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Der Frosch von Micöelftadt

Reumanns in Michelstadt hatten ein Schwein geschlachtet.
Die Schinken wanderten nach dem Schornstein, Speck und
Würste nach der Speisekammeralles ging den üblichen Weg
und konnte bei Unbeteiligten weiter kein Interesse wecken.

Von den kleinen, unbenannten Teilen des Schweines aber
gedachte Frau Neumann eine Sülze herzustcllen und brachte
die Schüssel, als sic erst gekocht war, zum Kühlen in den Keller.
Hier gcschab die Tragödie:

Ein Frosch nämlich, der die Vorgänge mit bösein Herzen ver-
folgt hatte, neidete Neumanns ihre Sülze, und rein nur, um
die rubigc Entwicklung zu stören, sprang er durcks Fenster
mitten in das laue Gemenge — hellquakend, mit dein Vorsatz,
justament hier sitzcnzubleiben, um Neumanns die £uft an ihrer
Sülze gründlich zu benehmen.

Der Unglückliche hatte nicht mit der gerinnenden Natur der
Sülzsuppe gerechnet: er stak alsbald bis an den Hals in der
Masse, ohne sich rühren zu können, sah nur mehr mit dem Kopf
hervor und klappte die tränenschwimmcndcn Äuglein in wort-
loser Schickialsergebenheit auf und zu.

Dies ist das traurige Los des Frosches von Michclstadt.
Möge es all jene warnen und belehren, so da einen Aufbau
oder Wiederaufbau schadenfreudigen Gemütes stören wollen.

Roda Roda

Kalifornische Äpfel

Von Hans Bachwitz

Es klingelte.

Aha, dachte ich, der Gasinann! und drehte mich auf die andere
Seite des Diwans, auf dem ich Siesta feierte.

Es klingelte nochmals.

Aha, dachte ich, noch ein Gasmann! und stellte mich ferner taub.

Es klingelte wie rasend, und da ick Arzt bin, gab ich der Ver-
mutung Raum, es könne jemand sein, der zu dem Rechtsanwalt
über mir wollte. Das ist öfters passiert.

Als ick öffnete, stand ein stämmiger Mensch vor mir und
machte den Eindruck eines Lastträgers. Bcbauptete auch, er
käme von Frau Sonncnkalb und möge drei Säcke mit kalifor-
nischen Äpfeln mit einem schönen Gruft an mick abgebcn be-
ziehungsweise abladen.

Frau Sonnenkalb ist meine Tante. Sie ist 78 Zakrc alt und
wird 100 werden. Ein einziges Mal schwebte sic in Lebensgefahr.
Das war damals, als sie die Fischgräte verschluckt batte und ich
sie behandelte. Es war absolut nichts zu macken, und ich be-
schränkte mich auf den kostenlosen Rat, keine Fiscke mehr zu
effen. Dann wartete ick auf ibr Ende. Wider alle ärztliche Pro-
gnose überwand die Tante die Gräte und genas. Sie behauptet,
die Gräte stecke ihr noch im Leibe wie die bekannte Patrone im
Bein des Veteranen. Sie hat seit jenem Vorfall eine Zuneigung
zu mir gefaftt, weil ick sic nickt sofort operiert Kabe.

Also von Tante Sonnenkalb kamen drei Sack kalifornische
Apfel. Ick esse zwar niemals Apfel, aber es war dock ein rüh-
render Zug. Aufterdcm konnte man die Apfel Weiterverkäufen.
Ich fragte also den stämmigen Mann, ob er so freundlich sein
und mir die Apfel in den Keller tragen wolle. Hierzu war er
sonderbarerweise gleich bereit, und er unterschied sich dadurch
vorteilhaft von seinen Iunftgcnossen. die fick im allgemeinen

begnügen, die zu befördernden Gegenstände auf die Strafte zu
stellen und das Weite zu suchen.

Ich ging also in die Küche, holte den Kellerschlüssel und ging
mit dem gefälligen Mann hinunter. In meinem Keller befindet
sich nicht viel. Ich habe aber den
gröfteren Teil an einen Wein-
händler untcrvermietet, der darin
verschiedenartige Spirituosen en
gros verwahrt.

Als der Träger den ersten Sack
anschleppte, stand ich am Kcller-
eingang und paßte auf. Man
kann ja nie wissen, und der Wein
erfreut des Menschen Herz.

Da hörte ich in meiner Woh-
nung, deren Tür ich offen gelassen
hatte, das Telephon bellen. Ich
erwartete seit drei Tagen ein drin-
gendes Gespräch, das ich mit
Berlin angemcldet hatte. Sollte
es jetzt endlich erreicht sein? Ich
sauste hinauf und stürzte mich an
die Musckcl.

Es war nicht Berlin, sondern
ein mir ganz fremder Herr.

»Ihre Leitung ist nickt in Ordnung!' sagte er in vorschrifts-
mäßigem Beamtenbaft.

»Welche Leitung?' fragte ich ahnungslos, aber ein wenig
gereizt. Seit dem Bcamtenabbau treten die Mandarinen der

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Frosch von Michelstadt" "Kalifornische Äpfel"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Hoerschelmann, Rolf von
Entstehungsdatum
um 1924
Entstehungsdatum (normiert)
1919 - 1929
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 160.1924, Nr. 4113, S. 222

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