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X^ufaljit.

Der Himmel grau. Die Erde tief verfcbneit.

Kein Laut, kein Liebt — erstorben alles Leben.

Uerwebte blocken sinken still und weben
Dem müden Land ein weißes Lotenkleid,
ln dunklen Cannenwipfeln {eufzt der Wind.

Zerrissene Wolken durch die Lüfte jagen —

Und fern — verschwommen — klingt der Ubren Schlagen.
Horeb, Mitternacht! — ein neues Jahr beginnt.

Da plötzlich, wie aus schwerem Schlaf erwacht,

Lauscht auf die Flur. Dom Kirchlein nieder schwimmen,
Die Luft erschütternd, süß wie engelsstimmen,

Der Flocken volle Klänge durch die Dacht.

Uon Ort zu Ort nun und von Land zu Land

Grfchallt ihr tiefes, feierliches Singen

nichts auf der Welt sonst als dies hehre Klingen.

Gmpor den Blick! ein neues Jahr erstand.

Und wie der Mond jetzt durch die Wolken bricht,
Uor seinem Glanz die letzten Schalten schwinden,
So will sich auch in unserer Brust entzünden
Gin neues Hoffen und ein neues Licht.

Ist auch von Schatten unser Weg erfüllt,

Dräut auch mit finstern Wolken Dacht und Winter,
Wir wissen doch: Die Sterne stehn dahinter —
fluch unserer noch, ob ihn auch Dacht verhüllt.

RatHra.

IHe Geschichte einer Filmdiva.

In Retten.

Schon von Rindesbeinen an pulst in ihr ein unstillbarer Drang
nach der schönen Literatur. Sie ist Wassermadl im Lase Flora.
Liest, frißt — verschlingt die Meisterwerke der deutschen Dichter
in hundert Lieferungen: „Almira, die sündige Gräfin, oder Liebe
bis zum Schafott." — „Agathe Wolkensturm, die schöne Schau-
spielerin, oder Lorbeer und Leid." — „Theresttas weg zur Höhe,
oder vom Nähmädchen zur Herzogin."

Bringt alten Stammgästen statt des verlangten Tagbtatts den
Bierwärmer, statt des Kaffeelöffels ein Senfhaferl, statt des Fahr-
plans eine Lieferung der „Almira und so weiter"; denn fie wan-
delt raum- und zeitlos durch Fürstenschlösser, Schwurgerichtssäle,
Duellwälder, Boudoirs und Schlotzkirchentrauungen.

Hat Herz und Gedanken viel öfter bei dem glutäugigen Egon,
Grafen von Felsenegg, in der „Agathe Wolkensturm" als bei dem,
seinem Haferltarok obliegenden Privatier Alois Gberdimpfler, der
schon das zehntemal ein Glas Wasser verlangt, ohne Lrhörung zu
finden, was Wunder I Alois Gberdimpfler hat nicht im entfern-
testen Ähnlichkeit mit Egon Graf Felsenegg.

Ihr „Ausgang" ist restlos dem Rino geweiht. Drei viertel
aller Trinkgelder werden in den Photos der großen Filmsterne an-
gelegt und wechselweise im knospenden Busen verstaut.

Trägt eine Haarfrisur wie die große Lenny Borten und stellt
ihren paferttarokern im Lase Flora die Spielteller mit einer Ge-
bärde auf den Tisch, die noch ganz warm aus dem großen Pracht-
fitm „Die Unglückshochzeit auf Schloß Adterburg" stammt.

Sie heißt von Haus aus Rathi, hat sich aber umgetauft in
RatHra, ohne viel standesamtliche Einträge.

RatHra wartet auf den Mäzen, der fie entdeckt. — Alois
Gberdimpfler sagt: „Spinnate Ruab'n l — wer gibt?" — Er ist
kein Mäzen.

2. Der weg zur Höhe.

Der Mäzen ist Franz Ritzbichler, seit November i 9 18 Fran-
cois Ritzbichler. ksat durch großzügige reoolutions-kommerzielle

Unternehmungen mit Militärmänteln, Militärstiefeln, Autoreifen
und Ronserven aus der Zeit, da er volksbeauftragter im wirt-
schaftsrat war, die Basis zu einem soliden Reichtum gelegt.

Sie haben sich gefunden auf Grund eines Inserats: „Junge,
hochtalentierte Runstelevin sucht Mäzen."

Er läßt Rathi-RatHra „ausbuid'n" für den Film.

Rathi-Rathra s-pricht jetzt nur mehr hochdeutsch mit Berliner
Einschlag. Nur im Affekt sickert etwas ksaidhauserisch durch.

Sie hat es infolge ihrer schön gewachsenen Beine bereits zu
anerkennenswerten künstlerischen Erfolgen im Film gebracht: nimmt
als niedliches Rammerkätzchen hochgeborenen kserrschaften zehn Meter
lang die Pelze ab, darf zwanzig Meter lang als Gemahlin des
Magnaten Stefanovsky in Brautzügen einherschreiten oder in Maha-
radschagemächern zur appetitlichen ksaremsausstattung beitragen. —

ksar gelernt, wie man Austern und Rrebse ißt, sich gut im
Auto ausnimmt und kann über zehn Minuten eine tadellose Ron-
versation über neue Runst führen. Das war in der „Ausbildung"
inbegriffen. Francois profitiert davon. RatHra — die in den Film-
metern, die auf sie treffen, weder aus ihrem kserzen noch aus
ihren Waden sozusagen eine Mördergrube macht, gewinnt immer
mehr die Gunst des Regisseurs und des Publikums.

Schmokson vom „Tageskurier", der große Filmkritiker, hat
ihren Beinen — pardon — ihrer Begabung bereits dreieinhalb
Zeilen in seiner „Filmrevue" gewidmet. Schmokson schmeißt die
Riste I — von RatHra existieren bereits Filmsternpostkarten. wenn
erst ihr Vertrag mit der „kikaluka-Gesellschaft" abgeschlossen ist,
bekommt Francois, der Prolet, den Laufpaß. Bis dahin darf er
noch das Auto stellen und die Garderoberechnungen bezahlen. RatHra
mäzeniert nun bereits ihrerseits einen jungen, flotten Roten Radler,
der auch „zum Film" will, um der deutschen Bildung und Rultur eine
Gasse zu bahnen.

3. Die Diva.

Rathi-Rathra bewohnt jetzt das Schloß eines ehemals xeichs-
unmittetbaren Fürsten, genau so, wie's in „Agathe wotkensturm"

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