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I


T)>- (trauet

Lin Radler schob den Berg empor. Der fuhr, das war ein Schieber!

Lin Auto fuhr ihm rasend vor- Der schob, der war mir lieber!

Gommernachtstraum.

Ls war einmal ein armer Geiger, der verstand es, so wunder-
voll zu spielen, daß die Menschen am Abend stehen blieben und hinauf-
horchten, wo aus dem Dachkämmerlein die süßen Töne quollen, die
der Jüngling seinen Saiten entzauberte. Lieber freilich noch als im
engen Zimmer ging er hinaus in den Wald in den Hellen Sommer-
nächten, wenn der Vollmond am kfimmel stand, ein leiser wind in
den Tannen rauschte und über die bsalme der nahen Aornfelder
fuhr und der Bach und der dunkle Waldsee im silbernen Lichte
schimmerten. Da saß er, auf eineni Stein zwischen Fairen, Moos
und blühenden Blumen und spielte seine schönsten weisen, ganz
für sich, froh darüber, daß niemand ihm zuhorchte. Aber bald halte
er der Lauscher genug. Ganz in sein Spiel verloren, sah er nicht,
wie die Zwerglein und Gnomen zwischen den Felsen hervorschlüpften,
wie sogar die Fische selig aus den blanken wassern sprangen und
wie aus dem raunenden Wald, in duftige Nebelschleier gehüllt,
Llfen kamen, um nach den Klängen der Geige im Mondenschein
zu tanzen. Die Nixen gar aus dem See tauchten herauf und spielten
mit ganz feinen lfarfen eine zauberhafte Begleitung und ihr Ge-
sang war so süß, daß die ganze Natur ringsum berauscht war von
diesen Tönen. Der junge Mensch aber saß und spielte, spielte immerzu,
wie im Traum. Und da geschah es ganz seltsam, daß die Llfen
und Nixlein, die unsichtbar ihn umschwebten, in seinen Träumen
wieder lebendig wurden, und daß, aus dem süßen Dufte des Abends
eine Sehnsucht ihn überkam, es möchte doch eine Fee aus dem
Walde treten, so schön, wie er noch nie etwas gesehen.... und
er träumte weiter und weiter .... und plötzlich schrak er auf.
Denn neben ihm stand ein Mädchen, das ihm lächelnd zuhorchte.
Linen Augenblick waren sie beide verwirrt, und da das Spiel so
jäh abbrach, schlüpften die Zwerge in ihre lsöhlen, die Llfen zer-
flossen in eitel Dunst und die Nixlein tauchten erschrocken in die
Flut unter. Und der Geiger schaute den, Mädchen in das Gesicht.
Und sie war so schön, wie er noch nie etwas gesehen hatte und
da fragte er nicht lange, sondern er glaubte ganz gewiß, es wäre
sein Wunsch in Erfüllung gegangen und das könnte niemand anders
sein als die Fee, die er durch sein Spiel bezwungen habe. „Du
spielst so schön," sagte die Fee, „daß ich ewig lauschen möchte".
Da errötete er vor Glück und sagte leise: „Möchtest Du wirklich

immer meinem Geigenspicl lauschen? — ©, wie gerne würde ich
Dir diesen Wunsch erfüllen I" Und sic setzte sich zu ihm und er
spielte auf seiner Fiedel und diesmal so überselig und jauchzend,
daß die Llfen geschwind noch einmal einen wirbelnden Tanz um
den Mond versuchten. Und als er den letzten Ton gespielt hatte,
da küßte ihn das Mädchen sanft auf die Stirne und weil es schon
spät geworden war, ging er langsam nach lfause zu und war so
trunken vor Seligkeit, daß es ihn, selbstverständlich schien, daß die
Fee ihn begleite.

Und vor lauter Liebe merkten sie lange beide nichts, daß er
nur ein armer Geiger mar und sie eine noch ärmere Beerenpflückerin,
und sie heirateten sich und bald war die Fee der gute Geist seines
kfauses, wenn man das arme Zimmerchen so nennen darf. Und
so lange es Sommer war, gingen sie immer hinaus in den Wald
und er spielte und spielte bis tief in den Abend. Aber dann kan,
der Winter und wieder der Sommer und wieder der Winter. Und
längst war die bittere Not cingekehrt in das Dachstübchen. Aber
da erwies es sich, daß das arme Mädchen doch eine Fee war; denn
hätte der arme Mann sie nicht gehabt und die beiden herzigen
Kinder, die sie ihm geschenkt, und seine Geige, er wäre längst ver-
zweifelt vor Kummer und Llend. Aber dann, als es wieder Sonmicr
geworden war, da war die Not so gewachsen, daß sic nimmer
bleiben konnten in ihrem ksäuschcn. Und da weinten sie und sahen
sich recht traurig an und jedes dachte sich im stillen: „Vielleicht
wäre es besser gewesen, wenn wir uns nicht geheiratet hätten."
Aber sie hatten sich viel zu lieb, um das laut zu sagen. Und
dann nahm der arme Geiger seinen ksut und seinen Stock und die
Frau tat in ein Körblein, was ihr gutherzige Menschen geschenkt
hatten. Und schweigend gingen sie fort, um in einer großen Stadt
ihr Glück zu versuchen. Und der Mann ging mit gesenktem Kopf und
dachte voll Sorgen, wie er dort, unter den vielen fremden Menschen
sein Geld verdienen solle. Lr hatte ja nichts als seine Geige. Und
die Frau konnte ihn nicht trösten und bald wurden sie ganz still
und traurig. Nur die Kinder liefen fröhlich und einfältig durch
die wiesen, pflückten Blumen und jagten nach Schmetterlingen.
Gegen Abend kamen sie so an den Wald und da sagte der Geiger
zu seiner Frau: „Liebste, wer weiß, ob wir noch einmal hieher

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ein Radler schob den Berg empor..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Strauss, M.
Entstehungsdatum (normiert)
1921 - 1921
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Radfahrer
Kraftwagen

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 155.1921, Nr. 3972, S. 86

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
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