Auf dem Künstlcrfc st.
„Hier, edler Landsknecht, trink' einmal!" — „Ach was, Landsknecht! Tanzknccht! !
Auf offener Strecke.
Der Personenzug mit der Lokomotive „Amalia" fuhr in einem
verträumten, angenehmen Trab durchs Land. Mitten auf offener
Strecke kam er eine Minute lang ins Bummeln, dann tat die Loko-
motive einen hysterischen Schrei, als wenn sie unversehens auf einen
kalten Frosch gefahren wäre, die Wagen ruckten und zuckten einige
Male konvulsivisch vor und zurück, dann besann sich die Lokomotive
etwas auf Ballung, Fassung, Lebenszweck, ratterte zwölf Takte
lang ivieder vorwärts. Plötzlich siel ein Koffer vom Gepäcknetz
und der lferr in der linken Tcke, der mit schönem Seelengleichmaß
in der Base bohrte, stach sich nnt dem Finger unversehens ins
Auge. Der Zug hielt mit jähem Ruck, als ob sich die Lokomotive,
zu Tode erschreckt, ausbäumte, wenn man von einer „Amalia" so
sagen kann. Die Fahrgäste hatten sanft vor sich hingedöst, Tier
abgeschält, Butterpapiere zusannnengcknäuclt und in Roman-
schmökern die Raturschilderungcn überschlagen -- jetzt wachten alle
auf und sahen mit ihren Blauäuglcin fragend uni sich.
Tin dicker kserr mit einer Reisemütze und einer verkohlten
Zigarre sagte verdutzt: „Ranul?" Und ein Jüngling ließ ein
Fenster herabknallen und beugte sich hinaus.
Dann beugte er sich wieder zurück und sagte zu seinem Rach-
bar: „Der Zug hält." Woraus von dieser Erkenntnis wellenförmig
immer breitere Kreise erfaßt wurden. Und beruhigt darüber fing
alles fast schon wieder das Dösen an, als von weit her am Zug
entlang eine Stimme polterte.
Das Fenster knallte wieder herunter und der wißbegierige Jüng-
ling von vorhin hing seine (Uhren hinaus. Dann kopfschüttelte er
sich zurück, denn das poltern war längst wieder verstummt.
Und nun kam Bewegung in die Volksmenge. Ts fiel das
Wort: „Warum?" Der Berr mit der grünen Weste und der
Lharivariuhrkette sagte: „Js eahna da Schnaufer ausgangs" und
lachte dröhnend über seinen Witz.
Das präraffaelitische Fräulein, das ihm gegenüber saß und vor
vornehmer Abweisung geradezu ein müdes Gesicht bekam, wandte
sich angeekelt vor der plumpen Vertraulichkeit ab. Sie schüttelte
stunnn das kfaupt, kniff die Lippen zusammen und sah verweisend
die Fensterscheibe an.
Aber der Berr mit der grünen Weste und dem guten Witz
hatte seine Kerbe gefunden. Tr goß die Lange seines kjohns auf
202
„Hier, edler Landsknecht, trink' einmal!" — „Ach was, Landsknecht! Tanzknccht! !
Auf offener Strecke.
Der Personenzug mit der Lokomotive „Amalia" fuhr in einem
verträumten, angenehmen Trab durchs Land. Mitten auf offener
Strecke kam er eine Minute lang ins Bummeln, dann tat die Loko-
motive einen hysterischen Schrei, als wenn sie unversehens auf einen
kalten Frosch gefahren wäre, die Wagen ruckten und zuckten einige
Male konvulsivisch vor und zurück, dann besann sich die Lokomotive
etwas auf Ballung, Fassung, Lebenszweck, ratterte zwölf Takte
lang ivieder vorwärts. Plötzlich siel ein Koffer vom Gepäcknetz
und der lferr in der linken Tcke, der mit schönem Seelengleichmaß
in der Base bohrte, stach sich nnt dem Finger unversehens ins
Auge. Der Zug hielt mit jähem Ruck, als ob sich die Lokomotive,
zu Tode erschreckt, ausbäumte, wenn man von einer „Amalia" so
sagen kann. Die Fahrgäste hatten sanft vor sich hingedöst, Tier
abgeschält, Butterpapiere zusannnengcknäuclt und in Roman-
schmökern die Raturschilderungcn überschlagen -- jetzt wachten alle
auf und sahen mit ihren Blauäuglcin fragend uni sich.
Tin dicker kserr mit einer Reisemütze und einer verkohlten
Zigarre sagte verdutzt: „Ranul?" Und ein Jüngling ließ ein
Fenster herabknallen und beugte sich hinaus.
Dann beugte er sich wieder zurück und sagte zu seinem Rach-
bar: „Der Zug hält." Woraus von dieser Erkenntnis wellenförmig
immer breitere Kreise erfaßt wurden. Und beruhigt darüber fing
alles fast schon wieder das Dösen an, als von weit her am Zug
entlang eine Stimme polterte.
Das Fenster knallte wieder herunter und der wißbegierige Jüng-
ling von vorhin hing seine (Uhren hinaus. Dann kopfschüttelte er
sich zurück, denn das poltern war längst wieder verstummt.
Und nun kam Bewegung in die Volksmenge. Ts fiel das
Wort: „Warum?" Der Berr mit der grünen Weste und der
Lharivariuhrkette sagte: „Js eahna da Schnaufer ausgangs" und
lachte dröhnend über seinen Witz.
Das präraffaelitische Fräulein, das ihm gegenüber saß und vor
vornehmer Abweisung geradezu ein müdes Gesicht bekam, wandte
sich angeekelt vor der plumpen Vertraulichkeit ab. Sie schüttelte
stunnn das kfaupt, kniff die Lippen zusammen und sah verweisend
die Fensterscheibe an.
Aber der Berr mit der grünen Weste und dem guten Witz
hatte seine Kerbe gefunden. Tr goß die Lange seines kjohns auf
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Auf dem Künstlerfest"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1921
Entstehungsdatum (normiert)
1916 - 1926
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)