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Der graue Later.

I' Hab' scho' manche Dummheit im Üeb'n g'macht. Ligcutli' soll i'
gar net davo' red'n. Aber... nix is so sein gesponnen, cs kommt doch
an die Sonnen. Und kam so a Sach' amal auf — wenn ma' aa' scho'
in der Erd'n liegt — was tät'n da dö Leut sag'n? „Schau, schau! Der
Duckmäuser, der verdruckte," tät'n s' sag'n — „wer hätt' dös von den,
denkt?" — Drum sag' i's. —

In meiner Nachbarschaft hat ob'n im Dachg'schoß an' alte Jungfer
g'wohnt, ganz alloa. Bloß a grauer, glatter, glänzender Rater war ihr
Gesellschafter, ihr Freund, ihr Butzi, ihr Alles. — Der Butzi hat aber die
Eigenschaft g'habt, daß cahm die Singvögel im Garten lieber war n, als
auf 'm Feld die ItTäuf — g'rad' wia i' — denn dös Zwitschern und
Trillern im Fruahjahr war von seher mei' Glück und mei' Freud. Freili',
g fangt und g'rnpft und g'fress'n, wia der Feinschmecker, Hab' i' meine
vögerl net.

Sei' „Frauerl" is öfters zu uns 'rüberkomma. Sie hat b'fonders
Interesse für mei' Spalierobst g'habt und da Hab' i' ihr amal an' kloan'
Vortrag über Vogelschutz und Gbstzucht g'halt'n. „Fräulein" — Hab' i'
g'sagt — „nehma 5’ von mir an' guat'n Rat! Schaff'n S' Ihrem Aater
a farbig's Halsband mit aufg'naahten Schepperl'n o'." — „Schepxerl'n"

— fragt sie — und i' nrach' ihr begrcrfli', daß dadurch die vögerln auf-
merksam wer'n, wenn der Butz seine bösen Absicht'» verwirklichen will:
„Sonst muaß er sterb'n!" — Sie schreit glci' wia g'stocha auf und von
meiner Frau kriag i' an' Basonettblick von der schlimmsten Sort'n, so daß
i' nur mehr mit Grabesstimme wiederholen kann: „Ja, sterb'n I" — Jetzt
geht 's Woana o', Unschuldsbctcucrungcn und Bitten folg'». Alles
soll ja g'schehg'n, bloß sterben soll er net, so jung und schö'! t „Ls wäre
ei» Rindsmord I" deklamiert sie — „und dazu halte ich Sic nicht für
fähig!" Ich war im Innersten erschüttert und Hab' bloß g'sagt: „Rlingel-

halsband, Rlingelhalsband" und „scheppern muaß's!"-Die Sach'

war guat. Glci' am nächsten Tag Hab' i' den verdächtigen scho' mit sei'm
neuen Arawatt'l 'rumschleicha sehg'n. Ja, ma' derf nur red'n mit dö
kcut I

Da, auf oamal — ja siech i' recht? — Da sitzt an' andre Ratz von
gleicher Färb' und Größ' neb'n mei'm obersten Staarlhäurl. Sie war
mir net unbekannt und net von der nächsten Näh'. ITlit himmlischer Ge-
duld hat dö Ratz auf an' Staarl g'wart't. — In meiner Fassungslosigkeit
geh' i' langsam in mei' Haus, geh' unentschlossen die Trepp'n 'nauf und
will dös Viech vom Fenster aus beobachten. Vorsicht, denk' i' mir, is die
Mutter — aber die Ratz war nimmer da. Jatz hör' i' unser' Röchin
schrei'»: „Jessas, jeffas, Herr! Da iss'! Hinterm Haus schleicht s' 'rum!"

— I' reiß' glei 's G'wehr ro' — 'nunter und 'naus aus 'm Haus, war
oans. — G'rad' siech i' no', wia dös Viech a junge Amsel o'schleicht.
Jatzt hockt s' hinter an' Bosch'n, aber durchschimmern tuat a blaugrauer
Fleck. Es kracht! Die Ratz macht an' Satz — schlegelt a paarmal, nachher
war's aus.

Schnell spring i' hin und will s' glei' in an' Romposthauf'n ein-
grab'n. Es is weg'n dö Leut, Halt! Mir schwindelt. Allmächtiger
Gott! Is dös net a blauseid »es Rlingclband? Es — war — der B u tz.
Und am Zaun steht scho' mei' Nachbar und lacht: „Ha, ha, ha! Recht
hab'n S' g'habt! Weg mit dem Zeug! Bringt ja bloß Schad'n!" — I'
aber bin dag'stand'n, als hätt' mir oaner a Regelrechte 'runterg'haut. —
„Gel'" — sagt der Nachbar — „jetzt wiss'n 5’ net, was S' macha solln,
ha?" Stumm Hab' i' cahm znag'nickt. Rindsmördcr! schrcit's auf in mir

— Rindsmörder! — Und der Zeuge meiner Schmach fahrt fort: „Wissen
S' was? Lassen S' den Rater nur lieg'» und schnaufen S' net davo'!
Mit sei'm Frauerl wer'n wir nachher scho' fcrti'I" — Mir Unglückseligem
war's recht.

Mei' Alte fragt: „Auf was hast denn g'schoss'n?" — „Auf an' Boch-

katzl" — Hab' i' g'sagt. — „Hast es g'fehlt?" — „Ja I" --Wia i'

mi' umdraah', siech i' durchs Fenster vom Nachbargartcn an' Gärtncr-
burschen 'rübcrsteig'n. Der schmeißt den Butz übern Zaun und krax'lt
wieder z'ruck. — Dö G'schicht hat mi' net schlafa lass'». Es wird Morgen

— cs wird Mittag. Da kommt die guate alte Jungfer wia a Häufcrl
Elend, ganz vcrwoant und fragt, ob ncamd ihren Butz g'schg'n und
g'hört hätt'. — „G'hört?" moant unser' Röchin.— „Ja so! Weg'» dem
Scheppcrkrawatt'l. Naa!" sagt sic — „wir hätt'n uns ja g'freut d'rübcr."

— lITei’ Frau und i' war'» net dahoam. — Am folgenden Tag kommt s'
wieder — ganz in Schwarz. „Mein Gott!" sagt mei' Frau, „die Ratzen
haben ihr Licbeslebcn, wie andere Tiere auch. Er kommt schon wieder. -
Und so waar's aa'.

Nach Verlauf von weiteren Stund'n läut't der Gärtncrtursch beim
Frauerl o' und bringt ihr ihren Butz — in zwoa Stuck. Roans davo'
hat si' mehr g'rührt. Der weich'nstellcr hat den Ausreißer auf'm Bahn-
damm g'fundcn, no' ganz warm — sagt er. Nach dem ersten Entsetzen

stammelt die guate, alte Haut: „So waren also alle meine Ermahnungen
an ihn umsonst! (D, armer Tier!"

A Rreuz bezeichnet im Garten seine letzte Ruhestätte. — J' aber mach'
jedesmal an' großen Bog'n drum 'rum. s. Th. ü.

€(in Vallädchen.

Durchs Zensier lugt der ITlonden* Um ihren Rais gar zierlich fein
schein Schlingt sich ein gülden Kctt-

Das Mädchen liegt im Bettlein, lein.

6r nähert sich dem holden Kind, 6r zwickt das Kettlein ab geschwind
Dem traumumfang'nen knglein, Mit seinem scharfen Zänglein.

Und zieht ihr auch das Ringlein ab
Und auch das Obrgehänglein . . .
(Darauf er ihr ein Kühlem gab
Aufs Mündlein und aufsUlänglein.

Sic schlief so fest, sie schlief so tief —
0 du verruchtes Dieblein 1
Und während sie so feste schlief,
kntwischt er aus dem Stüblein.

Da er sich aus dem Zensier schwang
Mit einem kühnen Sprünglein —
Da stand vor ihm im Laubengang
6in liebegirrend Jünglein I

Das stimmte g'rad'voll Heimlichkeit
Sein Saiteninstrumentchen
Zu einem der erwählten Maid
Destimmten Liebesständchen .. .
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ein Ballädchen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Reinicke, Emil
Entstehungsdatum (normiert)
1921 - 1921
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 154.1921, Nr. 3949, S. 106
 
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