„Warum brüllst du so, dast die Erde zittert?" fragte die Hündin den Löwen, den sic gesäugt hatte. „Wir haben doch unsere
warme Lagerstätte und Futter in Hülle und Fülle." — „Weil deine Hundcmilch in mir zum Löwcnblut geworden und das sordcrt auch
hinter den Gitterstäben seine Rechte," erwiderte der Löwe.
Mottenplagc
von R. <?enenncher.
voriac Weihnachten erbte meine Frau van einer entfernten Tante
einen Nerzpelz mit Boa, Muff und Barett Die Sachen waren zwar schon
getragen, aber immerhin — so was hat heutzutage einen riesigen wert,
wir merkten es deutlich an den wohlwollenden Mienen unserer guten
Freunde und Nachbarn, Der Nerzpclz war unser Stolz, Tr verhals mir zu
einem bedeutenden Kredit, ersetzte uns an kalten wintertagcn die Zentral-
Heizung und verlieh unserm ganzen Auftreten ein vornehmes Gepräge.
Gr bereitete uns also viel Freude — im Winter.
Dann aber kam der Sommer und mit ihm die ^orge. Die kleinen,
gefräßigen Insekten mit den graubraunen Glanzstaubsiügcln, die durch die
lufr torkeln, als könnten sie sicb in diesen Zeiten noch regelmäßig ihren
Kognak leisten, und die dann, wenn man sic Haschen will, plötzlicb in
einem dunkeln Winkel verschwunden sind, die Motten, bedrohten unfern
Nerzpclz Die erste Zeit ließ ihn meine Frau nicht aus den Augen Sie
»ahm ihn sogar des Abends mit ins Bett Aber das war auf dir Dauer
zu unbequem und warm. Nun wurde der pelz zunächst mit Kampfer ein-
gcpulvert und mit petrolerkm besprenat. Man mußte sich die Nase zu-
halten, wenn man in seine Nähe kam. In diesem gesellschastsfeinSlirben
Zustande wurde er in den SGrank gehängt. Als aber trotz)«», eines Tage»
beim Dffnen der Tür meiner Frau eine Motte entgegensiog, war cs end-
gültig um ihre Ruhe gefcheh'n
Am nächsten Morgen kam sie zu mir und sagte: „Mein lieber, Du
inußt Deinen Gcldschrank ausräume» "
Meinen Geldschrank?" staunte ich, „wozu de»»?"
„I<b will den Ncrzpelz hineintun — in, Kleiderspind ist er vor
Motten nicht sicher,"
Ich sträubte mich zwar ein wenig, aber cs half nichts. Also mußte
ich für meine Zigarren eine» ander» Play suche» und der Petz hielt
seinen Einzug in de» Tresor, Die Schlüsicl übergab ich meiner Frau. Sic
nahm jeden ziveitcn Tag den pelz heraus, kampfcrte ihn von neuem ein
und untersuchte ihn mit peinlicher Sorgfalt auf Motten, ?ich meinlc
zwar, e» sei ausgrschlosfe», daß die Tierchen sich durch die Panzerplatte»
hindurchsrcssen konnten, aber wir Nlänncr verstehe» ja von solche» Dingen
nichts.
Die Sorge um de« behaarte» Schatz zehrte sichtlich an der Gesundheit
meiner Frau Der Arzt verordnete sechs Woche» tDstsce, Ich »ahm eine
Drpothek auf den Ncrzpelz und wir dampfte» ab vorher aber übergab
meine Frau den Portiersleuten die Schlüssel ZN unserer Wohnung und
ließ sic schwören, jrden zweiten Tag den Tresor zu öffne» und den pelz
auf Motten zu uniersuGen. Sie verlangten dafür nur 5>«IX> Mark monatlich,
wir fanden da» billig.
Die ersten drei lvost^n an der See bekamen un» recht gut. Besonder»
l.sonießimq Set,»
186
warme Lagerstätte und Futter in Hülle und Fülle." — „Weil deine Hundcmilch in mir zum Löwcnblut geworden und das sordcrt auch
hinter den Gitterstäben seine Rechte," erwiderte der Löwe.
Mottenplagc
von R. <?enenncher.
voriac Weihnachten erbte meine Frau van einer entfernten Tante
einen Nerzpelz mit Boa, Muff und Barett Die Sachen waren zwar schon
getragen, aber immerhin — so was hat heutzutage einen riesigen wert,
wir merkten es deutlich an den wohlwollenden Mienen unserer guten
Freunde und Nachbarn, Der Nerzpclz war unser Stolz, Tr verhals mir zu
einem bedeutenden Kredit, ersetzte uns an kalten wintertagcn die Zentral-
Heizung und verlieh unserm ganzen Auftreten ein vornehmes Gepräge.
Gr bereitete uns also viel Freude — im Winter.
Dann aber kam der Sommer und mit ihm die ^orge. Die kleinen,
gefräßigen Insekten mit den graubraunen Glanzstaubsiügcln, die durch die
lufr torkeln, als könnten sie sicb in diesen Zeiten noch regelmäßig ihren
Kognak leisten, und die dann, wenn man sic Haschen will, plötzlicb in
einem dunkeln Winkel verschwunden sind, die Motten, bedrohten unfern
Nerzpclz Die erste Zeit ließ ihn meine Frau nicht aus den Augen Sie
»ahm ihn sogar des Abends mit ins Bett Aber das war auf dir Dauer
zu unbequem und warm. Nun wurde der pelz zunächst mit Kampfer ein-
gcpulvert und mit petrolerkm besprenat. Man mußte sich die Nase zu-
halten, wenn man in seine Nähe kam. In diesem gesellschastsfeinSlirben
Zustande wurde er in den SGrank gehängt. Als aber trotz)«», eines Tage»
beim Dffnen der Tür meiner Frau eine Motte entgegensiog, war cs end-
gültig um ihre Ruhe gefcheh'n
Am nächsten Morgen kam sie zu mir und sagte: „Mein lieber, Du
inußt Deinen Gcldschrank ausräume» "
Meinen Geldschrank?" staunte ich, „wozu de»»?"
„I<b will den Ncrzpelz hineintun — in, Kleiderspind ist er vor
Motten nicht sicher,"
Ich sträubte mich zwar ein wenig, aber cs half nichts. Also mußte
ich für meine Zigarren eine» ander» Play suche» und der Petz hielt
seinen Einzug in de» Tresor, Die Schlüsicl übergab ich meiner Frau. Sic
nahm jeden ziveitcn Tag den pelz heraus, kampfcrte ihn von neuem ein
und untersuchte ihn mit peinlicher Sorgfalt auf Motten, ?ich meinlc
zwar, e» sei ausgrschlosfe», daß die Tierchen sich durch die Panzerplatte»
hindurchsrcssen konnten, aber wir Nlänncr verstehe» ja von solche» Dingen
nichts.
Die Sorge um de« behaarte» Schatz zehrte sichtlich an der Gesundheit
meiner Frau Der Arzt verordnete sechs Woche» tDstsce, Ich »ahm eine
Drpothek auf den Ncrzpelz und wir dampfte» ab vorher aber übergab
meine Frau den Portiersleuten die Schlüssel ZN unserer Wohnung und
ließ sic schwören, jrden zweiten Tag den Tresor zu öffne» und den pelz
auf Motten zu uniersuGen. Sie verlangten dafür nur 5>«IX> Mark monatlich,
wir fanden da» billig.
Die ersten drei lvost^n an der See bekamen un» recht gut. Besonder»
l.sonießimq Set,»
186
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Am Löwenkäfig"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1923
Entstehungsdatum (normiert)
1918 - 1928
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 158.1923, Nr. 4063, S. 186
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg