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Wie Putsch gespielt wird und warum
die Amerikaner nicht Putsch spielen.

<Aus CoIIier's „The National Weekly''.)

»Sag mal, Onkel Henry, was ist ein putsch?"

„Du brauchst deinen Kopf gar nicht mit dieser Sache anzu-
strengen/ denn in diesem Lande wird nie ein Putsch stattfinden.
Wir haben nicht die richtige Sorte Bier dafür. Ein Mann, der
zufrieden ist mit zweiprozentigcm Bier, mag gut sein für eine
maskierte Unterhaltung oder für eine Feuerwehrparade, aber
für einen Putsch braucht man gutes, altes, vollprozentiges
Lagerbier.

München ist die eigentliche Heimat des Putschcs. Dort hat
er es zu seiner schönsten Entwicklung gebracht, die sich zuweilen
steigert zu den großartigen Verhältnissen eines Straßenkampfes.
Bach einigen Krügen Münchner
Bieres, genossen unter Öen Klän-
gen der „Wacht am Rhein" oder
„O du lieber Augustin" kann ein
wohlgenährter Mann sich zum Dik-
tator von ganz Deutschland aus-
rufen oder eine separatistische Be-
wegung proklamieren mit dem
Ziele, den StaatFeldmoching-
Trostberg-Dingolfing zu ei-
ner souveränen Republik oder
zu einer absoluten Monarchie
zu machen. Sogar schwere
Asthmatiker sind imstande,
bei einem putsch in vorderster
Linie mitzuwirken, wenn man ihnen eine Maß
oder zwei spendet.

Zu der Zeit, wo das Spiel beginnt,
sitzt der jeweilige Diktator an scinein
Stammtisch in einem Münchner Bräuhaus,-
um ihn her seine Getreuen. Da wo Tausende von
Bierfässern den Ruhm des alten Hauses Wittelsbach
bezeugen, widmen sie sich zunächst aufs ernsthafteste dem
edlen Stoff, der vor ihnen steht, daneben werden die wichtigsten
Staatsangelegenheiten erörtert und Staatsämter verteilt. So
gegen vier Uhr, wenn alles in bierseliger Stimmung ist, wird
ein feierlicher Schwur geleistet und jeder gelobt, das Vaterland
zu retten.

Indes — ein putsch ist sehr eng verknüpft mit einem Katzen-
jammer.

Am nächsten Morgen sind manche der Hauptbeteiligten in
übler Stimmuitg, indem sie sich erinnern, daß sie mit etlichen
üblen Burschep Schmollis gemacht und einige dumme Sachen
gesagt haben. In einem Anfall von Gewissensbissen rufen sie
nun nach der Blauen, Grünen, Gelben, Roten, Rosaroten Poli-
zei und geben Befehl, in allen Bierhallen nach den Mitglie-
dern der neuen Regierung zu fahnden und dieselben zu ver-
haften. Der Diktator aber nimmt Stellung in einem Keller
oder hinter einer verschlossenen Türe, von wo aus seine Adler-
augen das ganze Kampffeld übersehen können, und läßt die
Gewehre laden,- die Putscharmee aber gelobt zu kämpfen bis
zum Tod. Bach einem Gefecht von etlichen Stunden indes,
oder auch Minuten, ist sie von Gummiknütteln verprügelt und
in einem polizeiwagcn untergebracht. In der Polizeidirektion
werden die Putschisten entweder zu einer Trillion Geldstrafe für

Wie Prohibition gespielt wird und warum
die Bayern nicht Prohibition spielen.

Von Richard Willer, U. S. A.

„Alter Freund, du wieder hier in München? Welch freu-
dige Überraschung! Ganz frisch zurück aus Amerika?"

„Seit ein paar Tagen, mein Lieber,- aber um zur Sache zu
kommen, gehst du auf ein Glas .Märzen' und etliche Weiß-
würste mit in den Franziskaner?"

„Du weißt, daß ich alten Freunden nie eine Bitte abschlagcn
kann."

Zwei Glas .Märzen' stehen auf dem Tisch, die Weißwürste
sind ihrer Bestimmung zugcführt. Wohlige Wärme, leichter
Bier- und Zigarrenduft im Raum.

„Es läßt sich immer noch leben in unsrein alten München,
na? Wie hast du denn das ausgehalten so
ganz ohne Alkohol, da drüben in dem ge-
segneten Lande der Prohibition?"
,Ohne Alkohol?"

,Ba, ich dachte doch — —

,Du weißt, lieber Freund, ich bin vor
drei Jahren hinübergegangcn. Lan-
dete schließlich in einem kleinen
Städtchen irgendwo im Osten.
Wirtshäuser gibt's nicht."

„Ich Hab' aber doch von Sa-
lons gehört?"

„Stelle dir einen Eisenbahn-
wartesaal vor oder sonst einen aus-
gesucht nüchternen, öden Raum, darin
einen Schenktisch,- da kommen nun gelegent-
lich eiir paar Männer herein, schlürfen ein
oder zwei Glas sogenannten Bieres
(bis zu 2°Io, mein Lieber!) und
stürzen dann, von Entsetzen geschüttelt,
von dannen. Das ist ein Salon!"

„Wo treffen sich dann die Leute?"

„Man besucht sich gegenseitig. Z.B.: Es war bei Mister
X. Ich saß noch gar nicht, da hatte ich schon ein paar Glas
Bier herunter. Heimgcbräu, aber echtes, ausgewachsenes, weißt
du. Man kauft dort Malz und Hopfen in fertigen Packungen,
und dem persönlichen Ermessen des einzelnen bleibt es über-
lassen, wieviel Wasser er darantun will. Mister X. war nicht
für viel Wasser."

„Ba ja, ein bißchen Bier — —"

„Junge, Junge, trink, dann kannst du nicht reden. ,Bun
müssen Sie aber auch meinen Blackberrywein probieren!‘ So
Mister X. Ich probiere als guter Kerl. Ich probiere dann
noch seinen Trauben-, Rosinen-, Rhabarber-, Hcidelbeer-, Ho-
lunderblüten-, Löwenzahnwein — —"

„prrr!"

„Bichts geprrt, alles delikat und nicht für Säuglinge geeignet.
Also, dann probiere ich noch ein Gläschen Apfel-, Zwetschgen-,
Kornschnaps und ganz zum Schluß eine Beige Whisky. .Wir
leben eben in Prohibition!‘ meinte entschuldigend Mister X."
„Nun schließlich die eine Ausnahme!"

„Von einer solchen Ausnahme wurde ich sehr bald wieder be-
troffen gelegentlich einer Hochzeit, zu der ich als Gast geladen war.
Am Büfett waren kunstvoll aufgebaut 100 Flaschen — —"
„Ich verstehe 100 — — ?"

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Wie mach' ich die Partie remis?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1924
Entstehungsdatum (normiert)
1919 - 1929
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Hitler, Adolf
Hakenkreuz <Politisches Symbol>
Ebert, Friedrich
Putsch

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 160.1924, Nr. 4100, S. 67
 
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