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Fliegende Blätter — 153.1920 (Nr. 3910-3935)

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Nr. 3917
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https://doi.org/10.11588/diglit.4132#0068
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Gretchcn.

Don Dslar Kroll.

5S& s war um Sonnwend unb die letzten Wiesenblumen sanken
EXZ unter der Sense. So ganz von ungefähr hielt ich Rast in
dem Dorf.

Johannistag sagten die Leute und ich soll zu dem Sommerfest
hinüberschauen. Da ging' es hoch her. wie der berühmte Kapu-
ziner bin ich überall dabei, wo's hoch hergeht.

Heißa, jnchheial Dudeldumdei!...

Nun durch den Abend, vors Dorf hinaus, am spielenden
Wasser entlang, durch hohes Korn, daß ich nur mehr am bunten
Unkraut mich freuen konnte. Dann wieder durch Wald auf steinigem
Steig.

Ein Kuckuck. Dielleicht der letzte.

Und ich wünschte und wünschte.

wünschte mich mitten in ein Märchen, in Musik und Tanz,
unter fliegende Bänder und wimxelnde Mahnen, unter Menschen
mit Glück und Lroheit in den Augen. Und mich selber auch froh
und hell.

Und plötzlich war ich drin. Unter jubelnden, lachenden Men-
schen, in rauschender Musik, unter Kindern und Mädchen. Mädchen
mit braunen Gesichtern und bronzeglänzenden Armen, mit ge-
schnürtem Mieder, weißen Strümpfen und schwarzen Halbschuhen.

Lin großer Jubel. Sommersonnwende im abgeschlossenen Wald-
tal.'Nur ein Sprung von primelduftenden Rasen zu ernsten Tannen
und verträumten Schatten. Und langsam sank die Sonne der Jo-
hannisnacht zu.

Ich ließ mich tragen von den Mellen der Freude, schaukelte
durch das Gewirr und Gewühl brauner Gesichter, schwerer Berg-
stiefel und lachender Augen. Ziel- und wunschlos. Denn ich war ja . .

Auf einmal war ich Doktor Laust.

Sah niich selber gehen im spitzen Hut und fallenschweren,
schwarzen Mantel, mit Brillen und noch inimer ernster Miene.
Sah mich angestaunt und hörte hinter mir manchmal ein Tuscheln.
Und dort, gleich bei der Schaukel, ging . . .

Nein schwebte, wiegte sich, im blauen Kleid, mit dichtgewundnen
blonden Liechten, Gretchen.

Das leibhaftige Gretchen.

wie sie das Gesichtchen drehte, schaute ich in ein paar
wundersam blaue Augen . . .

Aber mir war nichts mehr wunderbar. Denn ich war ja
und sie war. . .

Der Tanz Hub an. Klarinetten und Llöte wirbelten über-
mütig in das flüssige Gold schwermütiger Geigen und ein Tello
schluchzte vor Wonne und Lust. Allerhand vogclzcug pfiff drein
und die paare drehten sich in Seligkeit.

Nur mehr ein Wunsch . . .

Und ich ging hinter ihr her; mein Herz tanzte nach dem
Spiel ihrer Hände und Augen den Reigen ihres Nackens. Die
Musik ihrer Bewegung, ihre Rede.

Jeden stieß ich beiseite, der mir im weg war, drängte und
drängte: nur mehr ein Wunsch. Ich fragte nicht mehr nach
dem woher des Wunders, irrte auch nicht aus meinem Traum,
als sie auf der Schaukel saß und jauchzte, als sie im Tanz mit
einem andern sich drehte.

wie ein Schatten hing ich an ihr.

Bis sie . . .

vor einer Stange standen die Männer und Burschen und
versuchten mit gewaltigen Schlägen auf einen prellblock das
blaue Männchen in die Höhe zu treiben, wie verrückt sanfte cs

auf und ab unter den festen Armen. Aber kaum einer brachte es
bis ans Ziel. Laut und toll ging es dabei her.

Gretchen, Gretchen. Du Blauäugige, Du Leine, Zarte. Mein
Gretchcn, was tust Du.

So schrie mein Herz. Aber ich hielt sie nicht mehr mit meiner
Sehnsucht.

Mit hochgehobneni Hammer stand sie vor dem Männlein. . .

Linen Augenblick war ich das Männlein. Und dann sauste
der furchtbare Schlag in mein Märchen, trümmerte all das Leine
und Schöne. Alles, alles.

Und ein Strom von Jubel und Lachen und Jauchzen brauste
über mich weg. voll Spott und Hohn.

Gretchen. . .

Spät stand ich allein auf der Höhe. von allen Gipfeln flammten
Leucr in die tiefe Nacht, vom Tal her kam Lust um Lust. Der
Lackelzug floß unter brennenden Buchen und lodernden Tannen
wie ein feuriger Strom. Musik klang ferner und ferner, manchnial
ein Jubelschrei von Schein zu Schein.

Aber keiner galt mir. So saß ich einsam auf der Höhe, bis
das letzte Leuer verglomm und die Nacht leer und einsam war.

Und ich verlassen.

Gretchen. Nun war sie irgendwo in der großen Johannis-
nacht und . . .

Line Sternschnuppe sauste durch den Grion.

Aber ich tat keinen Wunsch mehr.

Unsere f ch n c l l e b i g e Zeit.

„Ja, seh'n S', so g'schwind kann's geh'u, Frau Hilter,

um drei Uhr hab'n sie sich beim Georgifelsen im Freibad

kenna g'lernt und um fünf Uhr is sie wegen unglücklicher

Liebe scho' mit an andern in d' Isar gangal"

Zeitgemäße Ausgrabung.

In der Nähe von Spa wurde folgendes antike Relief ansgc-
graben:

67
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Zeitgemäße Ausgrabung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1920
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1930
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

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Fliegende Blätter, 153.1920, Nr. 3917, S. 67

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