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Oer Tod ur\c> derFVarr

„Lin fcttfam’ paar.." „Mio (amcit die zusammen?"
5o hört man staunend den und jenen fragen.
Merkt nur ein wenig auf! Ich will's euch sagen.
Sie trafen feindlich sich in jenen Tagen,

Als rings die ganze Lrdc stand in Flammen.
„Geh' weg, Du Narr!" sprach finster da der Tod,
„Du hast in dieser Welt nichts mehr zu suchen!
Sichst du die Menschen nicht in grauser Not?

Ich bin jetzt Herr. vorüber ist das Lachen!

Mer wird sich was aus deinen Mitzcn machen?
Sie alle, alle werden dich verfluchen!"

Doch grinsend vor dem Fürchterlichen stand
Der Narr und sprach: „Ich sollt' die Mclt nicht

kennen,

In der so lang wie du ich schon zu Haus?

Du magst sic martern, magst sie halb verbrennen:
Mas übrig bleibt, bleibt doch ein Narrenhans.
Im Gegenteil: Nach meinem Schcllcustand
Mird alle Melt nur um so toller rennen,

Je mehr du sic bedrückst mit Nacht und Graus."
Und als der Tod, unwillig, mürrisch, schwieg,

Da rief der Narr: „Millst du die Mette wagen,

Ich überlebe auch den längsten Krieg?

Du magst die Mclt mit allen Schrecken schlagen,
Dem Narren bleibt am Lude doch der Sieg.

Und wenn ich wieder einmal Recht behielt,

Und wenn das Volk »ach ein paar hundert Tagen
Auf deinen Gräbern selbst zum Tanz aufspielt,
Menu sic so wild nach eitlen Freuden jagen,

Als wäre nie das Furchtbare geschehen,

Dann, Tod, sollst du mit mir Zusammengehen,
Dann magst du meine Narrenkappe tragen!" —
vier Jahre wütete der Mord.

Dann warf der Tod die Sense fort:

„Komm', Bruder Narr! Du hattest recht!

Der Tod selbst heilt nicht dies Geschlecht!" —
Scitdenr durchzieh'» landein, landaus
Die zwei die Mclt, das Narrenhaus.

Da finden sic landaus, landein,

Lin tolles Volk bei Meib und Mein,

Ls ekelt manchmal sich davor
Sogar der schelleulaute Tor.

Gespenstisch bei dem Treiben steht

Des Todes närrische Majestät. Lugen Roth.

Eine nachdenkliche Geschichte.

Sali und Moritz, die Vertreter der
Firma Veilchenfeld unb Sachtleben,
Geschäft für abgelegte Kavaliersklcider,
fühlten sich scholl lange sehr malade.
Nach vielem Hin und Her gaben sie
sich unter Todesängsten endlich einen
sehr menschlichen Ruck und sichren beide
nach der Hauptstadt zu eincni weltbe-
kannten Diagnostiker. Der, ein älterer,
jovialer Herr, hatte trotz seiner großen
Praxis uttb trotz hoher und allerhöchster
Patienten nie ganz den Dialekt seiner
Heimat verloren, lind gerade der Um-
stand wurde den Vertretern der Firma
Veilchenfeld und Sachtleben zum Ver-
hängnis. Er untersuchte den Sali und
den Moritz, schüttelte bei beiden be-
denklich den Kopf und meinte bedäch-
tig: „Meine Herren, es hilft nur Vies-
baden."

Ein vernünftiger, besonnener Mensch
hätte dem alten Herrn den kleinen Rück-
fall in den Dialekt nicht weiter übcl-
genommen, sondern wäre so schnell als
möglich nach Wiesbaden enteilt. Anders
bei Veilchenfeld und Sachtleben. Der
Sali sah den Moritz und der Moritz
den Sali entgeistert an und beide mach-
ten sich auf den Heimweg. Schweigend
trabten beide auf der staubigen Land-
straße und nur der Sali warf manch-
mal einen zweifelnden Blick auf den
Moritz.

Plötzlich sagte er: „Eigentlich ä bil-
liges Mittel. Fies; baden".

„Ä billiges Mittel", wiederholte der
Moritz. Wieder tiefes Schweige».

Ein kleiner Weiher spiegelt am
Straßensand.

„Moritz!"

„Ja."

„Haste geseh'n. Js ü Tümpel. Geh'n
wir Fießbadcn "

Firma Veilchenfeld und Sachtleben
setzt sich ans den Straßensand, zieht die
Schuhe aus, zieht die Socken aus.

Wieder tiefes Schweigen. Der Moritz
starrt fortgesetzt auf die Füße des andern.

Endlich sagt er: „Sali!"

„Ja"

„Sali, der Blitz soll mich erschlagen,
wenn ich Dich will beleidigen und Dir
Böses tun. Aber Du hast wirklich dreckige
Füß."

Der Sali wirft einen langen Blick
auf seine Beine, einen uvch längeren
auf seinen Compagnon Moritz, dann
sagt er langsam: „Js ä Kunststück, bin
doch uni zehn Jahre älter als Du."

Carl Mnr £in«<>.

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Tod und der Narr"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1921
Entstehungsdatum (normiert)
1916 - 1926
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 155.1921, Nr. 3983, S. 178

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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