Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Das Schlafmittel.

Kletzinger ist ein sehr nervöser Herr
und findet, wenn er zn Bett gegangen
ist, nur schwer Schlaf. Er behauptet,
er läge immer bis gegen vier Uhr mor-
gens wach. Ganz so schlimm wird cs
wohl nicht sein, aber wenn es auch nur
bis zwei Uhr dauert, kann Kletzinger
einem immer noch leid tun.

Vor einiger Zeit aber war Kletzinger
sehr glücklich. Strahlend erzählte er:
„Mit der niederträchtigen Schlaflosigkeit
wird cs jetzt bald ein Ende haben. Ein-
schlafen werde ich jeden Abend, als hätte
ich einen Kontrakt mit Morpheus, der
ihn bei äußerst hoher Konventionalstrafe
verpflichtet, mich pünktlich in seine Arme
zu nehmen. Ein herrliches Schlafmittel
habe ich entdeckt. Da habe ich neulich
einen Artikel gelesen über die Wirkungen
der Tapeten auf die menschliche Psyche.
Außerordentlich einleuchtend. Nicht wahr
— cs gibt Tapeten, deren Anblick
einen ganz wild machen kann; andere
aber wirken köstlich beruhigend. In
meinem Schlafzimmer habe ich bis jetzt
weiße Tapeten mit Goldstreifen gehabt.
Das war Blödsinn; von solchen Tapeten
umgeben kann nian natürlich nicht ein-
schlafen. Für ein Schlafzimmer eignen
sich einzig und allein blaue Tapeten.
Blau beruhigt, blau besänftigt die von
den Anstrengungen des Tages aufgereg-
ten Nerven, blau schläfert unfehlbar ein.
Ich möchte sogar meinen, daß die in
Afrika grassierende Schlafkrankheit vom
blauen Nil ihren Ursprung genommen
hat. Kurz und gut: ich werde mein
Schlafzimmer jetzt blau tapezieren lassen.
Wenn das gegenwärtig auch einen Haufen
Geld kostet — macht nichts, zuerst kommt
die Gesundheit!"

Gestern nun traf ich Kletzinger, ivic
er gerade ans einer Apotheke hcrans-
kam. „Sie sind doch nicht krank, Herr
Kletzinger?" fragte ich; „was haben
Sie denn da gekauft?"

„Nun, was soll ich gekauft haben",
brummte Kletzinger. „Schlafmittel natür-
lich, gleich drei verschiedene, immer ab-
wechselnd zn nehmen — den einen Abend
Adalin, den andern Paraldehyd und den
dritten Mcdinal."

Ich wunderte mich. „Aber die blauen
Tapeten?"

Kletzinger zitterte vor Nervosität.
„Die habe ich im Schlafzimmer, aber
der Teufel soll sie wieder holen. Daß
ich auch so etwas Blödsinniges anstcllen
konnte! Passen Sie auf! Das Schlaf-
zimmer wurde also neu tapeziert, schön

Das gestörte Oankgebet.
Lakonisch.

„Geht Ihr Geschäft?" — „Ja, pleite geht es!"

dunkelblau, ganz ohne Muster.. Ich
freute mich darüber und als ich zum
erstenmal wieder im Schlafzimmer zn
Bett ging — ein paar Rächte lang
hatte ich ein anderes Zimmer benutzt,
bis sich der scheußliche Kleistergernch
verloren hatte — zog ich mich ganz,
ganz langsam aus, immer wieder die
blauen Wände anschauend. Schön. Ich
lege mich ins Bett. Schaue noch einmal
rundum, knipse das Licht aus und denke:
Ah, nun wird der erquickende Schlaf
gleich kommen! Was meinen Sie, ob
er gekommen ist? Ist ihm gar nicht ein-
gefallen. So nervös und kribblig war
ich noch nie. Die blauen Tapeten sollten
mich beruhigen. Aber wie denn? Ich
konnte sie ja nicht seh'n, denn erstens
war cs doch iin Zimmer stockdunkel und
zweitens hatte ich ja die Augen zn,
denn mit offenen Augen kann man doch
überhaupt nicht cinschlafen. Ich liege
fünf Minuten, ich liege zehn Minuten
— dann knipse ich das Licht wieder an
und stiere eine Viertelstunde lang ans
meine blauen Tapeten. Jetzt wird's
genug sein, denke ich und knipse wieder
aus. Dieselbe Geschichte! Ganz wild
bin ich geworden, und so ist das die
ganze Nacht gegangen. Einmal Hab'
ich das Licht angeknipst und dann Hab'
ich's wieder ausgeknipst und schließlich
bin ich aus dem Bett gesprungen und
habe einen Jndianertanz vollführt.
Blaue Tapeten im Schlafzimmer, sage
ich Ihnen, sind für die Katz' — oder
nein — für Hasen mögen sie geeignet
sein; denn die schlafen mit offenen
Augen!" Peter t'obtnfon.

Der Weiberfeind.

Oer Eherfjarö beim Postamt Drunt'
poussiert schon 's steserl seit zwei Zlnnü',

Da wird ü' fron stedakkeur ganj rot
Und hat eahm mtt'm jünger droht:

„was war' jetzt dös? T Hab' do' g'meint,
5ie fan bekannt als Weiberfeind?"

„jja," brummt der draus, „dös stimmt ganz
g'witz,

Sehg'a 5' net, daft dös a fräulein is?"

au».

Auch ein Lateiner.

„Mir scheint, der Meier versauft sich
ganz, seit er mit seiner Frau Unglück
gehabt hat." — „Er folgt halt dem la-
teinischen Spruch: solamen miseris so-
cios habuisse malorum!" — „Aber der
paßt doch nicht da drauf!" — „So?!
Das heißt doch: „Es ist süß, im Unglück
einen genossen zu haben!"

202
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Das gestörte Dankgebet"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1921
Entstehungsdatum (normiert)
1916 - 1926
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 155.1921, Nr. 3986, S. 202

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
Annotationen