schwirrten brummig und wenig trostvoll den Unglücklichen, dem
ein Lichtlein aufging von der wetterlaunischen Volksgunst.
„Und daß Du's weißt," setzte schließlich der Schustersvaltin als
Trumpf darauf, „der Gallus kann's ohne Holzlöffel g'rad' so gut
. . . ich pfeif' Dir drauf! ... Und schmiß die Türe von außen zu.
Philipp starrte verzweifelnd in den Abend hinaus.
vor den Häusern sangen die Mädchen beim Kranzbinden ihr
Kirchweihliedchen, während ein hochgewachsener Herr im langen
Überzieher mit behaglicher Aufmerksamkeit durch die Gassen schritt,
hier und dort mit einer Schönen plaudernd. Der Zwölfte liebte
es, sich leutselig zu geben. Auch bei der Schmiede blieb er stehen,
wo der Schmicdsadam im Lampenschein auf einem Schemel hockte,
das Rußgesicht voll Seifcnschauni, und sich von seiner Schmieds-
adclin regelrecht barbieren ließ. wie verzückt hielt er ihr die
Racke hin; denn das Messer. . .!
„Holla, woher habt Ihr mein Messer?"
Der Herzog stand vor den beiden, und erschrocken fuhr die
Frau herum.
„Ach Gottla — der Zwölft'l . . ."
„Ich frage: wie kommt es in Eure Hände . . . ?"
„Hoheit, nehmen Sie's net übel ... I Dös Messer ... I"
„Nun?"
„Ls is halt heut' a bißla im Dorf 'rumgewandert... I"
„wie . . . ?"
„Js aber kaa' Schärtla drin! ... Js nix damit passiert,
Hoheit!" beeilte sich die Adelin zu versichern — „ich Hab' bloß
mein' Mann rasieren wöllen, und dös is doch gewiß harmloser,
als was der Bäckenwastel damit gemacht hat! . . ."
„Ti, was hat denn der damit getan?"
„Nix für ungut — bloß sein Hühneraag' g'schnitten."
„potz Kuckuck, mit meinem. . ."
Nun legte sich der Schniied ins Mittel.
„Beruhigen Sie sich, Hoheit! Do is doch nix dobeil Dös is
doch immer noch unschuldiger, als was der wirtskaschper damit
gemacht Hot . . . l"
„Bin wirklich neugierig ... I"
„No ja, seine zwaa Schwein' . . . net wahr. . . morgen is
Kerweih! ... Do Hot er sie halt g'schlachtet damit . . . is aber kaa'
Schärtla drin! . . . Aber Hoheit, warum laufen S' denn so . . . ?"
Die Schmiedsadelin guckt verschüchtert ihren Adani an und
meint: „Du — dös Messer trag' ich lieber jetzt gleich zur Rika
wieder 'nüber!"
* » *
Sonntagmorgen l Kirchweih! Schau, wie hergezaubert leuchtete
der Stahl wieder ini Etui auf dem Fensteibrette. Pfeifend bürstete
Philipp seine Locken. Gefunden, gewonnen! Mochten die blöden
Dörfler immerhin abfallen, der Herzog nahm ihn sicherlich mit in
die Stadt, Heisa I Durch die sonnengoldige Allee tänzelte er zum
Schlosse hinaus.
Eine Viertelstunde später jedoch sah man ihn gesenkten Hauptes
wieder dorfwärts wandern.
Der Leibkutscher aber, der gleich darauf zweispännig vorfuhr,
erzählte dem staunenden Gallus, daß der andere heute den gnädigen
Herrn geschnitten haben müßte, wenigstens hätte der Kammer-
diener am Schlüsselloche den Herrn gar zornig schelten hören:
„Hinaus, an diesem Messer klebt Blut! Und was für Blut!
Hinaus l . . ."
Gallus schlüpfte bei dieser Nachricht in den blauen Frack, nahm
sein Rasierzeug und versetzte, bevor er die Kutsche bestieg, auf
offener Straße seiner verblüfften Rika einen lauten Schmatz.
Den hatte sie um ihn verdient! nramvns.
28 Kreizl g'macht
Und bab' ’n Herrgott Dank g’fagt und a „guate Dachl",
Da kimml a winzi’s Cngerl eina bei da Cür,
0’ blinzl’ boamli’ binleim bocb’n Deckbett vür),
6s gebt auf Zecbalpibln auf mei' Bettstatt zua
Und schaugt ml' o' und horcht, ob i’ scho' (cblafa lua.
I' druck' de flug’n zua und muasi as Cacba beb n,
6s ko' nix netter's net als wia des €ngerl gcb’n.
es kraxelt auffa auf des Stichle, vor mein' Bet»,
CUo d' jjopp’n liagl und d’ hos'n und 's Schrnilett.
Und rutscht und gautscht a wengl umanand a Weil,
Bis ’s ganz kommod sitzt auf (ein' kloana Hinterteil.
Da’ gibt 's an Ruab und sitzt de Habe, lange Dacht
Und ruckt und rührt si' net und gibt auf all’s an’ Kcht,
Dab koana ei'bricht und mei' schöne hos'n nimmt,
Und das; koa bösa lankerl zu mir einakimmt;
l' aber traam' so lusti' und i' schlaf so guaf,
’s is ja mei' Cngerl da, damit ma neamd was tuat.
wächst d' aa’ a soichas bam, des aa' so bei dir wacht?
Sei ball amal schö' brav, na, kimmt oans beut’ auf d' Dacht.
Rermatm Sranz
Staatsbankrott.
Der Staatsbankrott hat wechselnde Gestalten.
Der Staat stellt seine Zahlungen nicht ein,
Er macht nur neue Scheine zu den alten
Und er besteht aus seinem Schein.
Und der Bankrott kommt immer unverhüllter,
Man weiß nicht mehr, tvo das hinaus noch will,
And malt sich aus die schrecklichsten der Bilder,
Nicht weil's zu wenig Geld gibt, nein zu viel.
Willy.
1S3
ein Lichtlein aufging von der wetterlaunischen Volksgunst.
„Und daß Du's weißt," setzte schließlich der Schustersvaltin als
Trumpf darauf, „der Gallus kann's ohne Holzlöffel g'rad' so gut
. . . ich pfeif' Dir drauf! ... Und schmiß die Türe von außen zu.
Philipp starrte verzweifelnd in den Abend hinaus.
vor den Häusern sangen die Mädchen beim Kranzbinden ihr
Kirchweihliedchen, während ein hochgewachsener Herr im langen
Überzieher mit behaglicher Aufmerksamkeit durch die Gassen schritt,
hier und dort mit einer Schönen plaudernd. Der Zwölfte liebte
es, sich leutselig zu geben. Auch bei der Schmiede blieb er stehen,
wo der Schmicdsadam im Lampenschein auf einem Schemel hockte,
das Rußgesicht voll Seifcnschauni, und sich von seiner Schmieds-
adclin regelrecht barbieren ließ. wie verzückt hielt er ihr die
Racke hin; denn das Messer. . .!
„Holla, woher habt Ihr mein Messer?"
Der Herzog stand vor den beiden, und erschrocken fuhr die
Frau herum.
„Ach Gottla — der Zwölft'l . . ."
„Ich frage: wie kommt es in Eure Hände . . . ?"
„Hoheit, nehmen Sie's net übel ... I Dös Messer ... I"
„Nun?"
„Ls is halt heut' a bißla im Dorf 'rumgewandert... I"
„wie . . . ?"
„Js aber kaa' Schärtla drin! ... Js nix damit passiert,
Hoheit!" beeilte sich die Adelin zu versichern — „ich Hab' bloß
mein' Mann rasieren wöllen, und dös is doch gewiß harmloser,
als was der Bäckenwastel damit gemacht hat! . . ."
„Ti, was hat denn der damit getan?"
„Nix für ungut — bloß sein Hühneraag' g'schnitten."
„potz Kuckuck, mit meinem. . ."
Nun legte sich der Schniied ins Mittel.
„Beruhigen Sie sich, Hoheit! Do is doch nix dobeil Dös is
doch immer noch unschuldiger, als was der wirtskaschper damit
gemacht Hot . . . l"
„Bin wirklich neugierig ... I"
„No ja, seine zwaa Schwein' . . . net wahr. . . morgen is
Kerweih! ... Do Hot er sie halt g'schlachtet damit . . . is aber kaa'
Schärtla drin! . . . Aber Hoheit, warum laufen S' denn so . . . ?"
Die Schmiedsadelin guckt verschüchtert ihren Adani an und
meint: „Du — dös Messer trag' ich lieber jetzt gleich zur Rika
wieder 'nüber!"
* » *
Sonntagmorgen l Kirchweih! Schau, wie hergezaubert leuchtete
der Stahl wieder ini Etui auf dem Fensteibrette. Pfeifend bürstete
Philipp seine Locken. Gefunden, gewonnen! Mochten die blöden
Dörfler immerhin abfallen, der Herzog nahm ihn sicherlich mit in
die Stadt, Heisa I Durch die sonnengoldige Allee tänzelte er zum
Schlosse hinaus.
Eine Viertelstunde später jedoch sah man ihn gesenkten Hauptes
wieder dorfwärts wandern.
Der Leibkutscher aber, der gleich darauf zweispännig vorfuhr,
erzählte dem staunenden Gallus, daß der andere heute den gnädigen
Herrn geschnitten haben müßte, wenigstens hätte der Kammer-
diener am Schlüsselloche den Herrn gar zornig schelten hören:
„Hinaus, an diesem Messer klebt Blut! Und was für Blut!
Hinaus l . . ."
Gallus schlüpfte bei dieser Nachricht in den blauen Frack, nahm
sein Rasierzeug und versetzte, bevor er die Kutsche bestieg, auf
offener Straße seiner verblüfften Rika einen lauten Schmatz.
Den hatte sie um ihn verdient! nramvns.
28 Kreizl g'macht
Und bab' ’n Herrgott Dank g’fagt und a „guate Dachl",
Da kimml a winzi’s Cngerl eina bei da Cür,
0’ blinzl’ boamli’ binleim bocb’n Deckbett vür),
6s gebt auf Zecbalpibln auf mei' Bettstatt zua
Und schaugt ml' o' und horcht, ob i’ scho' (cblafa lua.
I' druck' de flug’n zua und muasi as Cacba beb n,
6s ko' nix netter's net als wia des €ngerl gcb’n.
es kraxelt auffa auf des Stichle, vor mein' Bet»,
CUo d' jjopp’n liagl und d’ hos'n und 's Schrnilett.
Und rutscht und gautscht a wengl umanand a Weil,
Bis ’s ganz kommod sitzt auf (ein' kloana Hinterteil.
Da’ gibt 's an Ruab und sitzt de Habe, lange Dacht
Und ruckt und rührt si' net und gibt auf all’s an’ Kcht,
Dab koana ei'bricht und mei' schöne hos'n nimmt,
Und das; koa bösa lankerl zu mir einakimmt;
l' aber traam' so lusti' und i' schlaf so guaf,
’s is ja mei' Cngerl da, damit ma neamd was tuat.
wächst d' aa’ a soichas bam, des aa' so bei dir wacht?
Sei ball amal schö' brav, na, kimmt oans beut’ auf d' Dacht.
Rermatm Sranz
Staatsbankrott.
Der Staatsbankrott hat wechselnde Gestalten.
Der Staat stellt seine Zahlungen nicht ein,
Er macht nur neue Scheine zu den alten
Und er besteht aus seinem Schein.
Und der Bankrott kommt immer unverhüllter,
Man weiß nicht mehr, tvo das hinaus noch will,
And malt sich aus die schrecklichsten der Bilder,
Nicht weil's zu wenig Geld gibt, nein zu viel.
Willy.
1S3
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"'s Engerl"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1920
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1930
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 153.1920, Nr. 3932, S. 183
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg