Stübchen ist. Sie hört keinen Sturm, fühlt keine Kälte, sondern hat
sich willenlos ihrem Schmerze hingegeben. — Draußen ist es noch
schaurige Nacht. Der Sturm heult und treibt die Wolkenballen un-
heimlich schnell vorwärts. Unangefochten aber trägt der Tod den
alten Glöckner zum Himmel.
III.
Einige Tage sinh vergangen. Brtrud sieht oben ani Fensterchen
und schaut in den Hellen Tag hinaus. Freundlich lacht die Sonne
und erquickt die unten wie Spielzeug durch die Straßen hastenden
Menschen. Kinderstimmen dringen bis zum Turmstübchen hinauf,
überall herrscht Freude.
„V, schöne Welt, wie lieb ich dich. Immer will ich leben,
glücklich will ich sein und meinen armen Vater hier vertreten I Tod,
mit mir sollst du nicht fertig werden, ich trotze!"
Sie schaut nach der kleinen Uhr und begibt sich in den Glocken-
stuhl hinauf. Bald schwingen die Glocken und schicken ihre Töne
über die Stadt und das Land, Heller und reiner scheinen sic heute
zu klingen, als sollte es ein proteft gegen den Tod sein. Kraftvoll
und freudig zieht ivrtrud an den Tauen; aller Welt will sie ver-
künden, wie sehr sie das Leben liebt und den Tod haßt, alle sollen
sie es hören.
Da, plötzlich gibt oben der zwar dicke aber morsche Balken
nach, das Mädchen verliert den Halt und sinkt lautlos vom Glocken-
stuhl herab in die Tiefe, wo sie in die Arme einer hageren, schwarzen
Gestalt fällt. Noch einmal schlägt sie die Augen auf, schaut in das
Antlitz ihres gehaßten Feindes und spricht mühsam: „Nun hast
Du doch gesiegt!"
Die Glocken waren alsbald verstummt, früher wie sonst. Noch
scheint hell die Sonne und läßt durch ihr grelles Licht die Menschen
den Tod nicht sehen, wie er vor dem großen Buche sitzt und
höhnisch grinsend mit seinen dünnen Knochenfingern wieder ein
Blatt umschlägt.
Nord und S ü d.
„Die neuen Fernsprechgebühr'!:! So a Mordsgcld für ein Dreiminnteng'sprächI Da kommen auch wieder die
Berliner am besten weg!" — „Na, na, nur nicht ungerecht sein! Die müssen doch gerade so viel zahlen!" — „Dös scho'l
Wenn ma' aba bedenkt, wie furchtbar g'schwind die red'nl"
In den Ferien.
„Hast Du eigentlich etwas gelernt in Deinem Pensionat?" —
„Und ob — ich kann jetzt schon durch die Nase rauchen."
Luvirl nnf einmal.
tjrij schritt im Ojrrbftraiurttri*
iDurch deutschen Wlaid entzückt,
Jur rotgesarbtr lOiättrr I
Wlie hat mich das berückt!
Verjüngt und viel behender,
kehrt' ich im Gasthaus rin,
Griff nach dem Leikungsstanürr,
Dem Studium mich wrih'n.
Die Stirn, vorher viel glatter,
Mügt mir der Sorge kiel:
Istur rotgefärbte Matter!
steht war mir's doch zuviel!
Lernharü Schäfer.
Veränderte Zeiten.
Mutter: „Ja, ja, mein Kind, Silber und Gold sind ganz
verschwunden!" — Klein-Else: „Da feiern nun ivohl die
Leute ihre papierene Hochzeit!"
M i h v e r st ä « d n i s.
„Na, was sagen Sie denn dazu, wie das Barometer seit
vorgestern gestiegen ist?" — „Ja, es ist schrecklich, alles wird
teurer!"
Strurrzahlrn.
Der Strurrzahlrr muff sich bücken
Vor Lasten, schweren, Ungeheuern.
Man lädt ihm auf den breiten Kücken
Lin votlrg Mindel neuer Steuern.
Mir sagt des Korans schöne Stelle?
„Milist du bewahren dich vor Schaden,
So darfst du sterbende Kamele
Nicht mehr mit einer Last beladen."
Willy.
sich willenlos ihrem Schmerze hingegeben. — Draußen ist es noch
schaurige Nacht. Der Sturm heult und treibt die Wolkenballen un-
heimlich schnell vorwärts. Unangefochten aber trägt der Tod den
alten Glöckner zum Himmel.
III.
Einige Tage sinh vergangen. Brtrud sieht oben ani Fensterchen
und schaut in den Hellen Tag hinaus. Freundlich lacht die Sonne
und erquickt die unten wie Spielzeug durch die Straßen hastenden
Menschen. Kinderstimmen dringen bis zum Turmstübchen hinauf,
überall herrscht Freude.
„V, schöne Welt, wie lieb ich dich. Immer will ich leben,
glücklich will ich sein und meinen armen Vater hier vertreten I Tod,
mit mir sollst du nicht fertig werden, ich trotze!"
Sie schaut nach der kleinen Uhr und begibt sich in den Glocken-
stuhl hinauf. Bald schwingen die Glocken und schicken ihre Töne
über die Stadt und das Land, Heller und reiner scheinen sic heute
zu klingen, als sollte es ein proteft gegen den Tod sein. Kraftvoll
und freudig zieht ivrtrud an den Tauen; aller Welt will sie ver-
künden, wie sehr sie das Leben liebt und den Tod haßt, alle sollen
sie es hören.
Da, plötzlich gibt oben der zwar dicke aber morsche Balken
nach, das Mädchen verliert den Halt und sinkt lautlos vom Glocken-
stuhl herab in die Tiefe, wo sie in die Arme einer hageren, schwarzen
Gestalt fällt. Noch einmal schlägt sie die Augen auf, schaut in das
Antlitz ihres gehaßten Feindes und spricht mühsam: „Nun hast
Du doch gesiegt!"
Die Glocken waren alsbald verstummt, früher wie sonst. Noch
scheint hell die Sonne und läßt durch ihr grelles Licht die Menschen
den Tod nicht sehen, wie er vor dem großen Buche sitzt und
höhnisch grinsend mit seinen dünnen Knochenfingern wieder ein
Blatt umschlägt.
Nord und S ü d.
„Die neuen Fernsprechgebühr'!:! So a Mordsgcld für ein Dreiminnteng'sprächI Da kommen auch wieder die
Berliner am besten weg!" — „Na, na, nur nicht ungerecht sein! Die müssen doch gerade so viel zahlen!" — „Dös scho'l
Wenn ma' aba bedenkt, wie furchtbar g'schwind die red'nl"
In den Ferien.
„Hast Du eigentlich etwas gelernt in Deinem Pensionat?" —
„Und ob — ich kann jetzt schon durch die Nase rauchen."
Luvirl nnf einmal.
tjrij schritt im Ojrrbftraiurttri*
iDurch deutschen Wlaid entzückt,
Jur rotgesarbtr lOiättrr I
Wlie hat mich das berückt!
Verjüngt und viel behender,
kehrt' ich im Gasthaus rin,
Griff nach dem Leikungsstanürr,
Dem Studium mich wrih'n.
Die Stirn, vorher viel glatter,
Mügt mir der Sorge kiel:
Istur rotgefärbte Matter!
steht war mir's doch zuviel!
Lernharü Schäfer.
Veränderte Zeiten.
Mutter: „Ja, ja, mein Kind, Silber und Gold sind ganz
verschwunden!" — Klein-Else: „Da feiern nun ivohl die
Leute ihre papierene Hochzeit!"
M i h v e r st ä « d n i s.
„Na, was sagen Sie denn dazu, wie das Barometer seit
vorgestern gestiegen ist?" — „Ja, es ist schrecklich, alles wird
teurer!"
Strurrzahlrn.
Der Strurrzahlrr muff sich bücken
Vor Lasten, schweren, Ungeheuern.
Man lädt ihm auf den breiten Kücken
Lin votlrg Mindel neuer Steuern.
Mir sagt des Korans schöne Stelle?
„Milist du bewahren dich vor Schaden,
So darfst du sterbende Kamele
Nicht mehr mit einer Last beladen."
Willy.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"In den Ferien"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1920 - 1920
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 153.1920, Nr. 3928, S. 152
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg