sie den Weg hinunter, wo
der Ander!, der einbeinige, am ganzen
Körper zitternde Kriegsinvalide, daherstelzt.
„Ander!!" sagt sie halblaut. „Gel', i'
derf mit Dir hoamgeh'n zu Dei'm Muatterl?
Komm I"
„Ich hörte, Ihr Bruder Karl will heiraten?" — „Nein, Fräulein Mini,
der ist bereits wieder außer Gefahr."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Spötter"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1919
Entstehungsdatum (normiert)
1914 - 1924
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 151.1919, Nr. 3883, S. 314
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg