Auch auf dem Misthaufen kann eine Entstaubung nicht schaden.
Mit Recht findet Huberbauer, daß jeder Ort im Hause staub-
frei sein soll.
Die Macht des Blickes.
Line seltsame Schulgcschichlc von Bernhard Schäfer.
An einem schnecrcichcn Dezembcrmorgen betrat Rcalschuldirektor
Forschepicpe in der Ncunuhr-Pause das Lehrerzimmer und sagte nach
kurzer Begrüßung seiner Mitarbeiter am Lrziehungswerke: „Nun Hab
ich doch wieder mehrere Jungen in flagranti ertappt, die sich nicht an
meine Verordnung kehrten: Das Schnceballwerfcn auf dem Schulhof
ist verboten! Aber meine Herren — ich meine doch, nian braucht
einen Schüler nur fest anzusehen, um solchen Ungehorsam zu ver-
hüten!" Sxrach's und entzog sich erhobenen Hauptes dem Angesicht
der Horchenden.
Die Kollegen, allein gelassen, blickten sich verständnisinnig an. Da
hätte also der Alte wieder mal seinen Trumpf ausgcspielt: Alles sollte
jetzt mit der Macht des Blickes regiert werden. Strafarbeiten? Arrest?
Jämmerlicher Notbehelf einer vorsintflutlichen Zeit! Schläge? Line
Roheit, unwürdig unserer erleuchteten Zeit, die wahre Sünde gegen
den heiligen Geist der Pädagogik! Der richtige Augenausschlag, die
Macht des Blickes dagegen wirkte wahre Münder! So der richtige Blick,
er spricht nicht bloß Bände, er ersetzt auch ganze Bände von Straf-
paragraphen. Und Direktor Forschepicpc mußte das wissen: <£r hatte
früher, bevor er Direktor wurde, alle Mittel praktisch durchgeprobt uud
nun, da fast nur die Leitung des Ganzen in seinen Händen lag, die
Macht des Blickes als das Beste vom Guten beibehalten.
Na schön, die Kollegen gelobten sich, den vcr— Bengels das Schnee-
ball-verbot noch einmal cinzuschärfen, einzig durch die Macht des Blickes,
sozusagen Auge um Auge — Verzeihung, soll natürlich heißen: Auge
in Auge!
Der grollende jupiter tonans mar in sein Amtszimmer verschwunden,
um das verbot des Schnceballwcrfcns noch einmal in verschärfter Form
durch alle Klassen gehen zu lassen. Dann wollte er gleich mal in die
prima steigen — er war in der richtigen Stimmung um dem dort
anwesenden neuen Prüfling für prima über das Ergebnis seiner schrift-
lichen Arbeiten klaren Mein einzuschenken. Unglaublich, was für Anal-
phabeten heuzutagc die Reife für prima zu besitzen wähnen I Na, dem
würde er den Spiegel Vorhalten und wenn nötig, sollte sein Allhcil-
mittel, die Macht des Blickes, dabei ihre Mirkung nicht versagen.
Der neue Prüfling für Prima, Milhelm Nauke, ein hochaufge-
schossener seltsam blasser Mensch mit wirrem Haarstrudel, an Jahren
schon ein gut Teil auch über die primapflichtige Zeit hinaus, saß bereits
mit den Primanern im Zcichensaal, freilich am hintersten Tisch, durch
mehrere leere Stuhlreihen von dem Häuslein der Stammschüler getrennt,
die da vorn nach Professor Spitzwinkcls Angaben eine mathematische
Klassenarbeit zu bewältigen hatten. Und Milhelm Nauke hatte schon
einen Riecher abbckommcn von dem, was seiner wartete; denn der
Mathematikus hatte ihm soeben belustigt erklärt: „Na, wissen Sc, Nauke
- Sic kriegen wahrscheinlich das Mündliche geschenkt, oder, mit andern
Morten, was dasselbe ist - Sic können sich's nach Ihren schriftlichen
prüfungslcistungen selber schenken! In den Sprachen sollen Sie ja
das reine Tohuwabohu verzapft haben — und erst in der Mathematik?
Sic sind ja nicht mal imstande, die einfache Aufgabe zu lösen, ein
rechtwinkliges Dreieck zu konstruieren aus dem Umfang und der Höhe!
Und nun sagen Sie bloß — Man»» schreiben Sic denn egal Hypnose
statt Hypotenuse?"
Milhclm Nauke wurde noch um einen Ton blasser als gewöhnlich.
Er ließ aus seinen meist verschleierten Blicken plötzlich einen grellen
Vollstrahl nach dem Antlitz des Professors Hinspielen, wovon dieser
seltsam berührt wurde. Aber einer sofortigen Antwort wurde Nauke
durch das Eintreten des Schuldicners enthoben, der Professor Spitz-
winkcl das Bckanntmachungsbuch überreichte, woraus dieser alsbald
vorlas: Das Schneeballwersen auf dem Schulhof wird wiederholt ftrcng-
tU
Mit Recht findet Huberbauer, daß jeder Ort im Hause staub-
frei sein soll.
Die Macht des Blickes.
Line seltsame Schulgcschichlc von Bernhard Schäfer.
An einem schnecrcichcn Dezembcrmorgen betrat Rcalschuldirektor
Forschepicpe in der Ncunuhr-Pause das Lehrerzimmer und sagte nach
kurzer Begrüßung seiner Mitarbeiter am Lrziehungswerke: „Nun Hab
ich doch wieder mehrere Jungen in flagranti ertappt, die sich nicht an
meine Verordnung kehrten: Das Schnceballwerfcn auf dem Schulhof
ist verboten! Aber meine Herren — ich meine doch, nian braucht
einen Schüler nur fest anzusehen, um solchen Ungehorsam zu ver-
hüten!" Sxrach's und entzog sich erhobenen Hauptes dem Angesicht
der Horchenden.
Die Kollegen, allein gelassen, blickten sich verständnisinnig an. Da
hätte also der Alte wieder mal seinen Trumpf ausgcspielt: Alles sollte
jetzt mit der Macht des Blickes regiert werden. Strafarbeiten? Arrest?
Jämmerlicher Notbehelf einer vorsintflutlichen Zeit! Schläge? Line
Roheit, unwürdig unserer erleuchteten Zeit, die wahre Sünde gegen
den heiligen Geist der Pädagogik! Der richtige Augenausschlag, die
Macht des Blickes dagegen wirkte wahre Münder! So der richtige Blick,
er spricht nicht bloß Bände, er ersetzt auch ganze Bände von Straf-
paragraphen. Und Direktor Forschepicpc mußte das wissen: <£r hatte
früher, bevor er Direktor wurde, alle Mittel praktisch durchgeprobt uud
nun, da fast nur die Leitung des Ganzen in seinen Händen lag, die
Macht des Blickes als das Beste vom Guten beibehalten.
Na schön, die Kollegen gelobten sich, den vcr— Bengels das Schnee-
ball-verbot noch einmal cinzuschärfen, einzig durch die Macht des Blickes,
sozusagen Auge um Auge — Verzeihung, soll natürlich heißen: Auge
in Auge!
Der grollende jupiter tonans mar in sein Amtszimmer verschwunden,
um das verbot des Schnceballwcrfcns noch einmal in verschärfter Form
durch alle Klassen gehen zu lassen. Dann wollte er gleich mal in die
prima steigen — er war in der richtigen Stimmung um dem dort
anwesenden neuen Prüfling für prima über das Ergebnis seiner schrift-
lichen Arbeiten klaren Mein einzuschenken. Unglaublich, was für Anal-
phabeten heuzutagc die Reife für prima zu besitzen wähnen I Na, dem
würde er den Spiegel Vorhalten und wenn nötig, sollte sein Allhcil-
mittel, die Macht des Blickes, dabei ihre Mirkung nicht versagen.
Der neue Prüfling für Prima, Milhelm Nauke, ein hochaufge-
schossener seltsam blasser Mensch mit wirrem Haarstrudel, an Jahren
schon ein gut Teil auch über die primapflichtige Zeit hinaus, saß bereits
mit den Primanern im Zcichensaal, freilich am hintersten Tisch, durch
mehrere leere Stuhlreihen von dem Häuslein der Stammschüler getrennt,
die da vorn nach Professor Spitzwinkcls Angaben eine mathematische
Klassenarbeit zu bewältigen hatten. Und Milhelm Nauke hatte schon
einen Riecher abbckommcn von dem, was seiner wartete; denn der
Mathematikus hatte ihm soeben belustigt erklärt: „Na, wissen Sc, Nauke
- Sic kriegen wahrscheinlich das Mündliche geschenkt, oder, mit andern
Morten, was dasselbe ist - Sic können sich's nach Ihren schriftlichen
prüfungslcistungen selber schenken! In den Sprachen sollen Sie ja
das reine Tohuwabohu verzapft haben — und erst in der Mathematik?
Sic sind ja nicht mal imstande, die einfache Aufgabe zu lösen, ein
rechtwinkliges Dreieck zu konstruieren aus dem Umfang und der Höhe!
Und nun sagen Sie bloß — Man»» schreiben Sic denn egal Hypnose
statt Hypotenuse?"
Milhclm Nauke wurde noch um einen Ton blasser als gewöhnlich.
Er ließ aus seinen meist verschleierten Blicken plötzlich einen grellen
Vollstrahl nach dem Antlitz des Professors Hinspielen, wovon dieser
seltsam berührt wurde. Aber einer sofortigen Antwort wurde Nauke
durch das Eintreten des Schuldicners enthoben, der Professor Spitz-
winkcl das Bckanntmachungsbuch überreichte, woraus dieser alsbald
vorlas: Das Schneeballwersen auf dem Schulhof wird wiederholt ftrcng-
tU
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Staubsaugeapparat"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1923
Entstehungsdatum (normiert)
1918 - 1928
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 159.1923, Nr. 4077, S. 91
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg